KR088 - Ich fing den Fänger
Bursche, der alles tat, was ihm aufgetragen wurde, aber er brauchte jemanden, der es ihm befahl. Sein Gehirn langte nicht zum Auskochen eigener Sachen. Sein letzter Chef, Gus Morgan, war aber einer von diesen windigen Halunken, die ihr Geld mit einer Menge schmutziger Geschäfte verdienten, ohne sich eine Blöße dabei zu geben. Bisher hatten wir ihm keinen Mord nachweisen können, aber wir wussten, dass er eine Garde von breitschultrigen Raubeinen unterhielt, die ihm auf seinen Wink die Konkurrenz aus dem Wege räumten. Morgan stand schon lange für uns auf der Abschussliste. Soweit ich wusste, war mein Kollege Crack mit der Sache betraut.
Phil zündete seine Zigarette endlich an.
»Wenn hier Hugh Dive liegt«, sagte er, »dann dürfte es keine Frage sein, wer der zweite Mann auf der Klippe war.«
Ich nickte. »Jimmy Zoupe natürlich. Ich habe nicht gehört, dass die ungleichen Zwillinge sich getrennt hätten.«
Dive und Zoupe waren während einer gemeinsamen Gefängniszeit in die gleiche Zelle geraten, und daraus entwickelte sich eine lebenslängliche Freundschaft. Zoupe war ein kleiner, schmächtiger, etwas ängstlicher Mann, aber mit einem flinkeren Gehirn begabt als Dive. Auch er gehörte zu Morgans Gang.
Ich griff zu einer Marlboro. »Da Dive hier liegt und da Zoupe auch auf dieser Klippe war, gibt es eigentlich nur eine Lösung. Morgan hat seine Leute gegen uns geschickt. Das hieße, Morgan ist der Fänger.«
»Morgan ist zwar auch schwarzhaarig, aber nur mittelgroß. Er hat keine Narbe über dem Auge. Die Beschreibung passt nicht zu der, die Crawborn uns von diesem Mr. Longfield gegeben hat.«
»Einerlei, ich rücke Morgan aufs Fell«, wischte ich den Einwand weg. »Hier liegt einer seiner Leute. Wenn er mir keine eindeutige Erklärung dafür geben kann, dass Dive ohne seinen Willen mir ein Ornament verpassen wollte, lasse ich ihn wegen Mordversuchs verhaften. – Ich fahre in einem von den Cadillacs und nehme die kleine Rose mit. Man wird die Eltern durch ein Telegramm benachrichtigt haben, und ich nehme an, der Millionär chartert ein Sonderflugzeug. Wenn er noch nicht in New York ist, bringe ich das Kind ins Hauptquartier. Dort ist es auf jeden Fall sicherer. – Du bleibst hier und erledigst den Fall mit der Polizei. Ich denke, wir müssen die Gegend doch genauer absuchen lassen, aber noch kein Wort zu den Cops über Zoupe! Den alten Jimmy werden wir nötigenfalls selbst suchen.«
Eine halbe Stunde später brauste ich bereits im Millionärs-Cadillac die Landstraße entlang. Neben mir saß Rose und lachte schon wieder. Sie besaß noch die glückliche Fähigkeit des Kindes, rasch vergessen zu können.
Am frühen Nachmittag erreichten wir New York. Ich fuhr in der 5. Avenue vorbei. Der englische Butler berichtete, dass Mr. Weeman bereits von Buenos Aires aus telefoniert habe und auf dem Luftwege nach New York sei. Ich lieferte Rose bei ihm ab.
»Wiedersehen, Rose«, sagte ich. »Ich denke, wir haben uns gut verstanden.«
Sie gab mir einen Kuss zum Abschied, so einen feuchten, knallenden Kinderschmatz.
Ich rief Mr. High von der nächsten Telefonzelle an und unterrichtete ihn von unseren neuesten Entdeckungen.
»Gus Morgan?«, wunderte er sich. »Er hatte eine Wohnung in Harlem, aber am ehesten treffen Sie ihn in der Orchidee. Er ist jeden Abend dort.«
Ich kannte die Orchidee. Es war eine ziemlich exklusive Bar, und die Tatsache, dass sie einem Gangster gehörte, tat ihrer Exklusivität keinen Abbruch.
***
Ich war der erste Gast in der Bar, die um neun Uhr öffnete. Ich hatte mir den Smoking angezogen, um nicht aus dem Rahmen zu fallen, und ich hatte mir vor allen Dingen von einem Arzt mein Bein neu verbinden lassen, um nötigenfalls fit zu sein.
Ich suchte mir einen Tisch, von dem ich das ganze Lokal überblicken konnte, aber ich musste doch fast bis Mitternacht hocken. Dann erst kam Morgan. Er hatte drei Leute bei sich, die ihre Smokings wie Uniformen trugen, und natürlich stieß mir diese Zahl auf, denn fünf Männer waren in Brospeer gewesen, und wenn ich zu Dive noch Zoupe auf die Verlustliste setzte, dann blieben genau drei übrig.
Ich wartete, bis die Herrschaften einen Tisch gefunden hatten. Ich ließ ihnen auch noch Zeit, das erste Glas Sekt zu leeren, aber dann stand ich auf und ging hinüber.
»’n Abend, Gus«, wünschte ich. »Hast du Zeit für eine kurze, aber gründliche Unterredung?«
Er sah mich kurz an. Er hatte stechende schwarze Augen, die an flippernde
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