KR068 - Ich suchte den Gangster-Chef
raffinierter Bursche, dieser gelockte Mr. Grannock. Da hatte er mich in eine schauderhafte Zwickmühle gelotst.
»Grannock«, sagte ich ruhig, »ich bitte Sie höflich, mich nicht durch lange Reden zu belästigen. Kommen Sie endlich zur Sache! Was soll ich tun?«
Meine Frechheit überraschte ihn ziemlich. »Heute nichts«, sagte er langsam und finster. »Hier ist dein erster Wochenlohn.«
Bei diesen Worten griff er in die Brusttasche seines Smokings und warf mir eine Anzahl Scheine herüber.
»Thanks«, dankte ich gemütlich und begann, den Mammon nachzuzählen.
»Tut mir leid, Mister«, sagte ich dann, »aber es fehlen zehn Dollar.«
Da lachte endlich auch der blonde Grannock laut los.
»Du scheinst ein verdammt geldgieriger Bursche zu sein. Mit dir versuch’ ich es.« Eine Handbewegung zur Tür, und ich war entlassen.
Ich bummelte langsam zur Wohnung zurück und überlegte.
Dieser Grannock handelte sehr selbstherrlich. Klar, daß er mit seinem Chef Pickford in engem Kontakt stehen mußte.
Phil war noch in meiner Wohnung. Ich erzählte ihm alles. Erst war er begeistert, aber als er von der Bankgeschichte hörte, schüttelte er sich wie nach einer plötzlichen Dusche kalten Wassers.
»Brr, Jerry, das ist die sauberste Falle der Welt. Siehst du einen Ausweg?«
Ich schüttelte den Kopf. »Aber ich werde mal nachdenken.«
Die ganze Nacht dachte ich nach, aber etwas Gescheites fiel mir nicht ein.
Mr. High ließ sich am anderen Morgen ausführlich berichten. Ich mußte mich an jede kleine Einzelheit erinnern und ihm alle Leute genau beschreiben. Stundenlang wälzten wir die Alben mit den Bildern New Yorker Verbrecher. Bis auf zwei fand ich sie alle wieder.
»Es sind alles alte Pickford-Leute. Die zwei uns unbekannten sind offenbar Ersatz für Tommy Knifting und Harry McCoal, die vor vier Monaten in einem Feuergefecht zwischen der Pickford- und der Logass-Gang fielen. Sie haben eine feine Verbindung hergestellt, Jerry, aber was tun wir, um sie auch zu halten?«
Er ging mit langen Schritten in seinem Büro auf und ab.
»Es kann natürlich sein«, dozierte er, »daß die ganze Geschichte von dem geplanten Überfall ein Bluff ist, aber auf diese Hoffnung dürfen wir uns nicht verlassen.«
»Können wir nicht einfach alle Vorbereitungen treffen, in aller Heimlichkeit natürlich? Wenn es wirklich nur ein Bluff ist, kann Jerry nichts geschehen«, fragte Phil.
»Zu gefährlich. Ob die Bank wirklich überfallen werden soll oder nicht – sicherlich lassen sie sie beobachten. Wenn sie nur einen G-man dort stehen sehen, ist Jerry geliefert. Nein, Phil, so geht es nicht.« Mr. High nagte an seiner Unterlippe. »Wir müssen etwas finden, was den Überall für die Bande sinnlos macht.«
»Wollen Sie die Bank schließen, Chef?« fragte Phil mit Ironie in der Stimme.
»Genau das«, antwortete Mr. High. »Der Direktor muß die Filiale für eine Woche schließen. Wie findet ihr den Vorschlag?«
Ehrlich gestanden, gefiel er mir, wenn ich an den mißtrauischen Mr. Grannock dachte, überhaupt nicht, aber ich wußte keinen besseren zu präsentieren.
Ich machte mich auf einige unangenehme Minuten gefaßt, als ich um Mitternacht die Bar betrat.
Ich suchte mir einen Tisch. Statt eines Kellners tauchte Mr. Brerrik auf.
Ohne Gruß fauchte er mich an: »Komm mit!«
»Kann ich nicht erst etwas trinken?« fragte ich frech. »Mitkommen!« bellte er wie ein wütender Hund.
Na schön, ich ging mit. Er führte mich über die gleichen Gänge und Treppen wie bei meinem ersten Besuch. Ich prägte sie mir gut ein.
In dem üppigen Büro war dieselbe Gesellschaft in derselben Verteilung versammelt.
Unfreundliches Schweigen empfing mich. Ich nahm keinen Anstoß daran, sondern wünschte allerseits einen guten Abend.
»Setz dich«, antwortete Grannock statt eines Grußes. Er reichte mir eine Zeitung herüber.
»Steckst du dahinter?« fragte er.
Ich stellte mich dumm. »Wohinter?«
»Spiele nicht den Idioten!« schrie er los. »Du kannst uns nicht an der Nase herumführen!«
»Ich bin kein Hellseher!« schrie ich zurück. »Wenn Sie was von mir wollen, müssen Sir mir wenigstens sagen, um was es geht.«
Er schluckte. Für einen Augenblick glaubte ich, jetzt würde der Tanz losgehen, so wütend starrte er mich an, aber dann sagte er ganz friedlich, vielleicht sogar ein bißchen zu friedlich: »Lies die Anzeige auf der vorletzten Seite!«
Ich faltete das Blatt auseinander und fand folgende Anzeige, die kaum zu übersehen
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