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Kottenforst

Kottenforst

Titel: Kottenforst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Thiesmeyer
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seit ein paar Jahren rechts, damit er das Schild mit der Aufschrift »Detektei Stieger, Sprechstunden nach Vereinbarung« nicht verdeckte. Freddy hatte ihn als Gebrauchtwagen gekauft, wusste aber, dass er einer der letzten war, die in Frankreich vom Band gegangen waren. Als Detektiv bräuchte er eigentlich ein anderes Modell – äußerlich ein Allerweltsauto, im Innern für Observationen ausgerüstet. Dazu fehlte ihm zurzeit das Geld. Wenn es auf Unauffälligkeit ankam, musste ein Mietauto reichen.
    Als Freddy auf das Haus mit der Holzverschalung zuging, fühlten sich seine Beine bleiern an. Wie er Pilar kannte, würde sie die Tür zuknallen, sobald sie ihn erblickte. Falls sie ihn schon durchs Küchenfenster gesehen hatte, würde sie erst gar nicht aufmachen. Aber er musste kommen. Er kannte Pilar länger als die Ente, sie war seine älteste Freundin, seit sie als Studenten gemeinsam halbe Nächte in einer Altstadtkneipe geschuftet und gegen den stets übellaunigen Inhaber zusammengehalten hatten. Sie war die beste Zuhörerin bei schwierigen Liebesverhältnissen und anderen Komplikationen, sie gehörte einfach zu seinem Leben. Und nun stand diese blöde Äußerung vom Samstag zwischen ihnen. Nicht zum Aushalten.
    Neben der Haustür ragten schwärzlich verfärbte Sonnenblumen aus einem Tontopf, dem ein tümpelartiger Geruch entströmte. Freddy grinste. Pilar war wohl entgangen, dass die Türen der Nachbarhäuser längst mit silbern und golden verziertem Tannengrün, die Hecken, Büsche und Balkone mit Gespinsten aus kleinen Leuchtbirnen geschmückt waren. Er drückte den Klingelknopf und hielt die Luft an. Knallende Türen konnte er nicht ausstehen.
    Die Kiefernholztür öffnete sich mit einem Ruck. Freddy setzte zu seiner Entschuldigungsrede an, doch Pilar ließ ihn nicht übers erste Wort hinauskommen.
    »Halt dich fest, Freddy! Der gelbe Kasten ist wieder da.«
    Er war verwirrt, weil das Türknallen ausblieb. Im Gegenteil: Pilar hielt ihm die Tür einladend auf. Ihr Gesicht trug einen Ausdruck von Milde.
    »Komm rein.«
    Ein würziger Duft schlug Freddy entgegen, als beträte er ein Kaffeegeschäft, in dem die Bohnen noch frisch gemahlen wurden, und im Vorbeigehen sah er, dass der Küchenboden braun bestäubt war. Er folgte Pilar durch den kleinen Flur ins Wohnzimmer. Auf dem gemusterten Wollteppich stand ein gelber Plastikkasten. Das Ding erinnerte ihn an den Pferdeputzkasten, den seine Schwester als junges Mädchen besessen hatte, eine Art Heiligtum, das meistens neben ihrem Bett gestanden hatte.
    »Ich hab ihn auf der Terrasse gefunden, sauber wie nie zuvor. Der Deckel sieht sonst immer schmuddelig aus, weil sich in der Waffelstruktur ständig Dreck absetzt. Das bekommen Regen und Schnee doch nicht weg?«
    »Wohl kaum«, sagte Freddy, obwohl er es nicht wusste.
    »Den hat einer geputzt, Freddy, mit Kernseife und Bürste.«
    »Eine Pferdefreundin?«
    »Einer, der Spuren beseitigen wollte!«
    Ich versteh rein gar nichts, dachte Freddy. Den Anfang habe ich wohl verpasst, weil ich drauf gewartet habe, dass ihr mein Geschwätz vom Samstag einfällt und gleich die Tür knallt.
    »Kannst du uns Kaffee machen, oder liegt das gesamte Kaffeemehl auf dem Boden?«, fragte er.
    Pilar stöhnte auf und ging in die Küche. Freddy folgte ihr und nahm den Besen von der Hakenleiste. Irgendwas stimmt nicht mit ihr, überlegte er.
    Als er sich gerade erkundigen wollte, was mit dem Kaffee passiert sei, fragte sie ihn:
    »Arbeitest du noch als Privatdetektiv?«
    Freddy seufzte nur. Seine wenigen Aufträge konnte man kaum Arbeit nennen.
    »Wovon lebst du?«, hakte sie nach, während sie an der altmodischen Kaffeemaschine hantierte.
    »Seit ein paar Wochen wieder vom Verkaufen. Diesmal Obst und Gemüse. Du findest mich an dem Stand auf dem Venusberg. Immer frische Waldluft, jedenfalls halbtags.«
    »Hatte ich vergessen, entschuldige.«
    »Hast du einen Auftrag für Detektiv Stieger?«
    »Er hat am Telefon von Wiedergutmachung gesprochen.«
    »Was soll ich tun?«
    »An letzten Samstag denken. Du hast doch hinten im Saal gestanden. Wer war in deiner Nähe?«
    »Ich war spät dran. Meine Schwester war mit ihren vier kleinen Jungs vorbeigekommen, und bis sie –«
    »Denk nur an den Abend«, unterbrach ihn Pilar.
    »Kaum war ich da, ging das Licht aus.«
    »In den paar Sekunden kannst du dem Mörder ins Gesicht geblickt haben und weißt es nicht.«
    »Dort sahen alle so aus, als würden sie für einen Sitzplatz einen Mord

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