Krach der Kulturen um einen Fahrstuhl an der Piazza Vittorio - Roman
Beispiel auch der Araber Abdu, der an der Piazza Vittorio Fisch verkauft. Dieser Idiot provoziert mich dauernd und strapaziert arg meine Nerven. Mal gibt er Brief und Siegel darauf, dass ein echter Muslim Arabisch können muss, mal kritisiert er meinen Nachnamen Amir Allah als Beleidigung des Islam. Er sagte mal:
»Ich heiße Abdellah und du heißt Amir Allah. Würdest du Arabisch verstehen, dann würdest du auch den Unterschied kapieren zwischen Abdellah, was ‚Sklave Gottes’ und Amir Allah, was ‚Prinz Gottes’ bedeutet.«
Darauf habe ich ihm geantwortet, dass das der Name meines Vaters sei und ich ihn niemals ändern würde. Und da sagte er, ich sei ein Falschgläubiger, weil ich mich für einen über Gott stehenden Prinzen hielte. Der Typ ist ein extremistischer Araber und er verdient es, dass man ihm die Zunge abschneidet.
Nach Signor Amedeo wird gefahndet? Ich kann nicht glauben, dass was dran ist an diesen Anschuldigungen. Wirklich perplex war ich wegen einer Meldung, die in allen Nachrichtensendungen lief: Signor Amedeo sei kein Italiener, sondern ein Einwanderer wie ich. Ich trau den Fernsehjournalisten ja nicht, weil sie immer auf den Skandal aus sind und alle Probleme so aufblasen. Und wenn ich höre, was sie alles Schreckliches über die Piazza Vittorio sagen, fange ich schon an zu zweifeln: Sprechen die – das frag ich mich dann – wirklich von demselben Ort, wo ich seit zehn Jahren lebe, oder doch eher von der Bronx, die wir in den Krimis sehen?
Signor Amedeo ist ein feiner Mensch, gut und fein wie Mangosaft. Er hilft uns auf den Ämtern, wenn’s drum geht, Widerspruch einzulegen, und gibt uns nützliche Ratschläge bei allen Problemen mit der Bürokratie. Ich weiß noch gut, wie er mir dabei geholfen hat, das Problem zu lösen, das mir ein Magengeschwür verursacht hat. Alles fing damit an, dass ich im Polizeipräsidium meine Aufenthaltsgenehmigung abgeholt habe und mir auffiel, dass sie darauf Vor- und Nachnamen vertauscht hatten. Ich erklärte ihnen, dass mein Vorname Iqbal sei und mein Nachname Amir Allah, was auch der Name meines Vaters ist, weil es in Bangladesh Tradition ist, dass hinter dem Vornamen von Jungen und Mädchen der Name des Vaters steht. Aber alle meine Bemühungen waren umsonst. Ich bin jeden Tag zum Kommissariat gegangen, so lange, bis der Inspektor eines Tages die Geduld verlor:
»Ich zum Beispiel heiße Mario Rossi, und es gibt keinen Unterschied zwischen Mario Rossi und Rossi Mario, so wie es auch keinen zwischen Iqbal Amir Allah und Amir Allah Iqbal gibt!«
Dann, mit der Aufenthaltsgenehmigung in der Hand:
»Bist du das auf dem Foto?«
»Ja.«
»Ist das deine Unterschrift?«
»Ja.«
»Ist das deine Adresse?«
»Ja.«
»Ist das dein Geburtsdatum?«
»Ja.«
»Also gibt es doch überhaupt kein Problem, oder?«
»Doch, es gibt ein großes Problem. Ich heiße Iqbal Amir Allah und nicht Amir Allah Iqbal!«
Da wurde er wütend und drohte mir:
»Du kapierst einen Scheißdreck! Wenn du noch einmal kommst, zerreiße ich deine Aufenthaltsgenehmigung, bring dich zum Flughafen Fiumicino und setze dich eigenhändig ins erste Flugzeug, das nach Bangladesh fliegt! Ich will dich hier nicht wiedersehen, verstanden?«
Ich hab das sofort mit Signor Amedeo besprochen und ihm gestanden, dass Amir Allah Iqbal mir Angst macht und dass es künftig einen Riesenhaufen Probleme geben könnte wegen meines verdrehten Namens. Nehmen wir zum Beispiel nur mal an, Amir Allah Iqbal wäre ein ausgekochter Verbrecher oder ein gesuchter Drogenhändler oder ein gefährlicher Terrorist wie dieser Pakistani Yussef Ramsi, der erst kürzlich von den Amerikanern geschnappt wurde. Wie sollte ich denn beweisen, dass meine Kinder wirklich meine sind, wenn ich diese neue Identität annehmen würde? Wie sollte ich beweisen, dass meine Frau wirklich die Meine ist? Was passiert, wenn jemand unsere Heiratsurkunde anschaut und entdecken würde, dass nicht ich der Ehemann meiner Frau bin, sondern jemand anderer, der sich Iqbal Amir Allah nennt? Wie sollte ich mein Geld von der Bank abheben? Nach diesem heftigen Gefühlsausbruch versprach mir Signor Amedeo, dass er etwas unternehmen würde, um mich von diesem Alptraum zu befreien.
Er hielt sein Versprechen und ging ein paar Tage später mit mir zum Polizeipräsidium in der Via Genova. Es war das erste Mal, dass ich auf ein Polizeibüro wollte und nicht eine oder zwei Stunden warten musste. Ein Freund von ihm empfing uns, Kommissar Bettarini. Er bat mich,
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