Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau
Teig einer Käsepitta eingearbeitet wurde. Im Gegensatz dazu bietet sie der Lazaridou, der Cousine der Adamoglou, und ihrer Schwägerin, Safo Chambou, einen Blätterteigkuchen ohne Gift an. Im Fall der Lazaridou liegt eine Erklärung nahe. Die Lazaridou selbst hat mir erzählt, dass die Chambou sie sehr gern mochte und dass sie eng befreundet waren. Doch im Falle ihrer Schwägerin bestätigen drei Zeugen, dass das Verhältnis zwischen Maria und Safo schlecht war: die Lazaridou, die es aus erster Hand weiß, und die beiden Pfleglinge aus dem Altersheim, die Safos Erzählungen kannten. Und dennoch hat die Chambou ihr nicht nur eine genießbare Käsepitta gebracht, sondern sogar Blumen aufs Grab gelegt. Die beiden Gesten kommen einem Eingeständnis gleich, dass sie ihrer Schwägerin in Bezug auf ihren Mann Unrecht getan hat und jetzt nach so vielen Jahren zu ihr kommt, um ihr die Hand zur Versöhnung zu reichen. Die Aussage »Ich bin zu spät gekommen« heißt folglich, dass sie es nicht mehr geschafft hat, sie um Verzeihung zu bitten.
All das deutet darauf hin, dass sie einen Schlussstrich unter ihr Leben zieht. Die Chambou hat in Drama begonnen, die noch offenen Rechnungen zu begleichen, und ist dann nach Istanbul gereist, um ihr Werk zu vollenden. Wer ihr Böses angetan hat, bekommt eine Käsepitta, versetzt mit einem Insektizid, das ihn ohne Umschweife ins Jenseits befördert. Wer ihr jedoch Gutes erwiesen hat, bekommt einen köstlichen Blätterteigkuchen, den sie liebevoll mit ihren eigenen Händen zubereitet hat: ein besonderes Dankeschön, denn laut allgemeiner Aussage waren ihre Käsepittas weithin berühmt. Wenn nun Doktor Remzi recht behält und sie so krank ist, wie er annimmt, dann heißt das, sie möchte vor ihrem Tod reinen Tisch machen.
Hier tauchen jedoch zwei Fragen auf, die einer Antwort bedürfen: a) Wie krank ist die Chambou?, und b) Wusste sie von ihrer Krankheit, bevor sie ihre Reise nach Istanbul antrat? Gesetzt den Fall, sie wusste es, dann muss ein Arzt in Griechenland sie bereits untersucht haben. Das bedeutet, dass wir diesen Arzt dringend finden müssen, um herauszukriegen, ob sie tatsächlich krank ist und woran sie leidet. Und noch eine Frage stellt sich: Die Chambou produziert Käsepittas am laufenden Band und bringt sie in Umlauf. Nun gut, aber wo bereitet sie sie zu? Für eine Käsepitta braucht man diverse Zutaten, zur Vorbereitung benötigt man Schüsseln und ein Kuchenblech und zuletzt auch noch einen Ofen, um sie zu backen. Das weiß ich von Adriani, der ich manchmal zusehe, wenn sie Pitta macht - ihre Spezialität ist allerdings Blätterteigkuchen mit Lauchfüllung. Wo hat eine Frau wie die Chambou einen entsprechend ausgerüsteten Unterschlupf gefunden, wo sie professionell Käsepittas zubereiten kann? Gut, sie könnte sie zum Backen in die nächstgelegene Bäckerei bringen. Das ist in Griechenland immer noch üblich, und ich sehe keinen Grund, warum das nicht auch in Istanbul möglich sein sollte. Doch wo hat sie eine mit Küchengeräten ausgerüstete Wohnung gefunden? Als ich mir gerade den nächstfolgenden Schritt überlege, läutet mein Handy, und Katerina ist dran.
»Es klappt alles, Papa«, verkündet sie mir. »Die Hochzeit findet am Sonntag in zwei Wochen statt. Heute haben wir auch das Mandelkonfekt bestellt.«
Sie klingt froh, wobei ich nicht weiß, ob es echte Vorfreude ist oder einfach nur Erleichterung, da ihr ein Stein vom Herzen gefallen sein muss.
»Hast du schon ein Brautkleid gekauft?«, frage ich sie.
»Das hebe ich mir bis nach Mamas Rückkehr auf. Das möchte ich mit ihr zusammen aussuchen, damit sie nicht sauer ist«, ergänzt sie.
»Ich werde ihr jedenfalls nichts sagen.«
»Wieso?«
»Weil sie imstande ist, entweder das nächste Flugzeug nach Athen zu nehmen oder dir ein Brautkleid aus Istanbul mitzubringen, bei dem du dann nicht nein sagen kannst.«
Sie lacht auf. »Du übertreibst, wie immer. Na gut, ich werde sie anrufen und ihr sagen, dass ich drei Brautkleider ins Auge gefasst habe und auf ihre Rückkehr warte, um mich für eines der drei zu entscheiden.«
»Du findest immer den Mittelweg. Du hast nicht umsonst Jura studiert.«
Urplötzlich, als wäre ihr die Frage gerade erst eingefallen, sagt sie: »Gefällt es euch in Istanbul?«
»Deine Mutter amüsiert sich prima, ich etwas weniger.«
»Warum?«
»Weil ich in einen Fall hineingeraten bin, der mir wenig Zeit für die
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