KR159 - Ich kannte den Mörder
entlang und riß die Tür zu Morris’ Schlafzimmer auf. Morris stand am Bücherschrank, der aber in Wirklichkeit eine prächtige Hausbar enthielt, und goß sich einen scharfen Schnaps ein.
»Mir wird es langsam unheimlich«, sagte er. »George sagte mir vorhin, daß Tom erdolcht worden ist. Und jetzt die Frau! Cotton, mir wird unheimlich!«
»Das will ich wohl glauben«, sagte ich doppeldeutig und streifte neugierig durch den Raum.
»Wollen Sie auch einen Schnaps?« fragte Morris.
»Er könnte mir bestimmt nicht schaden«, erwiderte ich und nahm das winzige Glas.
Als ich unserem Gastgeber damit zuprostete, sah ich, daß er vor Angst kreidebleich war und am ganzen Körper zitterte.
»Eine Frage, Mr. Morris«, sagte ich. »Wie lange war eigentlich Borton schon mit Miß Brook verheiratet?«
Dem Hausherrn klirrte das Gläschen aus der Hand und zersprang auf dem Boden in winzige Stücke.
»Eh — ich — eh — ich weiß es nicht, was Sie meinen«, stammelte er nach einer Weile.
Ich nickte ernst.
»Haben Sie eine Pistole, Mr. Morris?« forschte ich weiter.
»Nein. Ich habe keine! Bestimmt nicht, Mr. Cotton!«
Ich war mit einem raschen Schritt bei seinem Nachtschränkchen, dessen 'Schublade nur dreiviertel zugeschoben war. Mit einem harten Ruck riß ich die Schublade heraus und hielt sie Morris hin:
»Und diese Pistole hier hat Ihnen wohl der Osterhase hineingelegt, was?« fragte ich kalt.
Morris schlotterte am ganzen Körper. Er wollte etwas sagen, brachte aber vor Entsetzen keinen Laut hervor.
Ich nahm die Pistole mit meinem Taschentuch auf und besah sie mir. Jemand hatte mit ihr innerhalb der letzten halben Stunde geschossen, im Magazin fehlte eine Patrone, und die Pulverspuren waren noch ganz frisch, auch konnte man das Pulver noch im Lauf riechen. Übrigens war es eine »Smith & Wesson 38«.
»Sie werden sicher nichts dagegen haben, daß ich mir eine Pistole mitnehme, die nach Ihrer eigenen Aussage Ihnen nicht gehört, nicht wahr?«
Morris konnte noch immer nichts sagen. Er tastete mit seinen fleischigen Fingern am Kragen seines Schlafanzuges herum, als ob er keine Luft bekäme.
Ich ging wortlos hinaus. In der Tür drehte ich mich noch einmal um und sagte bestimmt:
»Ziehen Sie sich sofort an, und gehen Sie hinunter in den Speisesaal. Wenn Sie nicht in fünf Minuten unten sind, prügle ich Sie eigenhändig die Teppe hinunter!«
Mit einem lauten Krach flog hinter mir die Tür ins Schloß.
Im Korridor lief mir wieder Phil über den Weg. Er rannte von einem Zimmer zum anderen, um die Leute in den Speisesaal zu schicken.
»Sag mal, wo hast du die Pistole eigentlich gefunden?« fragte ich ihn neugierig.
»Bei Doktor Werking lag sie auf dem Rauchtisch! Ich wollte ihm seine Arzneitasche holen, weil Miß Schuman ohnmächtig geworden war, da fand ich die Waffe. Wie gesagt, sie lag geradezu sträflich leichtsinnig offen auf dem Tisch.«
»Okay. Das wollte ich nur wissen.«
Ich stürmte weiter.
Mr. Hotcher kam in dem Augenblick aus dem Zimmer, als ich hinein wollte. Als er mich sah', erschrak er sichtlich und steckte schnell seine rechte Hand in die weite Tasche seines Bademantels.
»Ich muß mal eben ein Wort mit Ihnen reden«, sagte ich und wollte sein Zimmer betreten.
»Gehen Sie schon hinein«, sagt Hotcher. »Ich komme gleich zurück.«
Ich öffnete die Tür und sagte:
»Sie werden mit mir zusammen hineingehen!«
Hotcher warf trotzig seinen Kopf in den Nacken.
»Ich kann doch wohl tun und lassen, was ich will!« sagte er wütend.
»Solange Sie nicht ein Verbrechen begehen oder ein Verbrechen begünstigen oder die Aufklärung eines Verbrechens absichtlich beeinträchtigen — sicher. Also kommen Sie schon herein!«
Hotcher kümmerte sich nicht um mich und ging weg.
Mit einem Satz war ich bei ihm und riß ihn am linken Arm in sein Zimmer.
»Die Pistole bleibt hier!« sagte ich und riß ihrfi hart seine Hand aus der weiten Tasche des Bademantels.
Eine schwere »Smith & Wesson 38« löste sich aus seinen Fingern und fiel dumpf polternd zu Boden.
»Die Waffe gehört mir nicht! Glauben Sie mir, Mr. Cotton! Sie gehört mir nicht! Ich habe sie nie in Händen gehabt!« rief der Filmschauspieler.
»Natürlich«, sagte ich und schob die Pistole in meine Hosentasche. »Ziehen Sie sich an und kommen Sie dann gleich herunter in den Speisesaal. Ich brauche Sie dort!«
Ohne mich weiter um sein Gezeter zu kümmern, ging ich hinaus. Als ich die Tür schloß, sah ich noch, daß sich Hotcher verzweifelt
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