KR068 - Ich suchte den Gangster-Chef
legt ihn im Vorbeifahren mit einer Salve um. Eine Kleinigkeit.«
»Soll ich dabei eine Aufgabe übernehmen?« fragte ich.
»Richtig, G-man. Oder willst du etwa nicht?« erkundigte er sich lauernd.
»Warum sollte ich nicht wollen? Gangster zu erledigen, ist schließlich mein Beruf, für den ich achtzig Dollar kassiere, und euch zu helfen, einen Rivalen abzuknallen, dafür bekomme ich zweihundert Dollar. Sie sehen, Grannock, meine beiden Berufe widersprechen sich in diesem Fall nicht einmal.«
Meine Frechheit irritierte ihn. Er wußte nichts damit anzufangen.
Er sah mich an, als wollte er mich zum Abendbrot verspeisen. Ich lächelte freundlich und unschuldig. Dabei war mir der Mund trocken vor Erregung.
Grannock senkte den Kopf.
»Wenn es vorbei ist«, sagte er rasch und hart, »fahrt ihr bis zum Stresshire Kanalufer. Dort steht Robby mit unserem Mercury. Ihr laßt den Pontiac stehen und fahrt mit ihm weiter. Wenn ihr euch nicht wie Säuglinge anstellt, kann nichts passieren.«
Er wandte sich an den ›Panzer‹, der unbewegten Gesichts in einem Sessel saß und an seiner Zigarre kaute.
»Du hast das Kommando, Rocky. Der G-man fährt, und du übernimmst die Arbeit. Selbst den Finger an den Abzug zu legen, wollen wir seinen zarten Nerven für den Anfang nicht zumuten. Aber wenn er Dummheiten macht, legst du ihn gleich mit um.«
Schweigend ging ich neben dem ›Panzer‹ zu dem Lagerschuppen. Hundert Yard weiter sah ich die Silhouette eines Autos. Das mußte Phil sein. Ich setzte mich ans Steuer des Pontiac und fuhr ihn auf die Straße. Rocky hatte neben mir Platz genommen, nachdem er im Innern des Schuppens verschwunden und mit einer Maschinenpistole zurückgekehrt war.
Während ich langsam zur 83. Straße fuhr, fingerte Rocky an dem Ding herum. Ich fand es gut, daß der ›Panzer‹ eisern schwieg, so konnte ich mir in aller Ruhe einen Schlachtplan ausdenken. Ich hoffte, Phil würde gesehen haben, daß ich mit im Wagen saß, und sich nicht zu übereiltem Handeln hinreißen lassen. Natürlich konnte ich nicht dulden, daß Shapman Luis Brail erschoß, aber ich wollte meine Rolle so lange spielen, wie es ging.
Die 83. Straße war wirklich ein dunkles Loch. Zwei einsame Straßenlaternen erhellten in einem Abstand von zweihundert Metern die Fahrbahn. Aus einigen Fenstern der hohen düsteren Häuser fiel trübes gelbes Licht.
Shapman tat zum erstenmal den Mund auf. »Stop!« befahl er.
Ich steuerte den Wagen an den Straßenrand.
»Das Licht dort hinten ist die Kneipe, in der Brail gewöhnlich sitzt«, brummte mein Kollege. »Wenn er herauskommt, startest du sofort und bringst den Wagen auf Touren. Licht aus!«
Ein Auto fuhr in langsamem Tempo an uns vorbei. Rocky sah mißtrauisch hin, aber der Wagen fuhr weiter. Phil! Er mußte erkannt haben, daß es unmöglich war, in dieser unbelebten Straße unbemerkt hinter uns zu parken. So fuhr er weiter und würde vermutlich hinter der nächsten Ecke halten. Richtig, die Schlußlichter zeigten mir, daß der Wagen in die erste Querstraße einbog.
Es war inzwischen eine Stunde vor Mitternacht. Der ›Panzer‹ zündete sich eine neue Zigarre an und rauchte sie in seiner üblichen Weise, die die gute Havanna zu einem ausgefressenen Rasierpinsel machte. Die Maschinenpistole hielt er zwischen den Knien.
Die Zeit tröpfelte dahin. Es wurde Mitternacht. Zweimal machte Rocky einen langen Hals, als Leute aus der Kneipe kamen, aber es war offenbar nicht der Gesuchte. Die gelben Lichter in den Häusern erloschen eins nach dem anderen. Die Straße wurde immer dunkler, immer unheimlicher. Nur aus der offenen Tür der Kneipe fiel Licht, und eine schwache Musik drang bis zu uns.
Eine Viertelstunde nach ein Uhr sagte Rocky plötzlich: »Da ist er! Fahr los!«
Er kurbelte das Seitenfenster herunter und schob langsam den Lauf der Maschinenpistole durch die Öffnung. Ich hörte die Sicherung beim Zurücklegen klicken.
Ich startete, schaltete den ersten Gang ein, ging sofort in den zweiten. Der Pontiac schoß in einem Satz vorwärts. Die Gestalt des Mannes auf der Straße kam rasch näher. Jetzt hatte er uns gesehen, witterte Gefahr, duckte sich, sein Kopf fuhr nach rechts und links, er suchte Deckung, einen Fluchtweg.
Das alles sah ich in den fünf oder zehn Sekunden unserer Fahrt. Ich stemmte den linken Fuß gegen das Fußbrett, die Arme gegen das Steuer und trat mit Wucht auf die Bremse.
Die Reifen kreischten wie ein ganzer Käfig wütender Affen. Rocky flog mit dem Kopf gegen
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