Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär
öfter gesehen als ich.«
Er hebt den Hörer von der Gabel, um nachzufragen, ob Klearchos im Sender sei. Ich habe Glück, und er ersucht ihn, gleich nach der laufenden Sendung vorbeizukommen.
»Wo sind wir da bloß hineingeraten!« meint Loukanidis während wir auf Klearchos warten. »Zwar trifft dieser Verrückte vorwiegend die Fernsehsender, doch er wird auch uns schaden.«
»Ja, aber die Fernsehsender halten sich kein bißchen zu-rück, bis wir diesen Serientäter gefaßt haben. Ganz im Gegenteil, sie gehen sogar so weit, die Talkshow, die sich mit ihm beschäftigt, mit Werbespots zu unterbrechen.«
Er beugt sich vor und bringt sein Gesicht ganz nah an meins, um seine Aussage zu unterstreichen. »Herr Kommissar, es bleibt ihnen nichts anderes übrig. Glauben Sie mir, nach zwei Wochen ohne Werbung stehen sie vor dem Ruin. Nehmen Sie Chara Jannakakis Sendung zum Beispiel Chara wurde direkt von den Firmen, für die sie warb, bezahlt. Die Einnahmen aus den klassischen Werbespots fließen in die Kasse des Senders. Hätte Chara aus irgendeinem Grund die Einnahmen aus der eingefügten Werbung verloren, wäre ihre Radiosendung eingestellt worden. Vom übrigen Werbeetat konnte man nämlich kein Honorar für sie abzweigen, dadurch wäre man in die roten Zahlen gerutscht. Und jetzt rede ich nur von einer Radiosendung. Nun stellen Sie sich vor, was bei Fernsehsendungen abläuft.«
Das Gespräch wird durch Klearchos' Erscheinen unterbrochen. Ich stelle ihm dieselben Fragen wie Loukanidis und erhalte dieselben Antworten. Auf gut Glück starte ich einen letzten Versuch.
»Wissen Sie, ob zuletzt ein Mann in ihr Leben getreten ist? Hat sie vielleicht eine neue Bekanntschaft erwähnt?«
»Nein, Herr Kommissar. Und ich halte es auch für unwahrscheinlich, daß sie einen Mann in ihrem Leben hatte oder auch nur wollte.«
»Wieso nicht? Sie war nicht verheiratet, soweit wir wissen.«
»Nein, aber ihr Freund ist vor einem Jahr bei einem Autounfall ums Leben gekommen, und seit damals hat Chara keinen anderen angeschaut.«
Somit fällt auch diese Möglichkeit flach, und Klearchos kehrt an seine Arbeit zurück. »Ich hätte noch eine Frage, und dann lasse ich Sie in Ruhe«, sage ich zu Loukanidis.
»Bitte, nur zu. Auch ich möchte, daß Charas Mörder gefunden wird.«
»Haben Sie im Sender Security-Personal?«
»Natürlich, aber weniger aus Sicherheitsgründen als weil das heute nun mal so üblich ist«, fügt er hinzu.
»War unter den Security-Leuten, die für Sie gearbeitet haben, ein Typ mit der Statur eines Bodybuilders?«
Er hebt die Schultern. »Ehrlich gesagt, achte ich nicht einmal auf sie, aber ich lasse Thanassis kommen, die halbe Portion, die uns jetzt bewacht. Vielleicht weiß er ja mehr.«
Die halbe Portion tritt beschwingt ins Büro, streckt die Hand aus und begrüßt mich mit einem »Sehr erfreut, Herr Kollege«.
Ich blicke ihn an, gleichzeitig versuche ich mich zu beherrschen. »Seit wann sind wir denn Kollegen?« frage ich baß erstaunt.
»Wir sorgen doch beide für die Sicherheit der Bürger.«
»Ja, aber mit einem kleinen Unterschied.«
»Und der wäre?«
»Ich kann dich jederzeit ins Präsidium schleifen und in Haft nehmen, du mich aber nicht.«
Er denkt darüber nach, sieht meine Miene und schluckt. »Das stimmt allerdings.«
»Ist Ihnen je ein Kollege mit extrem bulliger Statur untergekommen, der beim Sender Dienst getan hat?«
»Nein, Herr Kommissar«, entgegnet er, nun respektvoll. »Zunächst war da eine junge Frau, Eftychia, und vor sechs Monaten habe ich den Job übernommen.«
Somit ist auch das auszuschließen. Also mache ich mich zum Aufbruch bereit, doch mein Handy hält mich zurück. Am anderen Ende erkenne ich Gikas' Stimme.
»Das Altenheim, wo Kostaras lebt, heißt >Haus zum Frieden< und liegt in Nikea, in der Nikomidias-Straße.«
Ich beende das Gespräch, verabschiede mich von Loukanidis und bereite mich auf meine nächste Exkursion vor.
* 38
Die Fahrt von Jerakas nach Piräus dauerte vor dem Bau der Attika-Ringstraße so lange wie die Reise von Athen nach Lamia. Nun dauert sie so lange wie die Reise von Athen nach Thiva. Ein gewisser Fortschritt zwar, doch trotz allem kann die Fahrt dorthin nicht als Ausflug bezeichnet werden, sie bleibt eine Reise.
Von Jerakas bis Stavros plätschert der Verkehr dahin. Etwas Sand kommt ins Getriebe, als wir Stavros
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