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Krabat (German Edition)

Krabat (German Edition)

Titel: Krabat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otfried Preußler
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unter freiem Himmel bis weit in den Abend. Der Meister war redselig und bei bester Laune. Er lobte Staschko und dessen Gehilfen für ihre Arbeit und hatte sogar für den dummen Juro ein gutes Wort übrig: dass der Braten vortrefflich sei und der Wein ein Labsal. Er sang mit den Burschen, er spaßte mit ihnen, er forderte sie zum Trinken auf und trank selber am meisten.
    »Lustig!«, rief er. »Nur lustig, Burschen! Der Neid könnte einen zwacken, wenn man euch sieht – ihr wisst nicht, wie gut ihr’s habt!«
    »Wir?«, fragte Andrusch, sich an den Kopf fassend. »Hört ihr das, Brüder und Mitgesellen – der Meister beneidet uns!«
    »Weil ihr jung seid.«
    Der Meister war ernst geworden, aber er blieb es nicht lange; er fing zu erzählen an: von der Zeit, als er selbst noch ein Müllerbursche gewesen war, etwa in Krabats Alter.
    »Ich hatte da einen guten Freund, wie ihr wissen müsst – der hieß Jirko. Wir haben zusammen gelernt, auf der Mühle in Commerau. Später sind wir dann miteinander losgezogen, auf Wanderschaft, kreuz und quer durch die Lausitz, ins Schlesische auch und nach Böhmen hinüber. Wenn wir zu einem Müller gekommen sind, haben wir immer gefragt, ob er Arbeit für zwei hat, denn einzeln hätten wir nicht erst angefangen, der Jirko und ich. Gemeinsam war’s besser und lustiger. Jirko hat immer dafür gesorgt, dass wir was zu lachen hatten. Und arbeiten hat er können – für drei, wenn es sein musste. Und die Mädchen sind hinter uns her gewesen, das glaubt ihr nicht!«
    Der Meister war ins Erzählen gekommen. Ab und an unterbrach er sich, um zu trinken, dann nahm er den Faden auf und erzählte weiter: wie Jirko und er eines Tages in eine Schwarze Schule geraten waren, wie sie in sieben Jahren das Zaubern erlernt und nach Ablauf der Lehrzeit aufs Neue begonnen hatten im Lande umherzuwandern.
    »Einmal«, erzählte der Meister, »sind wir auf einer Mühle im Dienst gewesen, unweit von Coswig, da ist eines Tages der Kurfürst mit einer Jagdgesellschaft vorbeigekommen, die haben da Rast gemacht, auf der Wiese hinter dem Mühlenweiher, im Schatten der Bäume.
    Wir Müllerburschen, auch Jirko und ich, haben hinter den Büschen gestanden und ihnen zugeschaut, wie sie getafelt haben. Zwei Diener hatten ein Tischtuch ins Gras gebreitet, da lagerten nun der Kurfürst und seine Jagdgäste außen herum und aßen von silbernen Tellern, was ihnen die Diener vorsetzten: Wachtelpastetchen mit Trüffeln und Wildbret und dreierlei Wein dazu – und zum Nachtisch gab’s Zuckerzeug, alles auf Packpferden mitgeführt, in mächtigen Tragkörben.
    Wie nun der Kurfürst, auch er noch ein junger Mann damals – wie er mit seinen Damen und Herren zu Ende gespeist hat, stößt er zum Zeichen, dass er nun satt und zufrieden ist, einen lauten Rülpser aus. Dann meint er, es sei ihm nach dieser Mahlzeit im Freien so wohl zumute, dass er sich stark fühle wie zwölf Ochsen. Und wie er uns Burschen hinter den Büschen stehen und glotzen sieht, schreit er uns zu, dass ihm jemand ein Hufeisen bringen soll, aber rasch, sonst zerreißt es ihn noch vor Kraft!
    Nun wussten wir ja, dass der Kurfürst es angeblich fertigbrachte, ein Hufeisen mit den Fäusten entzweizubrechen, krickskracks in der Mitte durch. Wir konnten uns also denken, wozu er das Eisen haben wollte, und Jirko lief in die Mühle und holte ihm eines aus dem Pferdestall.
    ›Hier, Euer Allerdurchlauchtigste Gnaden!‹
    Der Kurfürst packte das Eisen an beiden Enden. Die Jägerburschen, die mit den Pferden und Hunden ein wenig abseits lagerten, waren schon aufgesprungen, sie spitzten die Lippen und setzten die Hörner an – und im Augenblick, wie der Kurfürst das Hufeisen auseinanderbricht, fangen sie an zu blasen, aus voller Lunge, die Backen aufgeplustert wie Orgelbälge. Unterm Geschmetter der Jagdhörner hält der Kurfürst die beiden Hälften des Hufeisens in die Höhe und zeigt sie herum. Dann fragt er die Herren der Jagdgesellschaft, ob einer von ihnen imstande sei, ihm das nachzumachen.
    Alle verneinen das, nur unsern Jirko sticht wieder einmal der Hafer. Er tritt vor den Kurfürsten hin und behauptet: ›Ich kann, mit Verlaub, was viel Besseres – nämlich das Hufeisen wieder ganz machen.‹
    ›Das‹, meint der Kurfürst, ›kann jeder Grobschmied.‹
    ›Mit Blasbalg und Schmiedefeuer‹, räumt Jirko ein – ›doch schwerlich mit bloßen Händen!‹
    Er wartet nicht ab, was der Kurfürst erwidert. Er nimmt ihm die beiden Teile

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