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Kostbar wie ein Tag mit dir - Roman

Titel: Kostbar wie ein Tag mit dir - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Fraser
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Kirchenschiff und weiter durch die Tür nach draußen rennt.
    Und daher kann ich ihm nicht sagen, wie sehr ich ihn brauche - wie nötig ich ihn brauche -, denn ich hänge hier oben fest, ganz weit Weg.

40
 
    I ch weiß noch, wie ich am Abend nach der Geburt Charlies weiches, flaumiges Köpfchen streichelte, nachdem die Säuglingsschwestern ihn gebadet hatten. Er lag in dem gläsernen Babybettchen neben meinem Bett. Seine winzige Gestalt war fest in eine Decke des Krankenhauses gewickelt. Dieser Augenblick der vollkommenen Ruhe, der reinen Gelassenheit - der totalen Erschöpfung! Auf der ganzen Station waren die Lichter gedimmt worden. »Zeit zum Heimgehen, Jungs!«, rief die Stationsschwester. Marc sammelte seine Sachen ein und bereitete sich auf den Nachhauseweg vor. Und plötzlich kam die gefürchtete Frage wieder.
    »Was ist mit deiner Mutter?«
    Der Moment der Stille war vorüber. Warum musste Marc sie jetzt erwähnen? Ich konnte die Frauen im Nebenzimmer lachen hören. Ein lesbisches Paar, das die Schwester vergessen hatte.
    »Was soll denn mit ihr sein, Marc?«
    »Eh bien ... Willst du deine Mutter nicht anrufen und ihr sagen, dass du ein Kind gekriegt hast?«
    Ich starrte ihn an. Nachdem er das letzte Mal diese Frage gestellt hatte, in den ersten Monaten meiner Schwangerschaft, hatte ich angenommen, er hätte mich verstanden. Das Baby gab ein lustiges Miauen von sich wie ein Kätzchen. Ich drehte mich um und schob meine Hand weiter nach unten, um zu fühlen, ob es atmete. Als ich die winzigen heißen Luftstöße auf meinem Handrücken spürte, musste ich trotz Marcs Frage lächeln.
    »Warum sollte ich sie jetzt nach all den Jahren anrufen? Warum? «
    Marc zuckte die Achseln und ging zur Tür. Wollte er etwa gehen, einfach so? »Marc?«
    Als er sich wieder umdrehte, sah ich den finsteren Zorn in seinen Augen. »Du musst sie anrufen, Annie. Je ne te comprends pas! Eines Tages stirbt sie, und -«
    Aha, es ging also um seinen Vater. »Marc, hör auf.«
    Er hatte die Schultern angespannt und stand im Türrahmen wie ein Krieger. Wie konnte er sich nur so benehmen, ausgerechnet heute Abend. Er sollte doch glücklich sein, das hatte ich mir gewünscht, das hatte ich gewollt, dieser Tag sollte der glücklichste Tag seines Lebens werden. Wenigstens eine Weile sollte er den Kummer über den Tod seines Vaters vergessen. Monatelang hatte ich mir gesagt: Wenn das Baby erst geboren ist, wird er das Gleiche empfinden wie ich - diesen Endorphinrausch, diese geballte Dosis Glück. Wenn er unser Baby erst leibhaftig vor sich sieht, wenn er es in die Arme schließen kann, dann wird er allmählich über den Tod seines Vaters hinwegkommen. Marcs Heilungsprozess sollte mit unserem Kind beginnen, mit der Entstehung unserer eigenen Familie.
    »Hör mal, Marc, die Beziehung, die ich zu meiner Mutter hatte -« Allein schon die Worte »meine Mutter« verschlugen mir fast den Atem. Ich versuchte es noch einmal. »Die Beziehung, die ich zu ihr hatte, war ganz anders als deine Beziehung zu deinem Vater -«
    Er schnitt mir das Wort ab. »Ah oui, ça je sais, Annie! Das ist ja das Problem, oder? Du weißt eben nicht, wie das ist. Du hast keine Ahnung, wie es war. Du verstehst überhaupt nichts.«
    Ich hörte Stimmen, ein Schwarm von Schwestern tappte draußen auf dem Stationsflur heran. »Dann sag's mir doch, Marc, bitte, erklär mir, was ich nicht verstehe.«
    »Die ganze Sache, Annie ! Uns, das Baby! Je ne peux pas, Annie! Ich kann das nicht!«
    Ich wollte es ihm sagen, sofort, an Ort und Stelle, doch das rotwangige Gesicht der Schwester war über Marcs Schulter aufgetaucht, zwischen ihm und der Tür. »Aber hallo, Sie beide! So etwas wollen wir hier aber nicht, oder?«
    Ich konnte es ihm also nicht sagen. Ich konnte ihm nicht sagen, dass ich um seine Angst wusste, dass ich um seine Verwirrung wusste - dass wir das gemeinsam bewältigen würden, weil ich verstand, was er durchmachte, ganz bestimmt, und dass ich ihn liebte ... Oh, wie sehr ich ihn liebte! Nichts davon konnte ich sagen, weil die Schwester dazwischenfunkte und bereits ihre breite, vollbusige Gestalt zwischen Marc und mich schob, die Hände zu beiden Seiten ausgestreckt, als wollte sie uns auseinanderhalten.
    »Ich glaube, nach diesem ereignisreichen Tag sind wir einfach ein bisschen übermüdet, meinen Sie nicht auch?«
    Da wollte ich sagen, dass alles in Ordnung sei, dass wir das sofort klären würden, dass ich es im Griff hätte, wenn sie uns nur noch eine Minute allein

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