KR151 - Ich rettete 2 Millionen
mich in einem Polizeifahrzeug in meine Wohnung. Ich zog die Reste meines Anzugs aus, ließ die Wanne vollaufen und bettete mich hinein. Phil wusch mit der Zartheit einer Krankenschwester mein Gesicht und bepinselte die anschwellende Nase mit Jod. Später verband er mir noch die zerschnittenen Handflächen.
Ich muss sagen, mir ging es wesentlich besser, wie ich da so lag, und langsam begann auch mein Gehirn wieder zu funktionieren.
»Ich sage dir, Phil, dieser William Crisby – so hieß der Mann laut Ausweis – war die rechte Hand des Chefs und sein erster Vertrauter. Er übernahm den zweitschwersten Teil des Überfalls, die Funksprechzentrale, und erledigte dann seinen Helfer. Die hunderttausend Dollar waren die erste Rate. Der Chef wird sie vor seinem Abflug an einem bestimmten, vorher vereinbarten Ort deponiert haben. Allein daran, dass Crisby sich darauf einließ, siehst du, wie viel Vertrauen der Bandenchef und er zueinander hatten. Durch eine Mitteilung, ich nehme an, durch ein verschlüsseltes Funktelegramm vom Schiff aus, benachrichtigte er Crisby, dass ein Mann dem Massaker in der Bucht entkommen sei. Crisby machte sich auf die Suche nach ihm, und er muss ihn ziemlich gleichzeitig mit uns aufgestöbert haben, vielleicht auch schon früher, denn er kannte ihn ja. Mag sein, dass der Junge von der Baustelle zu vorsichtig war, so dass Crisby zunächst nicht an ihn heran konnte. Als wir ihn aber stellten, war er zum Handeln gezwungen, denn wenn der Bursche mit dem gebrochenen Nasenbein lebendig in unsere Hände fiel, kam unter Umständen keiner von ihnen in den richtigen Genuß der zwei Millionen. Und vergiss nicht, Crisby hatte hunderttausend davon schon in der Tasche. Er erschoss unseren Freund, als er sich ergeben wollte und Crisby damit keine Chance mehr hatte, dass wir dieses Geschäft für ihn besorgten. Er riskierte seinen Hals dabei, und er brach ihn ja auch. Jetzt bin ich gespannt, ob von Crisby eine Spur zu dem Mann hinter der Glasscheibe führt.«
»Für diese Spur interessieren wir uns morgen«, antwortete Phil. »Schlaf!« Und er klatschte mir einen frisch gefüllten Eisbeutel auf die Nase.
***
Es führte keine Spur von William Crisby zu dem Chef. Wir stellten das in den nächsten vierundzwanzig Stunden fest.
Aber dieser William Crisby, der so unerfreulich unter den Reifen eines Achtzig-PS-Wagens geendet hatte, bot uns in anderer Hinsicht eine Überraschung. Es stellte sich heraus, dass er ein Sohn durchaus achtbarer, braver Eltern gewesen war, beileibe kein dreimal vorbestrafter, hart gesottener Gangster, sondern ein Bursche mit anständiger Schulbildung, mit einigen Semestern Hochschule und einem guten Taschengeld.
Sein Vater besaß ein Lebensmittelgeschäft in Manhattan, einen ziemlich großen Laden, und er hatte eine Menge Geld in die Ausbildung seines Sohnes gesteckt. Crisby war auf dem College ein ausgezeichneter Sportler gewesen, ein guter Mittelgewichtler. Das erklärte die Härte des Schlags, den er mir verpasst hatte. Wir erfuhren die Namen einer Anzahl seiner Freunde. Wir überprüften diese Jungen in aller Eile. Es war keiner darunter, der für uns in Frage kam.
»Ich garantiere dir eins«, sagte ich zu Phil. »Die drei Leute, die von der Gang jetzt noch leben, die finden wir in keinem Verbrecheralbum der Staaten, so wenig, wie wir diesen Crisby darin gefunden hätten. Diese drei Leute sind von seinem Schlag. Intelligente Burschen mehr oder weniger vermögender Eltern, die in ihrem Leben noch keine Hand krumm gemacht haben. Kann sein, dass der Chef von anderer Sorte ist. Dann war er klug genug, bei seinem internen Stab nicht auf alte Verbrecher zurückzugreifen, sondern auf solche vor Abenteuerlust und Kraft strotzende Boys. Er lockte sie mit dem ganz großen Geld und mit dem Ruhm, ein großer, Al Capone in den Schatten stellender Gangster zu werden.«
Mr. High teilte meine Theorie über die Herkunft der letzten Mitglieder der Bande.
»Aber was sollen wir tun, Jerry?«, fragte er. »Wir können nicht warten, bis die Eltern oder sonstige Verwandte die Boys als vermisst melden. Wenn der Chef klug war, hat er dafür gesorgt, dass sie alle sich offiziell auf einer Trampfahrt oder auf sonst einer Tour befinden, so dass sich die Eltern vielleicht erst in sechs oder acht Wochen wundem, wo ihre Söhne bleiben. Die ›Saint Cyr‹ legt in drei Tagen in Le Havre an. Bis jetzt hat sie brav ihren Kurs gehalten. Ich denke, Sie und Phil nehmen morgen früh ein Sonderflugzeug.«
»Mit
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