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Kostbar wie ein Tag mit dir - Roman

Titel: Kostbar wie ein Tag mit dir - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Fraser
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schlägst du vor?«
    Es muss daran gelegen haben, dass meine Stimme höher wurde, dass ich zögerte, als ich seinen Namen aussprach, vielleicht, weil die Wirkung des Cognacs nachließ, jedenfalls warf er mir einen flüchtigen Blick zu, in dem Besorgnis lag. Oder wenigstens deutete ich seinen Blick zu diesem Zeitpunkt so.
    Es ist interessant, dass wir uns immer noch missverstehen, obwohl wir bereits fünfzehn Jahre zusammen sind, dass wir eine beiläufige Bemerkung oder einen Blick falsch interpretieren können.
    Marc legte mir die Hand aufs Knie.
    »D'accord.« Anscheinend bemühte er sich um einen entschlossenen Tonfall. »Schauen wir einfach mal, was passiert! On verra .«
    Schauen wir mal. Ich blickte aus dem Fenster, zu müde, um ihm zu widersprechen. Aber mir wurde bewusst, dass wir es schon immer so gehalten hatten - wir entschieden uns einfach nach Lust und Laune.
    Und man sieht ja, wo uns das hingeführt hat.
 
    Wir standen nebeneinander, verlegen wie zwei Fremde, die unbefugt in sein Wohnzimmer eingedrungen waren. Dabei sah es dort genauso aus wie eh und je. Ein buntes Sammelsurium aus Krimskrams, den Marc an irgendwelchen Pariser Straßenecken aufgelesen hatte, empfing uns. Er hatte alle möglichen merkwürdigen Gegenstände in seinen Kastenwagen geschleppt und dann entweder repariert oder umgebaut. Ich kannte jede Geschichte - den abgewetzten ledernen Clubsessel hatte er mit Lederstücken und rubinrotem Samt geflickt, doch unten guckten immer noch die Federn heraus. An der Wand, neben dem Plattenspieler, stand der Aktenschrank, den er in einer Nebenstraße hinter dem Boulevard Haussmann entdeckt hatte. Die Banque de Paris hatte renoviert und die angestoßenen Eichenschränke rausgeschmissen, um Platz für makellose neue Stahlschränke zu machen - für den modernen Stil eben. Und drüben in der Ecke am Fenster stand die uralte Singer-Nähmaschine mit dem Untergestell aus schwarzem Eisen und dem Fußpedal. Sie hatte immer wunderbar funktioniert. Für zwanzig Franc hatte Marc sie einer alten Dame abgekauft, die früher bei Coco Chanel beschäftigt gewesen war, in der Rue Cambon, wo sich ihr Pariser Atelier befand.
    Seither hatte ich ihn eindeutig in Richtung Zen beeinflusst. Aber ich erinnerte mich noch an meinen ersten Besuch bei ihm. Er hatte uns Wein eingeschenkt und eine Platte aufgelegt, Herbie Hancocks Takin' Off, was ich ziemlich ergreifend fand. Bis dahin waren wir ja immer in meine Wohnung gefahren, es war also etwas Neues für uns, obwohl wir uns bereits eine ganze Weile kannten - schon fast ein Jahr.
    »Tanze für mich«, hatte ich bei diesem ersten Mal gesagt, während er mir gegenüberstand, mit den Fingern den Rhythmus auf sein Bein klopfte und mir in die Augen sah.
    »Non!«
    »Tanze für mich, sonst gehe ich nicht mit dir ins Bett.«
    Er grinste. »Et alors, wenn ich für dich tanze, was tust du dann für mich?«
    Jetzt waren wir also wieder hier. Bloß dass ich dieses Mal nichts weiter wollte als ins Bett gehen - um zu schlafen. Und um zu Hause wieder aufzuwachen, bei Charlie.
    »Ach, Marc, das ist so -«
    Aber ich fand keine Worte, um es zu beschreiben, jedenfalls im Moment nicht, denn mir tat alles weh und mein Kopf war leer. Die Müdigkeit hatte mich mit aller Macht überfallen wie ein ganz schlimmer Jetlag, wie damals nach unserem Flug von Australien nach Frankreich, als Charlie noch ein Baby war und das Flugzeug in Singapur sechs Stunden auf der Rollbahn aufgehalten wurde. Charlie hatte unentwegt geschrien, die ganze Zeit, von Sydney bis nach Paris.
    Marc nickte schweigend. Er blieb in der Tür zum Wohnzimmer stehen, ließ den Blick durch den Raum wandern, nahm alles in sich auf. Ich schleuderte die Stilettos von den Füßen, sodass sie klappernd auf den Dielenboden fielen - dabei verboten wir Charlie immer, mit seinen Laufschuhen das Gleiche zu machen -, und während ich einen Arm aus der Jacke zog, war ich schon unterwegs ins Schlafzimmer. Auch nach all diesen Jahren kannte ich den Weg noch gut.
    »Attends, Annie. Was hast du vor?«
    Marc flüsterte, aber warum denn? Ich drehte mich zu ihm um. Er hatte sich nicht von der Stelle gerührt.
    »Ich gehe ins Bett, Marc. Willst du nicht -«
    »Non.« er wirkte sehr nervös. Und flüsterte immer noch. »ich glaube, wir sollten nicht hier sein. Wir müssen wieder Weg. Viens!«
    Auffordernd streckte er eine Hand nach mir aus, während er mit der anderen ungeduldig mit dem Schlüsselbund rasselte.
    »Marc, ist das dein ernst?« ich spürte, wie

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