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Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau

Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau

Titel: Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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Wohnblöcken bergauf, rechterhand stehen ein paar wenige Bäume, die vermutlich zum Krankenhauspark gehören. Murat biegt jedoch nicht in die Straße ein, sondern steigt auf die Bremse und blickt mich an.
      »So weit, so gut. Und was nun?«
      »Ich schlage vor, wir wenden uns zuerst an die Kirche. Dort wird man das Haus der Familie Dagdelen kennen und Bescheid wissen, ob es überhaupt noch existiert.«
      Die Kirche liegt an einer zentralen Straße, und zusammen mit dem Vorhof erstreckt sie sich über ein ziemlich großes Gelände. Es gibt keinen Zugang vom Haupteingang her, und so wandern wir um den Block herum, bis wir eine zweite schmiedeeiserne Tür finden, die jedoch ebenfalls versperrt ist. Murat drückt auf den Klingelknopf. In Kürze ist das Klicken eines Schlüssels zu hören, der sich in dem altmodischen Schloss dreht, und die schwere Eisentür öffnet sich halb. Darin taucht ein dunkelhäutiger Mann auf, wer weiß, vielleicht ein Vater einer von Saratsoglous Schülerinnen, und äugt uns misstrauisch an. Ich überlasse Murat das Gespräch, da er sich mit mir wohl nur schwer verständigen kann. Wie allerorten in Istanbul steigt das Entgegenkommen enorm, sobald das Zauberwort »police« fällt. Der Syrer benimmt sich nun zwar zuvorkommender, doch jede seiner Gesten verrät seine völlige Ahnungslosigkeit. Schließlich sagt er etwas zu Murat und stößt die Eisentür ganz auf.
      »Was gibt's?«, frage ich Murat, der dem Wächter einen grimmigen Blick zuwirft.
      »Er stiehlt mir nur meine Zeit«, entgegnet er. »Er ist Syrer, er kennt niemanden, aber er spielt sich auf und hält die ganze Zeit mit der Tatsache hinter dem Berg, dass ein Pfarrer drinnen sitzt, der uns möglicherweise weiterhelfen kann.«
      Der Wächter führt uns in einen kleinen Raum, in den man einen riesigen hölzernen Schreibtisch und zwei billige Besucherstühle aus Metall gepfercht hat. Ein vierzigjähriger Pope, dünn und mit gepflegtem Vollbart, erhebt sich vom Schreibtisch, um uns zu begrüßen.
      »Your turn«, flüstert mir Murat zu. »Sie sind dran.«
      Der syrische Wächter ist jedoch wild entschlossen, keinem anderen den Vortritt zu lassen. Er hebt an, dem Pfarrer alles ohne Punkt und Komma auf Türkisch herunterzuleiern.
      Mit einem »Hören Sie, Pater« trete ich dazwischen, da der Syrer auch mir langsam auf den Senkel geht, nachdem meine Nerven bereits wegen der durchwachten Nacht blankliegen. »Wir halten Sie nicht lange auf. Wir haben nur zwei Fragen, die aber dringlich sind. Haben Sie vielleicht gesehen oder wissen Sie vom Hörensagen, ob in der letzten Zeit eine unbekannte Griechin in Psomathia aufgetaucht ist?«
      »Mein Lieber, die Istanbuler Griechen haben Psomathia schon seit gut zehn Jahren verlassen. Es gibt nur noch ein paar armenische Familien, aber Griechen wohnen hier keine mehr. Ich komme nur in die Kirche, um Büroarbeiten zu erledigen, nicht um die Messe zu lesen.«
      »Vielen Dank. Und nun die zweite Frage: Wissen Sie eventuell, wo das Haus einer gewissen Frau Dagdelen liegt?«
      »Von Ekaterini Dagdelen? Natürlich weiß ich das. Ekaterini ist vor zehn Jahren verstorben. Es war eines meiner ersten Begräbnisse, kurz nach der Priesterweihe. Kommen Sie, ich zeige Ihnen das Haus, es ist nicht weit von hier.«
      Er erhebt sich von seinem Schreibtisch. Der Wächter will ihm schon folgen, doch ich bedeute ihm zu bleiben. Wir treten gemeinsam auf die Straße, und er zeigt mir ein Holzhaus schräg vis-ä-vis, nur einen Häuserblock von der Kirche entfernt. Es handelt sich um eine dreistöckige hölzerne Ruine, eingeklemmt zwischen zwei billigen Betonklötzen. Das Erdgeschoss weist drei Fenster auf, die erste Etage nur zwei und eine Art Erker, der als Balkon dient, während die zweite wieder auf drei Fenster kommt.
      »Darf ich Sie noch etwas fragen, Pater? Wenn kürzlich jemand in das Haus von Frau Dagdelen eingezogen wäre, hätten die Nachbarn da möglicherweise die Kirche oder die Polizei benachrichtigt?« Er blickt mich befremdet an. »Ich weiß, die Frage muss Ihnen seltsam erscheinen, aber lassen Sie sich davon nicht irritieren. Sagen Sie mir einfach Ihre Meinung.«
      »Wie sollte hier noch irgendjemandem etwas auffallen? In diesem Viertel kommen jeden Tag Familien aus Anatolien, aus Turkmenistan, aus Aserbeidschan an. Wer misst hier einem neuen Gesicht Bedeutung bei, wenn alles Zuzügler sind?«
      Wir überqueren die Straße und erreichen Dagdelens Haus. Die Tür

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