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Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Titel: Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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Unwahrscheinlich, denn sie blättert nur selten darin. Sie zieht das Lexikon der Neugriechischen Gemeinsprache vor, das sie moderner findet. Die einzige logische Erklärung, die mir einfällt, ist: Sie hat zum ersten Mal Gewalt unverhüllt miterlebt, hat dann ihre Lektüre, von der ich gerade erst erfahren habe, damit in Verbindung gebracht und ist dann bei mir und meiner Rolle gelandet.
      Mit Adriani habe ich aus mehreren Gründen darüber nie gesprochen. Erstens, weil sie auf mein Arbeitsethos und meine Integrität nichts kommen läßt. Ich habe hundertmal vergeblich versucht, ihr - und sei es nur aus Bescheidenheit - folgendes zu erklären: Wenn ein Fisch vom Kopf zu stinken beginnt, kann sein Schwanz unmöglich noch nach Meer riechen. Zweitens, weil die Gefahr besteht, daß Adriani aufgrund ihrer Überzeugung Katerina die heftigsten Vorwürfe machen könnte, da sie es wagt, die Redlichkeit ihres Vaters auch nur theoretisch anzuzweifeln. In dem Fall bräuchte Katerina nicht nur einen Psychiater, sondern gleich einen Kuraufenthalt in den Schweizer Alpen.
      Folgende Idee war mir dann eben mitten in meiner schlaflosen Nacht gekommen: Katerina statt in die Schweizer Alpen in den Athener Stadtteil Nea Philadelphia zur Therapie zu schicken. Nun ist es Morgen, und ich warte auf den geeigneten Moment, um meinen Vorschlag zu unterbreiten. Die alte Gewohnheit des Morgenkaffees in familiärer Runde wurde wiederaufgenommen, doch die Stimmung ist nicht mehr dieselbe. Als Katerina in den letzten Klassen des Gymnasiums war, oder auch später, als sie aus Thessaloniki zu Besuch kam, führte sie das große Wort. Sie redete ununterbrochen über die Schule, ihr Studium und ihre Professoren, und wir lauschten ihr stumm, aber glücklich. Nun starrt Katerina wortlos in ihre Tasse, und ich sekundiere ihr in ihrem Schweigen, während Adriani als einzige krampfhaft versucht, eine gemütliche Atmosphäre zu verbreiten, was ihr alles andere als glückt.
      »Kommst du mit auf eine kleine Spritztour?« frage ich Katerina plötzlich.
      So einen Vorschlag hat sie nicht erwartet und blickt verlegen zu ihrer Mutter, ob die sich vielleicht meine jähe Lust auf eine morgendliche Spazierfahrt erklären könnte.
      »Also, mußt du denn nicht zur Arbeit?« fragt Adriani verdattert.
      »Ein, zwei Stündchen kann ich schon erübrigen.«
      »Warum sagen wir nicht auch Fanis Bescheid und gehen alle zusammen am Abend aus?« bringt Adriani eine neue, Wendende Idee ins Spiel.
      Ich falle ihr abrupt ins Wort. »Weil ich keinen Familienausflug unternehmen will. Ich will allein mit meiner Tochter sein. Wir sind schon lange nicht mehr zu zweit unterwegs gewesen, und das vermisse ich. Ich spendiere auch einen Sahneeisbecher, ein Fruchtsorbet oder einen Saft« sage ich augenzwinkernd.
      Katerinas Miene sagt mir, daß sie wenig begeistert ist, andererseits aber die Einladung nicht abschlagen möchte. Sie erhebt sich lustlos. »Ich komme gleich, ich ziehe mich nur schnell um.«
      »Du hast vielleicht komische Ideen, so ein Ausflug aus heiterem Himmel...«, kommentiert Adriani, sobald wir alleine sind. »Als wären wir in den Ferien.«
      »Schon beim Aufwachen hatte ich Lust, mit meiner Tochter spazierenzufahren.«
      Sie betrachtet es als überflüssig, mir zu antworten. Sie verdreht nur die Augen. Nach kurzer Zeit kommt Katerina, bekleidet mit einer dünnen Bluse, Jeans und Sandalen. Beim Aufbruch drückt Adriani ihrer Tochter einen Kuß auf die Wange, während sie mich ignoriert.
      »Wohin fahren wir?« fragt sie, als ich den Mirafiori starte.
      »Ich dachte an Nea Philadelphia.«
      »Heute machst du mich wirklich sprachlos«, meint sie. »Wie kommst du denn auf Nea Philadelphia? Was ist mit Kifissia, Malakassa, Ajios Merkourios?«
      »Bei Kanakis gibt's das beste Sahneeis.«
      Sie gibt mir einen zärtlichen Kuß - den ersten, seit sie in ihr normales Leben zurückgekehrt ist. »Obwohl ich so viele Jahre in Thessaloniki war, erinnerst du dich immer noch an meine Schwächen.«
      Das stimmt zwar nicht, ich suchte einfach nur nach einer Ausrede, aber das Lächeln lasse ich mir trotzdem gerne gefallen. »Wie lange ist es her, daß ich dich zum letzten Mal lächeln gesehen habe? Ich hatte es fast schon vergessen«, scherze ich.
      »Ich bin noch nicht im reinen damit«, meint sie, wieder ernst.
      »Womit bist du noch nicht im reinen?«
      »Mit der Erfahrung, die ich gemacht habe, und auch nicht mit mir

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