Kräuterkunde
Weihrauch, Sandelholz, Wachholder und der amerikanische Steppenbeifuß haben samt und sonders eine beruhigende Wirkung. Die Räucherstoffe, wie auch anhaltendes Tanzen, bewirken die Ausschüttung von körpereigenen neurochemischen Stoffen, etwa das schmerzstillende, euphorisierende Encephalin, das schmerzstillende Endrophin oder das beruhigende, entspannende Serotonin. Die Düfte wirken auf verschiedene Bereiche, die sich der unmittelbaren Kontrolle des Neokortex entziehen – mit anderen Worten, sie kommunizieren mit dem Reptil.
Auch die traditionellen Schamanenkräuter, die bewußtseinserweiternden Pflanzen gehören hierher. Es sind, wie Albert Hoffmann jüngst sagte, »Psychovitamine«. Und es kommt nicht von ungefähr, daß unser Hirn Rezeptoren für derartige Wirkstoffe hat. Auch sie sind als Gaben Gaias zu verstehen und dienen dem harmonischen Ganzen. Nachtschattengewächse, Hanf, Pilze und andere psychotrope Kräuter ermöglichen (allerdings nur in Händen des kompetenten Schamanen, der um ihre Zubereitung und Anwendung weiß) Kontakt mit den tieferen Schichten unseres neurobiologischen Systems und können zu einer Neustrukturierung, einer Harmonisierung beitragen. Die dadurch bewirkten Veränderungen werden als heiliges, das heißt »heilendes« Geschehen erlebt, als Begegnung mit den Göttern, Ahnen und Geistern. Leider haben wir kaum mehr Schamanen in unserem Kulturkreis. Sie wurden gnadenlos verfolgt und als Hexen verbrannt, so daß wir über den Umgang mit den psychotropen Pflanzen und den inneren Welten, die sie offenbaren, nichts mehr wissen. Es ist nicht leicht, diesen Zugang wieder herzustellen. Vor Pseudo-Schamanen des NewAge sei gewarnt!
Der Schamanistische Heiler behandelt den ganzen Menschen. Aber auch die spezifischen Symptome des Stresses, die sich – je nachdem, wo der Schwachpunkt des Körpers liegt – in dem einen oder anderen Organ bemerkbar machen, werden innerhalb des Schamanistischen Heilsystems behandelt. Wenn sich die Spannung als Herzangina äußert, werden herzspezifische Kräuter verwendet; wenn der Streß auf die Nieren geht, werden Nierenkräuter genommen. Wesentlich ist, daß das Heilmittel, egal wo es wirkt, mit einem Spruch, Mantra oder Segenswunsch verabreicht wird. Es geht also nicht nur um die Wirkstoffe. Auch der Spruch – der sich an transsinnliche Helfer, an die Götter oder an den Geist der Pflanze wendet – wirkt als Impuls in den subkortikalen (unterbewußten) Zentren und wird in eine somatische Wirkung umgesetzt.
Das autonome Nervensystem und die Heilkräuter
Das vegetative Nervensystem wird auch als das autonome Nervensystem bezeichnet, da es sich gewöhnlich unserer bewußten Kontrolle entzieht. Es reagiert unter Anleitung des Hypothalamus automatisch auf Streß und Reize. Nicht persönliche Willkür, sondern die mit den kosmischen Rhythmen verbundene evolutionäre Weisheit der Art ist hier am Werk. Zwar sind echte Schamanen oder Yogis imstande, ihren Herzschlag, ihre Verdauung und ihre Körpertemperatur willentlich zu beeinflussen, aber auch sie tun das nicht aus bloßer Neugierde.
Das System ist zweigeteilt. Der
Sympathikus
ist für Erregung zuständig, für die Vorbereitung auf Kampf oder Flucht; der
Parasympathikus
sorgt für das Wiederabregen, für Entspannung. In einer bedrohlichen Situation springt der Sympathikus in Aktion: Die Muskeln verspannen sich, auch die Venen; das endokrine Drüsensystem wird aktiviert, unter anderem durch Ausschüttung von Adrenalin; die Pupillen erweitern sich, daß man vor Angst oder Wut nur verschwommen sehen kann; wie bei den Tieren stehen die Haare zu Berge, der Nacken versteift sich; die Atmung wird schnell und flach; die Verdauung wird abgestellt, der Mund ist trocken, die Peristaltik lahmgelegt, der Afterschließmuskel verkrampft; das Herz pocht auf Hochtouren; um möglichen Blutverlust zu vermeiden, zieht sich das Blut aus den äußeren Kapillaren zurück, es gibt kalte Füße und Blässe; kalter Schweiß tritt auf die Stirn; die Glieder zittern, und an Sex ist überhaupt nicht zu denken. Ist die vermeintliche Gefahrensituation vorüber, kommt der Parasympathikus zum Zuge: Die Muskeln entspannen sich, die Verdauung funktioniert wieder, der Bissen bleibt nicht mehr im Hals stecken. Der unschuldige Afrikaner, der sich der Giftprobe unterziehen muß, kann dank des Parasympathikus den Trank erbrechen. Auch der Beischlaf kann wieder problemlos vollzogen werden.
Natürlich kann die parasympathische Reaktion auch
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