KR071 - Ich sprengte die Mordfirma
nicht einmal sehr erstaunt. Es war, als hätte ich es immer gewusst, und ihn darum nie leiden gemocht, obwohl er mir doch einen Fernseher abkaufte, denn dort drüben an der Mauer lehnte, die Pistole in der Hand, Roger Costler.
Ich rief ihn an. »Nehmen Sie die Hände hoch, Costler!« Er rührte sich nicht. Ich suchte nach einer Tür in dem Gitter, das uns trennte, fand eine, aber damit war ich immer noch nicht bei ihm. Eine letzte Eisenstangenwand trennte und noch. Ich verfluchte den Mann, der diese Dinger gebaut hatte. Offenbar hatte er befürchtet, die Ochsen und Schweine könnten den Weltrekord im Stabhochsprung brechen.
Während ich nach einer Tür an den Stäben entlanglief, lachte Roger Costler plötzlich auf, löste sich von der Wand und kam auf mich zu. Ich blieb sehen. Er lächelte mich freundlich an, hob seine Pistole und drückte ab. Ich lachte ihn aus. Er starrte auf die Waffe, als könne er nicht kapieren, dass das Ding leer sei, stieß einen Fluch aus und wollte sie mir ins Gesicht schleudern. Ich duckte mich. Die Kanone klirrte irgendwo gegen die Stäbe.
»Gib es auf, Costler!«, sagte ich. »es ist aus.«
Er öffnete den Mund zu einer gemeinen Antwort. Hinter ihm dröhnten Schritte. Zwei Cops kamen im Sturmschritt. Costler zuckte zusammen wie ein Tier und setzte in langen Sprüngen davon. »Nicht schießen!«, rief ich den Cops zu und rannte neben dem Verbrecher.
Es war einfach verrückt. Auf der einen Seite des Gitters lief er, auf der anderen ich. Er konnte nicht mehr schießen, und ich wollte ihn lebendig haben. Hinter uns polterte es. Ich warf einen Blick zurück. Die beiden Polizisten bildeten ein hübsches Knäuel. Offenbar war der eine ausgerutscht, und der andere konnte nicht mehr bremsen und fiel über seinen Kameraden.
Ich stoppte mitten im Sprung, schlitterte ein Stück und lief zurück. Eine Tür! Endlich eine Tür!
Bevor ich die Sicherung gelöst hatte, war Costler mir ein Stück voraus, aber jetzt waren wir auf einer Seite, und er konnte seine letzten Hoffnungen fahren lassen. Bevor ich ihn einholte, benutzte er eine dieser Gittertüren, ich hinterher. Hier stieg der Boden wieder leicht an. Wir befanden uns in einem der Treibergänge, vielleicht in demselben, in dem ich heraufgekommen war, aber das wüsste ich nicht. Hundert Yards vor mir lief Costler. Die Gitter rückten plötzlich enger aneinander. Waren sie bisher mehr als drei Yard breit gewesen, boten sie jetzt kaum den Platz für zwei Männer, die eng nebeneinanderstanden.
Vor mir blieb Costler plötzlich stehen. Ich unterbrach meinen Lauf und ging langsam weiter. Er drehte sich um und sah mir entgegen, aber irgendwie blickte er an mir vorbei in weite Ferne.
Eine Armlänge vor ihm verhielt ich den Schritt. Es war alles aus und erledigt. Ich hatte ihn. Sein Gesicht war bis zur Unkenntlichkeit verändert und verzerrt. Ich glaube, er hatte in diesem Augenblick nicht mehr alle Tassen im Schrank.
Ich steckte meine Smith & Wesson ins Halfter. Ich wollte ihn nicht töten. Ein Gericht sollte ihn verurteilen, und ein Henker sollte ihn richten.
»Komm, Roger«, sagte ich, »du bist erledigt.«
Er schien wie aus einem Traum zu erwachen. In seinen Augen loderte ein Hass hoch, wie ich ihn noch nie in dem Blick eines Menschen gesehen hatte. Er stürzte sich auf mich und umschlang mich mit seinen Armen. Es geschah so schnell, dass ich nicht ausweichen konnte. Er riss mich herum. Es gelang ihm nur halb. Unter Aufbietung aller Kräfte versuchte er, mich weiter in den Gang zu drängen, dorthin, wo er gestanden hatte.
Ich drehte den Kopf, und ich muss gestehen, dass mir für eine Sekunde das Herz stehen blieb. Der Gittergang senkte sich jäh und steil in die Tiefe. Die Abrutschbahn! Blank gescheuert von den Leibern Tausender von Tieren, die auf ihr in den Tod gerutscht waren, gähnte sie wie ein Weg, der direkt in die Hölle führte. Und gegen diese Rutschbahn des Todes drängte mich Roger Costler mit Kräften, wie sie nur der Wahnsinn verleiht. Schon fand mein rechter Fuß keinen Halt mehr, rutschte weg. Die Arme konnte ich nicht rühren, aber meine Hände, erst die linke, dann die rechte, stießen an die Eisenstäbe. Ich krallte die Finger darum und hielt fest. Costler zerrte an mir. Ich hörte seinen Atem, spürte ihn. Er keuchte. Dicht vor meinem Gesicht sah ich seine weit aufgerissenen, glitzernden Augen.
Langsam senkte ich den Kopf und presste das Kinn gegen die Brust. Dann stieß ich den Kopf vor, ihm unter das Kinn. Es tat mir
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