Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
KR151 - Ich rettete 2 Millionen

KR151 - Ich rettete 2 Millionen

Titel: KR151 - Ich rettete 2 Millionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
Vom Netzwerk:
versteht. Man kommt sich so abhängig von ihm vor wie ein Säugling von seiner Amme, und man ist ihm auf Gnade oder Ungnade ausgeliefert.
    Phil suchte also das Hotel, Phil mietete ein Taxi, Phil verhandelte mit dem Wirt, Phil bestellte Whisky auf unser Zimmer, Phil arrangierte und organisierte alles. Ich wurde nur organisiert, und selbst, als ich ein Stückchen Eis für den Whisky wollte, musste ich ihn bitten, es dem Kellner zu sagen.
    »Okay«, sagte Phil nach dem Erfrischungstrunk, »ich denke, wir gehen jetzt zum Hafen und erkundigen uns, wann und wo die ›Saint Cyr‹ festmacht.«
    Ich lag lang auf dem Bett. »Geh allein«, knurrte ich. »Für mich ist dabei doch nichts zu tun. Und bring mir ein französisches Wörterbuch mit.«
    Er zog grinsend ab. Mir blieb nichts übrig, als mich intensiver mit der Whiskyflasche zu befassen.
    »Der Kahn ist dem Hafenamt für morgen früh avisiert«, berichtete er, als er am Abend zurückkam. »Er wird am Überseekai für Frachter anlegen, aber nach dem Duplikat der Schiffslisten hat er keine Passagiere an Bord.«
    »Haben sich die Burschen vielleicht als Matrosen getarnt?«
    ***
    Wir warteten es ab, aber als die Zeit da war, standen wir am Überseekai und lauerten darauf, dass die ›Saint Cyr‹ eingeschleppt würde. Natürlich standen wir nicht herum und starrten auf den Horizont, sondern gaben, so gut wie möglich, eine Original-Touristen-Vorstellung.
    Wir hatten jeder einen Strohhut auf, eine Kamera auf dem Bauch und einen Feldstecher vor der Brust, und wir knipsten, was das Zeug hielt, stolperten über zusammengelegte Taue und sprachen laut und deutlich blödsinniges Touristenamerikanisch, in dem es vor »very nice, wonderful, look at that« und so weiter nur so wimmelte.
    Zwischendurch äußerte Phil ziemlich normal: »Da kommt der Kahn.«
    Ein ziemlich schäbiger Zehntausend-Tonnen-Frachter wurde von zwei Schleppern an den Kai bugsiert. In verwaschenen Silberbuchstaben stand der Name am Heck: ›Saint Cyr‹.
    Es begannen die langwierigen Festmachungsmanöver. Dann gingen Arzt und Hafenbeamte an Bord.
    Ich musterte die Gestalten auf Deck. Kein Gesicht, das anders aussah, als Matrosengesichter gemeinhin aussehen können, erst recht kein Gesicht, dessen Profil an das hinter der Panzerglasscheibe erinnerte.
    Die Hafenbeamten kamen von Bord zurück. Die Ladebäume wurden ausgeschwenkt. Ein Kran fuhr heran, Winden quietschten, und um den Frachter begann ein ameisenhaftes Gewimmel.
    Ich dachte, dass Frechheit vielleicht das richtigste sei, fasste Phil am Ärmel und zog ihn mit. Dreist und gottesfürchtig gingen wir über die Laufplanke an Bord.
    Aber als ich eben den Eingang zu den Deckkajüten gefunden hatte, brüllte uns eine Stimme von der Brücke aus in einer absolut fremden Sprache an.
    Ich hob den Kopf. Ein rotes, vor Zorn jetzt noch röteres, versoffenes Seemannsgesicht mit einer Gold geschmückten Mütze auf dem Schädel hing weit über der Brückenreling.
    Ich sagte freundlich auf Englisch: »Sie erlauben uns doch die Besichtigung Ihres Schiffes, nicht wahr?«
    »Gehen Sie zur Hölle!«, brüllte er, und dann rief er zwei Namen, die sogar ich verstand: »Jean! Pierre!«
    Von irgendwoher tauchten zwei zünftige Seebären in Netzhemden auf. Der Kerl auf der Brücke schrie etwas auf Französisch, dessen Bedeutung mir Phil zuflüsterte: »Er befiehlt ihnen, uns über Bord zu werfen.«
    Die Piraten näherten sich uns. Einer sagte in schlechtem Englisch: »Von Bord, aber dalli!«
    »Okay, wir gehen schon«, brummte ich, aber es ging ihm wohl nicht schnell genug. Er stieß mich in den Rücken. Mir zuckte die Faust, aber das wäre keine Touristenantwort gewesen.
    »Was nun?«, fragte Phil, als wir wieder auf dem Kai standen.
    Von der Brücke der ›Saint Cyr‹, beobachtete uns immer noch argwöhnisch das Rotgesicht.
    »Trollen wir uns«, sagte ich.
    Wir trollten uns, aber nicht weit. Sobald wir außer Sicht waren, schlugen wir einen Bogen, suchten uns einen gedeckten Platz hinter einem Schuppen und beobachteten von dort aus das Schiff.
    Wir standen uns die Beine in den Bauch. Bis fünf Uhr ging kein Mensch von Bord. Um fünf Uhr wurde Feierabend gepfiffen. Etwa eine halbe Stunde später kreuzten die ersten landfein gemachten Seeleute auf. Wir spähten in ihre Gesichter, als suchten wir eine vermisste Geliebte.
    Es besteht ein Unterschied zwischen dem Gesicht eines Matrosen und dem eines Gangsters, der zwei Millionen in der Tasche hat. Wir durften doch mit ziemlicher

Weitere Kostenlose Bücher