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Kräuterkunde

Kräuterkunde

Titel: Kräuterkunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf-Dieter Storl
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Leibern veranlagte. Sie vermitteln zwischen Makrokosmos und Mikrokosmos, zwischen den transsinnlichen und den sinnlich materiellen Aspekten des Seins.
    Die Großhirnrinde (Neo-Kortex), hat zu 80 Prozent mit erlerntem Verhalten und zu 20 Prozent mit den Sinnen zu tun. Mit der Menschwerdung, die vor etwa vier Millionen Jahren ihren Anfang nahm, kam es zu einer wahrhaft pilzartigen Explosion dieses Hirnteils. Zeitgefühl, abstraktes Denken und das Ego, ja die ganze menschliche Kultur, Sprache und erlerntes Verhalten sind darin verankert.
    Entwicklungsgeschichtlich viel älter ist dagegen das Althirn, das wir mit den Reptilien und Ursäugern gemeinsam haben. Hier ist der Instinkt, die natürliche Weisheit der Spezies, verankert. Hier entstehen die Reflexe. Hier wird unmittelbar – gedankenlos – auf die Umwelt reagiert. Geschlechtstrieb, Freßtrieb, Flucht und Aggression, territoriales Verhalten und Rhythmus haben hier ihren Sitz.
    Zwischen dem archaischen alten Hirn und dem Neuhirn vermittelt das
limbische System
, das auch
retikuläres Aktivierungssystem
genannt wird. Das limbische System koordiniert Seele und Körper, das Innen mit dem Außen. Durch die Sinne vermittelte äußere Eindrücke ebenso wie vom Großhirn ausgehende gedankliche Impulse, Vorstellungen und Ideen werden in diesem Zwischenhirn in somatische Reaktionen umgewandelt. Der Kern, die zentrale Schaltstelle des retikulären Aktivierungssystems, ist der Hypothalamus. Er ist das »Hirn des Hirns«. Wie der chinesische Kaiser, der, ohne etwas zu tun, ohne beschäftigt zu sein, mitten in der Hauptstadt in seinem Palast sitzt und dennoch das ganze Reich steuert und reguliert, herrscht auch der Hypothalamus über das psychosomatische Geschehen.
    Unter anderem reguliert erfolgende Funktionen:
    • die Körpertemperatur,
    • das autonome Nervensystem,
    • die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse), die neurologische Reize in endokrine Prozesse überträgt,
    • das Hungergefühl,
    • die Lust.
    Unter normalen Umständen funktioniert die Vermittlung des Zwischenhirns relativ gut. Gelegentlich kommt es je doch zu Unstimmigkeiten zwischen den Prioritäten des Althirns und denen der Großhirnrinde. Den Reizen entsprechend gibt das Reptilienhirn dem Körper die hormonischen und reflektorischen Signale zur Paarung, zum Angriff, zur Flucht oder zum Fressen. Doch das von der Kultur geprägte Großhirn (das Über-Ich Freuds) sagt oft »Nein!« Will beispielsweise etwa das »Tier« in uns, der alte gehörnte, haarige Teufel, den unsympathischen Nachbarn erschlagen, dessen Frau vergewaltigen und ihm den Kühlschrank leer fressen, verwehrt ihm das der »Engel«, der das im Neokortex verankerte soziale Gewissen personifiziert.
    Die Kontrolle, die der Neokortex über die subkortikalen Zentren ausübt, ist oft zu streng. (
Pelletier 1988:49
) Langfristig erzeugt das unerträgliche Spannungen. Besonders in der heutigen Zeit wird das zum Problem. Die Impulse, die vom Fernsehen, Videospiel oder Kino auf uns zukommen, die fesselnden Szenen von Sex, Gewalt und Aktion, reizen das alte Reptil zu Reaktionen, die jedoch nicht ausgelebt werden dürfen. Zu den Anzeichen, daß das »Tier« in Aufruhr ist, gehören Verdauungsstörungen, Schlaflosigkeit, Impotenz, Herzklopfen, Verspannungen, Hämorrhoiden und dergleichen.
    Alte Kulturen kommen dem zuvor mit jahreszeitlichen Festen, mit wilden Narrentreiben, in denen »die Sau herausgelassen« wird, und mit feierlichen Zeremonien, die mit den animalischen Tiefen kommunizieren. Dazu kommen die »rites de passage«, die den Instinkten Rechnung tragen: die Übergangsriten in der Pubertät sowie die Riten, die bei Hochzeit, Geburt, Amtsantritt oder Tod den sozialen Rollenwechsel erleichtern. Wenn es dennoch zu krankmachenden Unstimmigkeiten kommt, gibt es traditionelle Heilmethoden, besonders die der Schamanen.
    Um das Oben mit dem Unten zu verbinden, um die Instinkte mit den kulturellen Erwartungen in Einklang zu bringen, wird getrommelt, getanzt und gesungen. Rhythmus ist die Sprache der archaischen Schichten unseres Nervensystems, nicht die logische Argumentation. Der monotone Klang bringt das kluge Geschwätz des Großhirns zum Schweigen und beruhigt das aufgebrachte Reptilienhirn, so daß die mit dem Kosmos verbundene Weisheit des Körpers wieder zur Geltung kommen kann.
    Das Schamanisieren geht einher mit Räucherungen, von denen wir wissen, daß sie den Neokortex umgehen und über die Nase direkt auf das limbische System einwirken.

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