KR127 - Ich bluffte den Hafenboß
ich konnte den Schlüssel nicht finden.
»Heh«, wandte ich mich an Comb, den Phil inzwischen im Fond verstaut hatte, »hast du den Wagen ohne Schlüssel geklaut?«
»Er ist nicht gestohlen. Ich habe ihn von einer Leihstelle.«
»Und der Schlüssel!«
Der Gangster überlegte »Ich zog ihn wohl ab, als ich ausstieg.«
»Durchsuche ihm die Taschen, Phil.«
Phil wühlte in Combs Garderobe.
»Tut mir Leid, Jerry, der Schlüssel ist nicht da.«
»Wahrscheinlich ist er Comb aus der Tasche gefallen, als wir uns balgten.«
»Wollen wir suchen?«, meldete sich Fend.
Ich winkte ab. »Es ist stockdunkel, und auch, wenn wir uns mit Scheinwerfer und Taschenlampe helfen, finden wir ihn doch nicht. Ihr wisst doch, wie es mit solchen Dingen geht. Man sucht und sucht, und wenn man es aufgibt, liegen sie einem vor der Nase. – Ihr bleibt hier mit diesem Goldstück. Ich laufe zur nächsten Telefonzelle und bestelle uns einen Wagen.«
Sie luden den Gangster wieder aus und zogen sich in den Schuppen zurück Ich machte mich auf den Weg zu einer Telefonzelle.
Pier 18 gehört zu den Anlagen des Europa-Quais, aber eine Telefonzelle haben sie beim Bau anscheinend vergessen. Verständlich, denn normalerweise geht man hier ja nicht spazieren. Natürlich stehen eine Menge Bürohäuser von Schifffahrtsgesellschaften hier, aber sie machten schon um fünf Uhr die Pforten dicht, und so dringend war die Angelegenheit nicht, dass ich deswegen einen Einbruch hätte unternehmen müssen.
Ich ging also ziemlich rasch von Pier 18 hinüber zu Pier 24 und von da zum Haupteuropa-Quai. Ich hielt nach einer Telefoniermöglichkeit Ausschau, aber ich sah keine.
Als ich den Hauptquai querte, auf dem sich ja das Holzhaus der Gewerkschaft befand, blickte ich natürlich dorthin. Ich ging in ungefähr 500 Yards Entfernung vorbei, aber ich sah doch, dass Licht hinter den Fenstern brannte.
Ich blieb stehen und überlegte. Donald Kent und seine Leute saßen hinter den schwedischen Gardinen, Steve Comb hatte ich vor einer halben Stunde höchstpersönlich aktionsunfähig gemacht. Wer also konnte sich noch in dem Bau herumtreiben?
Sollte der Hafen-Boss außer den mir bekannten noch ein paar Leute haben, die seine Geschäfte besorgten? Einen Mann oder sogar Männer, von denen niemand etwas wusste, vielleicht nicht einmal Lugger und Comb? Zuzutrauen war Kent das glatt.
Ich verschob das Telefonieren auf später. Erst musste ich feststellen, wer sich dort herumtrieb.
Die 500 Yards hatte ich in einer Minute geschafft. Tatsächlich brannte Licht, aber die Vorhänge waren zugezogen.
Ich legte die Hand auf die Klinke. Was konnte mir schon groß passieren. Selbst wenn Kent nicht hinter Gittern, sondern hinter dieser Tür wäre, so bestand keine Gefahr für mich. Für ihn war ich immer noch sein treuer Gefolgsmann.
Ich drückte die Klinke nieder und stieß die Tür auf. Vier Männer fuhren von ihren Sitzen auf. Im Hintergrund, der von den beiden Bürolampen nicht genügend erhellt war, erkannte ich die Umrisse eines fünften Mannes.
Die Männer starrten mich entgeistert an, aber ich starrte nicht weniger entgeistert zurück. Vor mir standen tatsächlich Donald Kent, Lugger, Vincon und Gomez, genau die vier Leute, die ich hinter Gittern wähnte.
***
»Komm herein, Billy«, sagte Donald Kent Er sagte es gewissermaßen, ohne den Mund dabei aufzumachen.
Ich schloss die Tür hinter mir. Ich sah gut die Gesichter der anderen. Irgend etwas war darin, etwas Fremdes und gleichzeitig Feindliches, aber ich muss gestehen, ich machte mir noch nicht genügend Gedanken darüber. Sie hatten ihre Sorgen, das wusste ich.
»Freue mich, dass ihr schon wieder aus dem Kittchen seid«, sagte ich harmlos. »Wie haben Sie das geschafft, Boss?«
»Wir bekamen eine Nachricht, die es uns geraten erscheinen ließ, das Kautionsverfahren zu beschleunigen«, antwortete Kent immer noch in der gleichen unangenehmen Art. »Der Richter entließ uns gegen eine Kaution von 50 000 Dollar.«
Ich wurde sehr hellhörig. Irgend etwas Unvorhergesehenes musste geschehen sein, und ich hatte so eine verdammte Ahnung, dass es einen Zusammenhang mit mir hatte. Ich fand die Vorschriften unserer Gerichtspraxis, die es jedem Richter ermöglichen, fast jeden Verbrecher gegen Kaution auf freien Fuß zu lassen, höchst unpassend. Am besten wäre hier ein schleunigster Rückzug, aber ich konnte mich gegen das Gefühl nicht wehren, dass Donald Kent diesen Rückzug nicht ohne weiteres billigen würde.
»Was
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