Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Krabat (German Edition)

Krabat (German Edition)

Titel: Krabat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otfried Preußler
Vom Netzwerk:
des Hufeisens einfach weg. Dann presst er sie mit den Bruchstellen gegeneinander und spricht eine Formel.
    ›Zu Gnaden!‹, sagt er.
    Der Kurfürst reißt ihm das Hufeisen aus der Hand, er beguckt sich’s von allen Seiten: das Eisen ist heil und ganz, wie aus einem Guss.
    ›Ach was!‹, knurrt der Kurfürst. ›Er kann Uns nicht weismachen, dass das hält!‹
    Zum zweiten Mal will er das Hufeisen auseinanderbrechen, das kann ja nicht schwer sein, denkt er. Aber da hat er die Rechnung ohne den Jirko gemacht! Er zerrt und zerrt an dem Eisen, dass ihm die Adern am Hals hervortreten, fingerdick. Der Schweiß rinnt ihm von der Stirn, die Augen drohen ihm aus dem Kopf zu fallen. Zuerst wird er rot im Gesicht wie ein Puter, dann veilchenfarben und schließlich dunkelblau. Seine Lippen sind weiß vor Anstrengung, weiß und schmal wie zwei Kreidestriche.
    Dann, plötzlich, lässt der Herr Kurfürst das Eisen fallen. Quittengelb ist er nun vor Zorn.
    ›Die Pferde!‹, befiehlt er. ›Wir reiten!‹
    Er ist aber kaum in den Sattel gekommen, so schwach ist er auf den Beinen gewesen, der Allerdurchlauchtigste. Und um die Mühle dort, in der Nähe von Coswig, hat er seitdem einen großen Bogen gemacht.«
     
    Der Meister trank und der Meister erzählte: aus seiner Burschenzeit und von Jirko, vor allem von ihm. Bis Michal ihn fragte, was denn aus diesem Jirko geworden sei; da war es schon spät und die Sterne standen am Himmel und hinter dem Giebel des Pferdestalls kam der Mond herauf.
    »Aus Jirko?« Der Meister umfasste mit beiden Händen den Weinkrug. – »Den hab ich umgebracht.«
    Die Burschen riss es von ihren Bänken hoch.
    »Ja«, wiederholte der Meister. »Ich hab ihn umgebracht – und ich werde euch eines Tages erzählen, wie es dazu gekommen ist. Jetzt aber bin ich durstig – drum Wein her, Wein her!«
    Der Meister betrank sich, ohne ein weiteres Wort zu sagen, bis er in seinen Lehnstuhl zurückfiel, starr wie ein Toter.
    Es grauste die Burschen bei seinem Anblick. Sie brachten es nicht über sich, ihn ins Haus zu tragen, und ließen ihn draußen sitzen, bis er am anderen Morgen von selbst erwachte und sich zu Bett schlich.

 
    Bisweilen geschah es, dass wandernde Müllerburschen zur Mühle im Koselbruch kamen und, wie es Brauch und ihr gutes Recht war, den Müller um Wegzehrung und Quartier baten. Damit hatten sie aber beim Meister am Schwarzen Wasser kein Glück; denn obgleich er dazu verpflichtet gewesen wäre, den reisenden Knappen für einen Tag Kost und Herberge für die Nacht zu gewähren, hielt er sich nicht an den Zunftgebrauch, sondern wies sie mit höhnischen Reden ab. Er wolle mit Tagedieben und streunendem Pack nichts zu tun haben, fuhr er sie an, für derlei Gesindel habe er weder Brot im Kasten noch Brei im Topf: sie sollten sich auf der Stelle zum Kuckuck scheren, sonst werde er sie mit Hunden bis nach Schwarzkollm hetzen.
    Dies genügte zumeist, um die Wandergesellen loszuwerden. Falls aber einer aufmuckte, wusste der Müller es einzurichten, dass sich der arme Teufel sogleich von Hunden gehetzt glaubte, wild mit dem Wanderstecken um sich schlug und schreiend das Weite suchte.
    »Wir brauchen hier keine Schnüffler«, pflegte der Meister zu sagen, »und unnütze Fresser auch nicht.«
    Im Hochsommer war es, an einem schwülen, bleiernen Tag. Dunstschleier hingen über dem Koselbruch, die Luft war so zäh, dass das Atmen schwerfiel. Vom Mühlgraben ging ein strenger Geruch aus, nach Algen und Faulschlamm: bald würde es ein Gewitter geben.
    Krabat hatte sich’s nach dem Mittagessen im Schatten der Weidenbüsche am Ufer des Mühlenweihers bequem gemacht. Die Hände im Nacken verschränkt, lag er rücklings im Gras und kaute auf einem Halm. Er war matt und schläfrig, ihm fielen die Augen zu.
    Mitten im Eindösen hörte er jemand mit lautem Gepfeife des Weges kommen. Als er die Augen öffnete, stand ein Wanderbursche vor ihm.
    Der Fremde, ein langer und dürrer, schon etwas älterer Mensch von zigeunerhaft dunkler Hautfarbe, trug einen hohen, merkwürdig spitzen Hut und im linken Ohrläppchen einen schmalen Goldring. Sonst war er wie alle wandernden Müllerburschen gekleidet, mit weiten Leinenhosen, ein Handbeil im Gürtel, das Reisebündel am Riemen über der linken Schulter. »Zum Gruß, Bruder!«, rief er.
    »Zum Gruß«, sagte Krabat gähnend. »Woher, wohin?«
    »Von dorther nach dahin«, meinte der Fremde. »Bring mich zu deinem Müller!«
    »Der sitzt in der Meisterstube«, erwiderte

Weitere Kostenlose Bücher