KR127 - Ich bluffte den Hafenboß
acht Uhr wieder. Ich hatte Zeit genug, mir genau zu überlegen, wie ich vorgehen wollte.
Als er zurückkam, nahm er wortlos seine Pistole aus dem Halfter und kontrollierte sie sorgfältig.
»Hast du etwas, um ihn niederzuschlagen?«
Ich verneinte.
Er winkte knapp mit dem Kopf. Wir gingen nach unten. Auf der Straße stand ein Lincoln. Ich nahm an, dass Comb ihn von irgendeinem Parkplatz gestohlen hatte, aber solche kleinen Delikte fielen bei der Gesamtabrechnung nicht mehr ins Gewicht. Ich suchte mir aus der Werkzeugtasche einen soliden Zwölf-Zoll-Schraubenschlüssel und setzte mich auf den Beifahrersitz. Comb fuhr los und legte einen hübschen Zahn vor.
Als wir ankamen, dämmerte es bereits stark.
»Wo ist der Schuppen?«, knurrte Steve.
Ich zeigte ihm den Weg. Wir hielten vor der Stirnseite des zerfallenen Gebäudes.
»Das ist er schon«, sagte ich.
Al Fend lehnte an einem Pfeiler und hielt die Hände in den Taschen. Comb bremste dicht vor ihm.
Ich holte tief Luft. Gleich würde es eine Überraschung geben, und ich passte scharf auf Combs Bewegungen auf, damit nichts Unvorhergesehenes passierte.
Fend war klug genug, nicht das geringste Staunen zu zeigen, dass Steve Comb mitkam.
Der Gangster stieg aus und baute sich vor ihm auf. Mit langsamen Bewegungen schob er sich einen neuen Zahnstocher in die Zähne.
»Billy erzählt mir, dass du für 10000 Dollar den Mund halten willst?«, fragte er.
Fend antwortete geschickt mit einem »Vielleicht«. Er wusste nicht, worum es sich handelte, aber er hatte Vertrauen zu mir.
Ich hielt mich hinter Comb. Er drehte sich zu mir um.
»Welche Garantien haben wir, dass er wirklich still bleibt?«, fragte er mich. Dabei gab er mir ein Zeichen mit der Augenbraue, ich solle mich hinter Fend machen, um ihm den Schraubenschlüssel auf den Schädel zu hauen.
Ich tat, als sei ich schwer von Begriff.
»Oh, Al ist ein ehrlicher Junge«, antwortete ich mit einem schönen törichten Lächeln. »Er hält, was er verspricht.«
Comb machte ein Gesicht, als wolle er mich fressen. Er kehrte sich brüsk Fend zu und ging einen Schritt näher heran.
»Du hast uns Schwierigkeiten genug gemacht, Al«, knirschte er zwischen den Zähnen, »aber du sollst die Scheine haben.«
Er hob die Hand zur Brusttasche, als wolle er einen Packen Dollars herausziehen, aber ich wusste, dass er höchstens Blei im Werte von zehn Cents zu verteilen hatte.
»Lass das Schießeisen noch stecken«, sagte ich ruhig.
Comb fuhr herum, als habe ihn eine Hornisse gepickt. Sekundenlang starrte er mich an, dann fragte er langsam und rau: »Wer spricht von Schießeisen? Ich rede von Dollars.«
»Ich rede von Schießeisen«, antwortete ich gemütlich. »Du und ich, wir wissen, dass wir keine 10 000 zu verteilen haben. Dazu hält Donald uns viel zu knapp.«
Er verstand. Erst wurde er sehr weiß im Gesicht, dann aber glühten in seinen Augen kleine, böse Lichter auf.
»Ah«, stieß er hervor, »du gehörst zur anderen Seite.« Er riss den Arm hoch.
Das war die Sekunde, auf die ich jetzt vier Wochen wartete. Mir hing es nachgerade zum Halse heraus, mich von dieser Rotte widerwärtiger Gangster als Trottel behandeln zu lassen.
»Oh Steve«, sagte ich, »wir haben einiges abzurechnen, und das machen wir jetzt.« Aber noch während ich sprach, hatte ich schon zugeschlagen, und ich legte in diesen Schlag meine ganze Liebe, die ich für Steve Comb empfand.
Der Schlag fiel entsprechend aus, und Steve Comb fiel um. Er schlitterte einige Yards auf der Erde entlang und blieb für eine halbe Sekunde liegen.
Dann stützte er sich auf dem linken Ellbogen hoch und wollte mit der rechten Hand wieder in die Brusttasche. Ich war längst bei ihm. Er bekam die Pistole zwar noch halb heraus. Mein Tritt traf mit der Spitze des Schuhs sein Handgelenk. Seine Kanone flog in weitem Bogen weg, und er brüllte auf.
Wenn man sich wie ich von Zeit zu Zeit beruflich mit Gangstern zu schlagen hat, macht man bald die merkwürdige Feststellung, dass sie sich, wenn sie überrascht werden, auf seltsam laue Art und Weise wehren. Sicherlich versuchen sie an ihre Waffe zu kommen, aber sie tun es so ungeschickt, als wäre es ihnen nicht ernst. Manchmal dauert es eine halbe Minute oder länger, bis ihnen aufgeht, dass sie sich in einem Kampf um ihren Hals befinden. Dann freilich verwandeln sie sich von einem Augenblick zum anderen in einen menschlichen Panther in der Falle.
Dieser Augenblick kam jetzt bei Steve Comb. Er kapierte. Eigentlich erst,
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