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Kottenforst

Kottenforst

Titel: Kottenforst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Thiesmeyer
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gekommen bin, war dort nur die Frau mit dem Pumucklhaar.«
    »Das war Anja!«, rief Pilar. »Was hat sie da gemacht?«
    Freddy berichtete, was der Pumuckl zu ihm gesagt hatte. Aber das sei nun wirklich kein Grund zur Aufregung. »Das hat nichts zu bedeuten, Pilar. Warum sollte die Sache mit der Kleiderstube nicht stimmen? Sie hilft in der Gemeinde, es ist plausibel.«
    Pilar seufzte. »Wieder so eine Kleinigkeit, die viel oder gar nichts bedeuten kann. Woran erkennt man brauchbare Indizien?«
    »Zu dumm, dass wir nicht wissen, mit wie vielen Leuten wir es zu tun haben«, sagte Freddy. »Einer –«
    »Oder zwei.«
    »Oder drei.«
    »Wieso drei?«, rief Pilar so entsetzt, als sähe sie schon alle drei vor ihrem Bett stehen.
    »Wir gehen doch davon aus, dass an Frau Holzbeissers Tod möglicherweise zwei Personen beteiligt gewesen sind. Warum sollten die zwei auch dich beseitigen wollen? Das würde mir nur einleuchten, wenn du irgendwas mit der Frau gemeinsam hättest. Fällt dir dazu was ein?«
    »Dass wir beide was auf die Bühne gebracht haben … sie mit Gesang, ich ohne. Dass wir beide ein Haus in Ückesdorf haben … sie mit Balkon, ich ohne.«
    »Und einen Ehemann.«
    »Ich einen mit Bauch, sie einen ohne.«
    Freddy lachte. » Watt ene Quatsch , würde Rita sagen. Deshalb dachte ich an einen dritten Täter.«
    »Wie beruhigend«, stöhnte Pilar. Sie sank aufs Sofa und sah mit einem Mal sehr müde aus. »Freddy, ich will nicht mehr. Ich will nur noch an das Nächstliegende denken: essen, trinken, schlafen.«
    »Penn lieber heute Nacht woanders.«
    »Ich frag Vera. Sie hat ein Gästezimmer.«
    »Du kannst auch bei mir schlafen. Ist weiter weg.«
    »Ja«, meinte Pilar. »Das wäre vernünftig.«
    An der Art, wie sie den Kopf an die Wand lehnte, sah Freddy, dass sie es nicht tun würde. Nicht schlimm – bei der resoluten Vera war sie genauso sicher, an der käme kein Mörder vorbei.
    * * *
    Eine Fahrt mit dem Leistungskurs Geschichte hatte sich Sarah immer gewünscht. Nur nicht bei dieser Arsch-Kälte! Und natürlich lieber nach Venedig oder Paris statt zum Kaiserdom in Speyer und zu dem Kloster, dessen Namen sie schon wieder vergessen hatte. Sie war nicht in der richtigen Stimmung, sie hatte keinen Bock auf deutsches Mittelalter. Es kam ihr grauenvoll vor. Das Schlimmste waren die Steinsärge der toten Kaiser und Könige in der Gruft unter dem Dom. Tote hätten ihr jetzt nicht begegnen dürfen. Schlagartig war alles wieder da, was sie seit dem Sommer zu vergessen versuchte.
    Die Nacht mit Yannick war superschön gewesen, daran dachte sie jetzt, um das andere von sich wegzuschieben. Na ja, so rosarot, wie sie es gern gehabt hätte, war es auch wieder nicht gewesen. Oben in ihrem Zimmer hatte er sie ein bisschen seltsam angeblickt, als hätte er gemerkt, dass die Sache mit der Polizei nicht stimmte. Als könnte er wirklich in Gesichtern lesen. Das war ein blödes Gefühl, deshalb wollte sie alles richtigstellen, kriegte aber die Kurve nicht. Als er dann die Anstecknadel aus seiner Tasche zog, ging es nicht mehr. Das war so eine süße Geste, dass alles in ihr butterweich wurde und sie unmöglich sagen konnte, dass sie ihm eine dicke Lüge aufgetischt hatte. »Für dich. Ist von meiner Oma«, erklärte er. Ja, so sah das spitze Ding mit dem ovalen roten Stein auch aus. Seine Oma verschenkte ihr ganzes Zeug, sagte er, weil sie annahm, bald zu sterben. Das hatte Sarah auch schon von Anna gehört, die alles Mögliche in dem Stil bekommen hatte. »Pack das weg, zeig es keinem«, schärfte ihr Yannick dann noch ein. »Wenn meine Mutter davon Wind kriegt, dass ich es weggegeben habe, macht sie mir die Hölle heiß.« Das konnte sie sich gut vorstellen. Bei ihrer Mutter wäre das genauso.
    Ich könnte Yannick jetzt anrufen, dachte Sarah, während sie auf der Lehne einer Bank in der Grünanlage am Speyerer Dom saß. Lügen beichten bekam man am Handy sicher besser hin, als wenn man händchenhaltend herumhockte oder zusammen im Bett lag. Spät war besser als überhaupt nicht, und im Moment würde hier niemand zuhören. Die anderen waren in der Bäckerei, um Teilchen zu kaufen, während sie selbst auf ihrem letzten Müsliriegel herumkaute, weil sie nur noch drei Euro besaß. Aber wie sollte sie anfangen? Die Sache war verdammt schwierig zu erklären.
    Als sie gemerkt hatten, dass das kein Baumstamm war, was da im Wasser lag, war erst mal eine Riesendiskussion losgegangen. Alle sagten: Den hat die Sarah totgefahren. Wer legt

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