Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau
wirklich! Das war das letzte Mal, dass ich mich mit dir an einen Tisch setze! Du schummelst beim Würfeln! Du bist ein ewiger Falschspieler und ein Stinkstiefel obendrein!«
»So geht das jeden Tag«, flüstert mir der Sekretär ins Ohr.
Keremoglou ist drauf und dran davonzulaufen, während Sefertzidis seine nicht vorhandenden Zähne zu einem breiten Grinsen bleckt.
»Du hast bloß Angst zu verlieren und willst dich mit deinen Behauptungen aus der Affäre ziehen. Ganz die feine englische Art!«, meint er zu ihm.
»Darf ich Sie kurz unterbrechen?«, frage ich dazwischen.
»Von mir aus gern«, erwidert Keremoglou. »Der da wird waS dagegen haben, weil er sich einmal in seinem Leben auf der Gewinnerstraße befindet.« Und er nimmt wieder auf seinem Stuhl Platz.
»Schön, dass Sie da sind, Komiser Bey«, begrüßt mich Sefertzidis, ohne seinem Intimfeind Beachtung zu schenken. »Gehen Sie nicht gleich, wenn Sie hier fertig sind. Bleiben Sie noch, um die Lektion mitzuerleben, die ich ihm erteilen werde.«
Ich lasse mich auf ihr Spielchen nicht ein und komme ohne Umschweife zur Sache. »Haben Sie vielleicht gehört, dass Maria Chambou oder auch Safo, ihre Schwägerin, einen gewissen Lefteris erwähnt haben?«
Die beiden Alten wechseln einen Blick. »Hast du von einem Lefteris gehört?«, fragt Keremoglou Sefertzidis.
»Ja, von demselben wie du.«
»Und wer soll das sein?«, frage ich, während mich eine innere Unruhe erfasst.
»Lefter Kügükandonyadis«, sagt Sefertzidis mit getragener Stimme. »Unser größter Fußballspieler! Er war ein dermaßen guter Dribbler, dass er alle ausgetrickst und unzählige Tore geschossen hat. Er war kaum vom Ball zu trennen.«
»Keiner war so ein Ballzauberer wie er«, ergänzt Keremoglou. »Wenn man ihm zusah, blieb einem die Spucke weg. Er stammte von den Prinzeninseln und spielte bei Fenerbahge. Ich kann mich erinnern, Besiktas hatte damals einen anderen großen Spieler, Sevket hieß er. Wenn der Lefteris dribbeln sah, platzte er fast vor Neid auf den Griechen.«
Murat versteht zwar kein Wort von dem, was die beiden alten Männer erzählen, aber er hört Lefter, Sevket und die Namen der Fußballklubs und blickt mich verständnislos an. Ich erwidere seinen Blick mit einer hilflosen Geste und wende mich wieder den alten Leuten zu.
»Hören Sie zu, ich frage nach einem anderen Lefteris. Nicht nach dem Fußballer, sondern nach einem Lefteris, den Maria Chambou oder ihre Schwägerin Safo möglicherweise gekannt haben.«
Erneut wechseln sie einen Blick und zucken mit den Schultern. »Wir haben von keinem Lefteris gehört, weder von Safo noch von Maria, als sie hier war.«
Weiter gibt es nichts zu sagen, und so bedeute ich Murat, dass wir aufbrechen können. »Wo gehen Sie hin, Komiser Bey? Wollen Sie die Abreibung nicht miterleben, die ich ihm verpasse?«, höre ich Sefertzidis' Stimme in meinem Rücken, doch ich ignoriere sie und strebe dem Ausgang zu, wobei Murat mir folgt. Wie es scheint, haben wir unwillkürlich ein bestimmtes Verhaltensmuster entwickelt: Wenn er die Vernehmung vornimmt, geht er auch bei unserem Abgang voran, und wenn ich sie vornehme, folgt er mir auf dem Fuße.
»What was this with Lefter, Fenerbahge and Besiktas?«, fragt er.
»Ich habe sie nach dem Lefteris gefragt, den die Chambou erwähnt hat, und die beiden haben mir lang und breit von einem Fußballer erzählt«, erkläre ich ihm, und er bricht in Gelächter aus.
»Zu seiner Zeit war er eine Legende, das weiß ich von meinem Vater.«
Schon möglich, aber mich interessiert das nicht im Geringsten. Meine Sorge ist, etwas über diesen Lefteris ausfindig zu machen, egal wie. Solange Maria Mitglieder ihrer Familie umbrachte, war ihr Motiv eindeutig. Durch den Mord an dem Türken verkompliziert sich der Fall. Wir müssen um jeden Preis diesen Lefteris finden, damit wir mit seiner Hilfe das Tatmotiv für den Mord an Kemal verstehen können. Andererseits ist nicht auszuschließen, dass dieser Lefteris in der Zwischenzeit verstorben ist oder sich nicht hier, sondern in Griechenland aufhält.
»Wie wollen wir weiter vorgehen?«, fragt mich Murat, der offenbar dieselben Gedanken wälzt.
»Wir müssen diesen Lefteris finden.«
»Glauben Sie, das wird einfach sein?«
»Nein, aber eine Hoffnung haben wir noch. Wir könnten Maria Chambous Foto in die Zeitung setzen, hier und in Griechenland. Das ist der einzige
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