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KR109 - Ich fuhr mit dem Tod Karussell

KR109 - Ich fuhr mit dem Tod Karussell

Titel: KR109 - Ich fuhr mit dem Tod Karussell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich fuhr mit dem Tod Karussell
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Flackern, Zucken, Aufflammen und Erlöschen der vielfarbigen Lichter auf dem Rummelplatz war durch den Nebel seiner ursprünglichen Härte entkleidet, sah fast anmutig aus.
    Sogar das heisere Schreien der Ausrufer, das Kreischen der Menschen auf den Karussells wirkten gedämpfter als sonst.
    Ich drängte mich durch all diese schwingenden, kreiselnden, sich überschlagenden Mechanismen und fragte mich, aus welcher kindlichen Wurzel das Vergnügen der Leute daran entspringt. Dann stand ich vor dem Hapgo.
    Das große Schild am Eingang war mir gestern entgangen, auf dem stand:
    For gentlemen only.
    Der Zutritt war also nur Männern gestattet. Nun, das war durchaus verständlich. Tatsächlich hatte ich ja auch nur Männer im Hapgo gesehen. Mir fielen wie von ungefähr die Worte ein, die Neville heute vormittag gesprochen hatte: »Merkwürdigerweise sind es nur Männer, die verschwinden!«
    Eine dumpfe Wut fraß sich in mir fest, von der ich nicht wußte, gegen wen ich sie richten sollte. Der Nebel, die unwirkliche Rummelplatzatmosphäre verstärkten dieses Gefühl, das man in einem Traum hat, wenn man irgend jemanden zu fassen bekommen will und, hinter ihm her laufend, immer auf der Stelle tritt oder den Verfolgten unter seinen Händen sich in Luft auflösen sieht.
    Ich ging wie gestern durch die Passagen.
    Wieder fielen mir die Schilder auf, die so intensiv dazu aufforderten, doch wieder umzukehren.
    Durch diese Seitenwege, diese vorfristigen Ausgänge konnte man nie mit Bestimmtheit sagen, ob die Leute, die hineingingen, auch wirklich bis zum Hapgo kamen, oder ob sie nicht vorher kehrtgemacht und an einem der verschiedenen Ausgänge im Trubel des Rummelplatzes untergetaucht waren.
    »Merkwürdigerweise sind es nur Männer, die verschwinden«, hatte Neville gesagt.
    Wo verschwanden diese Männer?
    Ich stellte mir vor, ich hätte gestern abend einen Mr. X hier hineingehen sehen. Ich stellte mir vor, ich hätte heute morgen in der Zeitung gelesen:
    Mr. X ist spurlos verschwunden.
    Natürlich würde ich als gewissenhafter Mann der Polizei sagen: »Hier, ich habe ihn gestern abend noch gesehen, er ging ins Hapgo.«
    Man würde den Direktor des Hapgo befragen, und der würde dann mit bedauerndem Lächeln auf die Vielen Ausgänge aufmerksam machen. Er würde sagen: »Tut mir leid, meine Herren! Wahrscheinlich ist er durch einen der Nebenausgänge verschwunden. Wahrscheinlich war der Mann nicht hier.«
    Man würde darauf nichts erwidern können, man würde nicht sagen können: »Er ist hier ’reingegangen, also muß er auch wieder ’rausgekommen sein.«
    Eine Menschenfalle mit allen Vorsichtsmaßnahmen.
    Ich wischte mir über das Gesicht, weil ich merkte, daß meine Gedanken unkontrolliert wurden.
    Ich fing in meiner Ausweglosigkeit schon an, phantastische Kalkulationen anzustellen.
    Das führte ja zu nichts!
    Ich bezahlte meine drei Dollar, ich stand wieder vor dem Angestellten von gestern.
    Ein freundlicher junger Mann mit einem offenen Gesicht.
    Ich wartete, bis die Besucher im Karussell verschwunden war.en.
    »Wollen Sie nicht auch hinein, Sir?«
    »Danke, ich wollte eigentlich nur ein paar Minuten mit Ihnen sprechen.«
    »Sind Sie etwa auch Reporter?« fragte er. »Zu spät, Sir, die Konkurrenz war schon hier, aber ich könnte…«
    »Wie meinen Sie das: auch Reporter?«
    »Nun, vor zwei Wochen war ein Kollege von Ihnen bei mir und bat mich, ihm eine Möglichkeit zu nennen, das Innere des Hapgo zu fotografieren. Vom Karussellstuhl aus kann man ja nicht fotografieren, weil einem Hände und Füße gefesselt werden, und wenn man das Notpedal bedient, kommt ja die ganze Geschichte zum Stehen, und es ist sofort jemand vom Personal da.«
    Das Ganze hörte sich eigentlich recht uninteressant an, aber irgend etwas in mir war wach geworden, irgendwie glaubte ich, daß diese Sache mit dem Reporter für mich wichtig sein mußte.
    »Ich weiß nicht, ob Sie Ihren Kollegen kennen. Es war so ein pockennarbiger dünner Kerl vom ,Evening‘…«
    »Von der ,Evening Post?«
    »Ja, richtig.«
    Nun wußte ich, warum ich unbewußt aufgehorcht hatte.
    Ganz klar! Hier war eine ganz dünne Verbindung, eine Verknüpfung der Fäden, wie man so schön sagt. Nur konnte ich die Art dieser Verbindung noch nicht sehen, nur hatte ich Angst, daß mir dieses dünne Fädchen im nächsten Augenblick wie Spinnengewebe zwischen den Fingern zerbröckeln würde.
    »Was war mit diesem Sam Croach? So hieß er doch, oder?«
    »Ich glaube, Croach war sein Name.

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