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Kräuter-Code: Zehn Kurzgeschichten aus dem schwulen Leben (German Edition)

Kräuter-Code: Zehn Kurzgeschichten aus dem schwulen Leben (German Edition)

Titel: Kräuter-Code: Zehn Kurzgeschichten aus dem schwulen Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad , Jannis Plastargias , C. Dewi , Gerry Stratmann
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mir heraus. Hinein in das Latex, nur in der Illusion in den Körper unter mir.
    Kein Feuerwerk, keine erlösende Supernova, kein Regenbogen hinter geschlossenen Lidern. Nur das Rauschen von Sperma, das sich seinen Weg bahnt.
    Der Augenblick der Entspannung ist kurz und rein körperlicher Natur. Im Kopf kommt das Glücksgefühl nicht an. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob es über meinen Schwanz
hinausgeht. Es zündet nicht, kein Funkenflug, die Nervenautobahnen sind verschlossen.
    Es bleiben Schuld und Zärtlichkeit.
    Ich kann Antonios Körper nur erahnen. Wir haben auf seinen Wunsch doppelte Vorhänge im Schlafzimmer angebracht. Der Stoff ist so fest gewebt, dass er keinen Lichtstrahl nach innen
dringen lässt.
    Antonio mag es nicht, bei Licht mit mir zu schlafen.
    Als ich mich vorsichtig aus ihm löse, rollt er sich grunzend auf die Seite. Er wird bald einschlafen. Ich kenne ihn gut genug. Er hat einen langen Arbeitstag hinter sich, und ich komme mir
wie ein Schwein vor, dass ich ihm mit meiner Geilheit Schlaf geraubt habe.
    Antonio drückt und klopft sein Kissen zurecht. Als es die passende Form angenommen hat, macht er sich zufrieden lang. Er wird nicht noch einmal aufstehen, um sich zu waschen, oder um sich
einen Pyjama anzuziehen. Die Erschöpfung zeigt sich in seinem Schweigen und in der gelösten Kurve seines Nackens.
    Er schläft immer nackt, wie ich auch. Seltsam, wenn man bedenkt, wie ungern er sich unbekleidet zeigt.
    Dabei gibt es nichts, was er verstecken müsste.
    Er ist der Gutaussehende von uns beiden. Während ich seit Jahren darum kämpfe, meinen Bauch im Zaum zu halten, und das Ergrauen meiner Schläfen mit Wehmut beäuge, hat Antonio
sich über die Jahre kaum verändert. Sein jugendliches Wesen ist ihm geblieben und scheint auf seine äußere Erscheinung abzufärben.
    Die natürliche Bräune seiner glatten Haut, seine rabenschwarzen Haare, das kühle Grau seiner Augen, um die sich kaum mehr als Krähenfüße gebildet haben. Der Mund,
den ich so gern küsse, benutze, berühre. Die verführerische Länge seiner Beine, die in die festen Hügel seines Hinterns übergeht.
    Gut, ich bin voreingenommen. Vermutlich ist Antonios Kehrseite weniger straff als damals, als wir uns kennenlernten. Auch könnte es sein, dass seine Züge herber geworden sind; die
Vorstufe zur sichtbaren Alterung.
    Aber darauf kommt es nicht an. Er ist, wer er ist und soll nicht anders sein. Ich bin stolz auf ihn, ich will ihn, ich liebe ihn.
    Es war ein weiter Weg zu dieser Erkenntnis, aber ich bereue nicht, mich auf ihn eingelassen zu haben.
    Der Duft von Basilikum steigt mir in die Nase. Es lässt sich nicht vermeiden, dass man ab und zu den Geruch von Kräutern oder Zwiebeln im Bett hat, wenn man mit einem Koch verheiratet
ist.
    Antonio ist äußerst talentiert. Ich weiß, wovon ich rede, denn ich liebe gutes Essen und bilde mir ein, es zu erkennen, wenn man es mir vorsetzt. Außerdem teilt der
Küchenchef des 5-Sterne-Hotelrestaurants, in dem Antonio arbeitet, meine Meinung. Erfreulicherweise weiß besagter Koch die Meisterschaft meines Mannes zu schätzen und fühlt
sich nicht von ihr bedroht, sodass er ihm kürzlich klaglos die Planung der italienischen Wochen im Hotel überlassen hat.
    Seitdem riecht es bei uns im Schlafzimmer eben nach Basilikum. Und im Bad. Und in der Küche, wenn Antonio versucht, die legendären Rezepte seiner verstorbenen Urgroßmutter in
sich wach zu kitzeln.
    Es ist ein Privileg, ihn beim Kochen zu beobachten. Seine Stirn ist gerunzelt, der Blick verhangen. Wenn seine schlanken Finger die Blätter des Basilikums von den Stängeln rupfen und
er sie prüfend zur Nase führt, möchte ich den Platz des Krauts einnehmen. Er bringt dem Basilikum eine ganz und gar körperliche, sinnliche Aufmerksamkeit entgegen, die er mir
schon lange nicht mehr gönnt. Antonio greift lustvoll in die Blätter, streichelt sie, zerreibt sie zwischen den Fingern, kostet und atmet mit geschlossenen Augen ihren Duft ein.
    Vielleicht hört er sie flüstern. Vielleicht erzählen sie ihm, wie sie von ihm behandelt werden möchten; als Teil eines meisterlichen Festmahls.
    Er hat mir einmal gesagt, dass das Kochen für ihn eine Form von filigraner Kunst ist. Es ist viel mehr als das Zusammenwerfen von Kartoffeln, Wurst und Gemüse zu einem Eintopf.
    Es ist ein ehrenwertiges Handwerk, das Fingerspitzengefühl, Kreativität und einen sechsten Sinn verlangt. Ein Hauch Muskat zu viel, eine Spur Cayenne-Pfeffer zu wenig,

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