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Krabat (German Edition)

Krabat (German Edition)

Titel: Krabat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otfried Preußler
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Fremde hier war – und heute?«
    »Damals«, sagte der Altgesell, »musste er einspringen und das Dutzend voll machen. Aber seit Ostern sind wir ja wieder vollzählig in der Schwarzen Schule – jetzt kann er sich’s leisten, dass er die Neumondnächte mit Peitschenknallen verbringt.«

 
    Manchmal schickte der Meister die Mühlknappen paarweise oder in kleinen Gruppen mit Aufträgen über Land, um ihnen Gelegenheit zu verschaffen, die in der Schwarzen Schule erworbenen Kenntnisse anzuwenden.
    Eines Morgens kam Tonda zu Krabat und meinte: »Heut muss ich mit Andrusch nach Wittichenau auf den Viehmarkt. Wenn du mitkommen magst – der Meister ist einverstanden.«
    »Fein«, sagte Krabat. »Das ist mal was anderes als die ewige Müllerei!«
    Sie schlugen den Waldweg ein, der bei den Neudorfer Teichhäusern auf die Landstraße mündet. Es war ein schöner, sonniger Julitag. In den Zweigen ratschten die Häher, ein Specht ließ sein Klopfen hören, Schwärme von Bienen und Hummeln erfüllten die Himbeersträucher mit ihrem Gesumm.
    Krabat merkte, dass Tonda und Andrusch Gesichter machten, als ginge es auf die Kirmes. Das konnte nicht nur am schönen Wetter liegen. Andrusch war ja auch sonst ein lustiger Vogel und immer gut aufgelegt; aber dass Tonda vergnügt vor sich hin pfiff, kam selten vor. Zwischendurch knallte er mit dem Ochsenziemer.
    »Du übst das wohl«, meinte Krabat, »damit du es auf dem Heimweg kannst?«
    »Auf dem Heimweg?«
    »Ich denke, wir sollen in Wittichenau einen Ochsen kaufen.«
    »Im Gegenteil«, meinte Tonda.
    In diesem Augenblick machte es hinter dem Jungen »Muh!«. Als er sich umdrehte, stand da, wo eben noch Andrusch gestanden hatte, ein feister Ochse, rotbunt, mit glattem Fell, der ihn freundlich anglotzte.
    »He!«, sagte Krabat und rieb sich die Augen.
    Tonda war plötzlich auch weg. An seinem Platz stand ein altes wendisches Bäuerlein, Bastschuhe an den Füßen, die Leinenhosen vom Knöchel aufwärts mit Riemen verschnürt, einen Strick um den Kittel, die Mütze speckig, den Pelzrand kahl gewetzt.
    »He!«, sagte Krabat zum zweiten Mal; da klopfte ihm wer auf die Schulter und lachte.
    Als Krabat herumfuhr, erblickte er Andrusch wieder.
    »Wo bist du gewesen, Andrusch? Und wo ist der Ochs hin, der eben noch da stand, wo du jetzt stehst?«
    »Muh!«, sagte Andrusch mit Ochsenstimme.
    »Und Tonda?«
    Vor Krabats Augen verwandelte sich der Bauer in Tonda zurück.
    »Ach – so ist das?«, meinte der Junge.
    »Ja«, sagte Tonda, »so ist das. Wir werden mit Andrusch Staat machen auf dem Viehmarkt.«
    »Du willst ihn – verkaufen?«
    »Der Meister wünscht es so.«
    »Und wenn Andrusch geschlachtet wird?«
    »Keine Bange!«, versicherte Tonda. »Verkaufen wir Andrusch, so brauchen wir nur den Kopfstrick zurückzubehalten, an dem wir ihn führen: dann kann er sich jederzeit weiterverwandeln, in welche Gestalt auch immer.«
    »Und wenn wir den Strick aus der Hand geben?«
    »Untersteht euch!«, rief Andrusch. »Dann müsste ich für den Rest meiner Tage ein Ochse bleiben und Heu und Stroh fressen – haltet euch das vor Augen und macht mich nicht unglücklich!«
     
    Tonda und Krabat erregten mit ihrem Ochsen in Wittichenau auf dem Viehmarkt Aufsehen und Bewunderung. Die Viehhändler kamen von allen Seiten herbeigeeilt und umringten sie. Auch ein paar Bürger und einige Bauersleute, die ihre Schweine und Rinder bereits versilbert hatten, drängten heran. Solch einen fetten Ochsen gab es nicht alle Tage: da hieß es zugreifen, ehe ein anderer einem das schöne Tier vor der Nase wegschnappte!
    »Was kostet der Bursche?«
    Die Viehhändler sprachen von allen Seiten auf Tonda ein, lautstark rückten sie ihm aufs Leder. Der Krause-Fleischer aus Hoyerswerda bot fünfzehn Gulden für Andrusch, der krumme Leuschner aus Königsbrück sechzehn.
    Tonda schüttelte zu den Angeboten den Kopf. »Bisschen wenig«, erklärte er.
    Bisschen wenig? Er sei wohl nicht recht im Koppe! Ob er sie denn für dumm halte.
    Dumm oder nicht, meinte Tonda, das müssten die Herren selber am allerbesten wissen.
    »Schön«, sagte Krause aus Hoyerswerda, »ich geb dir achtzehn.«
    »Für achtzehn behalt ich ihn lieber selbst«, brummte Tonda. Er gab ihn auch Leuschnern aus Königsbrück nicht für neunzehn und Neubauers Gustav aus Senftenberg nicht für zwanzig.
    »Dann lass dich mitsamt deinem Ochsen einkümmeln!«, schimpfte der Krause-Fleischer; und Leuschner tippte sich an die Stirn und rief: »Blöd müsst

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