Kottenforst
begehen.«
»Wer hat hinter Frau Holzbeisser gestanden? Wer neben ihr?«
»Den Sohn von eurer Schreibi-Besitzerin hab ich an seinen Pausbacken erkannt, der war mit der Mama da. Außerdem ist mir der Junge in den Trauerklamotten aufgefallen, der wie ein junger Mick Jagger aussieht, nur bleicher. Lass uns dem ein paar Kiwis schenken, damit er mal Vitamine zu sich nimmt und nicht nur Hasch und Nikotin.«
»Das ist Marvin. Der Bruder von Katie aus meiner Gruppe.«
»Bei dem standen zwei bis zur Unkenntlichkeit geschminkte Mädchen und die Bulldogge, die bei mir um die Ecke wohnt.«
»Bulldogge?«
»Egal welche Rasse, er sieht hundartiger aus als mancher Hund.« Freddy dachte an seinen Billy, der nicht halb so treu und gutmütig aussah. »Und eure Nachbarn hab ich gesehen. Der Mann hat sich persönlich beleidigt gefühlt, weil er stehen musste. Aber wer genau wo gestanden hat, das krieg ich nicht zusammen.« Das Kaffeemehl hatte Freddy aufgekehrt und hängte den Besen zurück an den Haken.
»Ist jemand im Dunkeln leise von vorne nach hinten gekommen? Irgendwo am Rand? Hast du so etwas bemerkt, Freddy?«
»Kann mich nicht erinnern. Die Musik brach ja los wie ein Gewitter. Pilar, das war Körperverletzung!«
Pilar reichte ihm einen randvollen Kaffeebecher. »Es ist alles schiefgelaufen, deshalb bin ich aufgestanden, um nach Dieter zu sehen. In dem Moment hat hinten ein Licht aufgeleuchtet, wie von einer winzigen Taschenlampe.«
»Hinter mir ging mal kurz ein Handylicht an. Kam mir vor wie ein Versehen.«
»Wer hatte das Handy in der Hand? War das Licht auf das Opfer gerichtet?«
»Pilar, ich habe zur Bühne geschaut, ob sich dort was tut. Jeden Moment musste das Scheinwerferlicht angehen. Alle haben nach vorne geschaut.«
»Bis auf einen«, sagte Pilar und trug ihren Kaffeebecher hinüber ins Wohnzimmer. Freddy eilte hinterher. Sie blieb neben dem Couchtisch stehen, setzte den Becher ab und sah ihn an.
»Der mit dem Licht war der Mörder.«
Freddy musste lachen. »Der mit ein bisschen Beleuchtung auf sich aufmerksam machen wollte? Pilar …«
»Hätte nicht jeder andere das Handylicht wieder angeknipst, als der Schrei kam?«
»Der mit dem Licht hat sein Handy weggesteckt wie alle anderen und später nicht mehr dran gedacht.« Sie könnte dennoch recht haben, dachte Freddy, aber es passte ihm nicht. Er wollte lieber an einen unsichtbaren, unhörbaren Mörder glauben, den auch der aufmerksamste Detektiv der Welt nicht bemerkt hätte.
»Als es passiert war und die Lampen angingen – wer war in dem Moment in Frau Holzbeissers Nähe?«, bohrte Pilar weiter.
»Ein unvorstellbares Durcheinander. Ein paar Leute haben sie aufgefangen, andere sind zurückgewichen, und viele haben geschrien. Da hat keiner auf den anderen geachtet.«
»War Marvin noch da? Oder der Schreibi-Sohn?«
»Der hielt seine Mutter fest, weil ihre Beine weggeknickt waren. Marvin und seine Gang habe ich nicht gesehen.«
»Marvin nicht?«, rief Pilar.
»Das muss nichts heißen, Pilar. Die Schreibi-Mutti wäre auch am liebsten abgehauen. Ich bin sicher, dass noch mehr Leute gegangen sind. Aber ich kann nicht sagen, wer. Ich hab so was noch nie erlebt, ich war genauso durch den Wind wie alle anderen und hab nur auf die Frau gestarrt.«
Pilar seufzte. »Der Täter hat auf das Durcheinander spekuliert, ganz klar. Immer sehe ich jemanden vor mir, der im größten Chaos auf leisen Sohlen durch die Tür entschwindet.«
»Was sollte die monströse Musik?«
»Irgendwer hat die Einstellungen verändert, vielleicht derselbe, der die Stecker der Lichtanlage gezogen und Dieters Laptop manipuliert hat. Derselbe, der dem Mörder meinen Handwerkskasten gebracht hat. Es könnten auch mehrere gewesen sein, die sich die Arbeit geteilt haben.« Pilar deutete auf die gelbe Kiste, die vor ihnen auf dem Teppich stand. »Da war die Mordwaffe drin.«
Endlich verstand Freddy – jedenfalls teilweise.
»Wieso hat die Polizei ihn nicht beschlagnahmt?«
»Er war verschwunden. Ich habe bei allen aus der Gruppe danach gefragt, komme nach Hause und sehe ihn auf der Terrasse stehen.«
»Sonderbar.«
»Nicht so sehr. Bei Katie hat einer auf der Treppe gelauscht.«
»Verdächtigst du Marvin?«
Pilar öffnete die Terrassentür. Freddy trat neben sie. Wie Spitzendeckchen lagen hier und da dünne Schneeflecken auf der Wiese und der Terrasse.
»Vielleicht hat er einen Schuhabdruck hinterlassen«, sagte Pilar.
Freddy folgte ihr nach draußen. Er musste etwas
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