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Kostbar wie ein Tag mit dir - Roman

Titel: Kostbar wie ein Tag mit dir - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Fraser
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zu finden, der es mir irgendwie leichter macht, der den Schmerz lindert - diesen dumpfen Schmerz in meinem Herzen.
    Ich liege still unter der Decke; Tränen kullern mir über das verschwitzte Gesicht, als gäbe es kein Morgen - und es gibt auch kein Morgen. Wollte Beattie mir etwas beweisen?, frage ich mich. Erst mit Carlo, dann mit meinem Ehemann? So wie damals, als wir uns auf der neuen Waage vor der Apotheke gewogen haben? War ihre Neigung, mit mir zu konkurrieren, in Grausamkeit umgeschlagen?
    Die beiden sind hier bei mir in diesem Hotelzimmer. Ich sehe Beattie, wie sie ihre Haarspange löst, sehe seine Finger durch ihre Feuerlocken gleiten, die in dieser dunklen Stunde wie ein Leuchtfeuer glühen. Seine Hand auf ihrem Nacken, seine Finger stehlen sich unter ihre Bluse, unter die zarte schwarze Spitze ihres BHs, und er drückt sich an sie. Ich höre seinen gequälten Aufschrei »O Gott, Beattie!«, seinen heißen Atem in ihrem Ohr, sehe seinen Arm um ihre Taille, als er sie zum Bett zieht. Aber sie stößt ihn zurück. »Langsam, Cowboy!« Also schaut er ihr zu, er sitzt neben mir auf dem Bett, genau hier, während Beattie vor uns steht. Sie knöpft sich die Bluse auf und grinst, als er sie mit den Augen verschlingt - ihre bloßen, vollen Brüste und ihre weiße Haut, wie auf seinen Teenager-Zeichnungen. Sie ist schön, eine grünäugige Göttin, wahrhaft magnifique. Sie kann ihm seinen Schmerz nehmen, sie versteht ihn. Er greift nach ihr, fieberhaft gleiten seine Hände über ihren Körper, umfassen ihre brüste, ihre Hüften, während ihr Rock auf den Boden rutscht. »o Gott, beattie! Tu es si belle ...«
    Seine Lippen, sein heißer Atem, seine Zunge, die die Wärme, das Weiche zwischen ihren Beinen sucht ... während meine Hand zu meinem Schoß hinuntergleitet.
    »Tu es si belle, Beattie.«
    Und ich stöhne laut, weil sie mich verraten haben.
 
    »Sie ist in Not«, sagt Marc.
    »Wer?«
    Wir sitzen auf dem Rand des alten steinernen lavoir in Lherm. Dort, am Waschhaus, endeten unsere Spaziergänge, die wir in den wärmeren Monaten in der Dämmerung unternahmen. Es ist bloß ein flaches, verschlammtes Becken, nicht größer als acht Meter im Quadrat und mit großen Blöcken von dem weißen Stein aus dem hiesigen Steinbruch ausgelegt. Früher einmal kamen die Frauen aus dem Dorf hierher, setzten sich in ihren von der Arbeit fleckigen Schürzen an den Rand und rubbelten Bettwäsche und die schmutzige Leibwäsche ihrer Ehemänner. Für uns jedoch ist es einfach ein schönes Plätzchen, wo wir sitzen und nachdenken und die Zehen ins kühle Wasser tauchen können.
    »Wer ist in Not?«
    Marc antwortet mir nicht, sondern krempelt seine Jeans hoch. Er schlägt die Hosenbeine um, eine Faltung nach der anderen, auf seine pedantische französische Art. Dann nimmt er einen Zweig in die Hand und watet in das knietiefe Becken. Er hat etwas vor. Gebeugt und mit zusammengekniffenen Augen betrachtet er das Wasser, wobei er vorsichtig mit dem Zweig über die Oberfläche fährt.
    »Ja!« Konzentriert betrachtet er das Ende seines Stockes. »Ich hab dich.«
    Und mir wird klar, dass er mit einem Insekt spricht, bloß mit einem Insekt. Es ist so klein, dass ich mich konzentrieren muss, um die winzige dürre Gestalt zu erkennen, die auf der Zweigspitze hockt. ich überlege, wie witzig es ist, dass Marc das Insekt als »sie« bezeichnet hat, nicht als »es«.
    »Was ist das, Marc?«
    »Une petite sauterelle.« Er flüstert, als hätte das Tierchen Ohren.
    »Eine Heuschrecke?« ich bin enttäuscht. »Meinst du nicht, dass Heuschrecken schwimmen können? Vielleicht gefällt es ihr sogar im Wasser.«
    Er setzt sie behutsam auf den Beckenrand. »Non.«
    Dann wartet er, reglos über seinen Fang gebeugt. ich frage mich, ob er vielleicht darauf wartet, dass sie sich bei ihm bedankt. Doch ein Dankeschön ist offenbar das Letzte, was dieses Wesen in seinem Köpfchen hat, denn halb fliegend, halb hüpfend macht es einen großen Satz zurück ins Wasser.
    »Merde!«
    ich lache. »Siehst du? Sie kann doch schwimmen!«
    »Non.« Kopfschüttelnd beobachtet Marc das Insekt. »Sie ertrinkt.«
    Ich lache immer noch, als ich die Augen öffne, als ich den zerrissenen japanischen Wandschirm sehe, lache leise über Marc und seine Kamikaze-Heuschrecke, bis mir klar wird, wo ich bin - allein in meinem Bett, wieder im Hotel.
    Ich vermisse ihn. ich möchte ihn hier bei mir haben, in diesem unmöglichen, durchgelegenen Bett, möchte seinen Körper an meinem

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