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Kräuterkunde

Kräuterkunde

Titel: Kräuterkunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf-Dieter Storl
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ausgelegt. Auch das Wasser wird mit heiligen Beifußstengeln auf die glühenden Steine gespritzt. Tabak – er nimmt bei den Indianern die Stelle des Bilsenkrauts ein – wird an die Geister geopfert, und mit heiligem Süßgras wird geräuchert. Das Grundverständnis dabei ist, daß der heilige Ort auch der heilende Ort ist.
    Heilkräuter gehören immer mit zum Schwitzhüttenritual, einige werden geräuchert, andere getrunken. Die Indianer des Westens, etwa die Cheyenne oder die Sioux, trinken den stark schweißtreibenden
Monardenminztee
(
Monarda fistulosa
). Wir kennen diese »Indianerminze« inzwischen als rot, purpur oder orange blühende Gartenstaude und könnten sie genausogut als Schwitzkraut verwenden. Um die Schleimhäute vor der extremen Hitze zu schützen, kauen die Indianer
Süßholzstengel
(Lakritze). Weiter werden das immunstärkende
Sonnenhutkraut
(
Echinaceae
),
Sagebrush, Wachholder
(
Juniper
) und andere aromatische Kräuter auf den heißen Steinen verdampft. Die östlichen Waldlandindianer tranken ebenfalls Schwitzkräuter: die Irokesen
Holunder
(
Sambucus canadiensis
),
Wasserdost
(
Eupatorium perfoliatum
) oder eine Kreuzblumenart (Seneca snakeroot;
Polygala senega
). Bei Grippe kam ein Tee der
Hemlock-Tanne
(
Tsuga canadiensis
) hinzu, bei anderen Krankheiten wiederum andere Kräutertees. Bei Muskelschmerzen wurden
Hexenhasel
zweige (Hamamelis) auf den glühenden Steinen verdampft. (
Vogel 1982:254
)
    Die Schulmediziner hielten nicht viel von diesen primitiven Praktiken, aber wie wir schon gesehen haben, fand die Schwitz- und Kräuterkur mit Samuel Thomson begeisterte Aufnahme in der amerikanischen Volksheilkunde. Auch die Pennsylvania-Deutschen übernahmen viele indianische Heilpflanzen in ihre »Schwitzgegreider« (Schwitzkräuter), darunter den »Fiewerbaum« (Sassefras), das Wintergrün (Pipsissewa,
Pyrola umbellata
), die Virginia Snakeroot (
Aristochlia serpentaria
), und mischten sie mit den Schwitzkräutern ihrer ehemaligen allemannischen Heimat, dem Sanikel, Löwenzahnwurzeln und Berufskräutern.
    Eine weitere Überhitzungstherapie, die wir nicht übergehen wollen, sind die Schlenzbäder. Maria Schlenz beschreibt sie in dem 1932 erschienen Buch
So heilt man unheilbar scheinende Krankheiten
. Wie bei den traditionellen Schwitzbädern fastet der Patient vorher, Kolon und Blase werden entleert. Bis auf das Gesicht wird er dann in eine große Wanne getaucht. Das Wasser hat anfangs Körpertemperatur, wird aber innerhalb von 20 Minuten auf 40 Grad gesteigert. Je nach Heilzweck werden Kräuterauszüge aus verschiedenen Heilpflanzen oder Heublumen zugesetzt. Nach einer Stunde steigt der Patient aus, wird massiert oder gebürstet und zum Nachschwitzen gut ein gepackt. Das Bad wird ein- bis dreimal pro Woche durch geführt und durch Diät und Heilkräuter unterstützt. (
Meyer-Kamberg 1990:315
)

Wie man
kräuterkundig
wird
Flachs
    (Linum usitatissimum)

Irgendwo in Siebenbürgen lebte einmal ein bettelarmer Schafhirte mit seiner Familie. Oft, während er auf den kargen Weiden seine Schafte hütete, streifte sein Blick wehmütig in die Ferne zu den Schneebergen, die da so erhaben, rein und blau leuchteten. Eines Tages überwältigte ihn das Verlangen, dorthin zu gehen. Er überließ die Herde seinem treuen Hund und machte sich auf den Weg.
    Der Pfad führte durch düstere Felsenschluchten und dann immer höher, bis der Schnee das Weiterkommen schwierig machte. Plötzlich stand unmittelbar vor ihm ein Palast aus Eis und Schnee. Verwundert trat er durch das Eisportal. Herrliche Kristalle schimmerten im bläulichen Licht. Gold, Silber und Edelsteine lagen da in großen Haufen. Während er sich staunend umschaute, erschien plötzlich eine wunderschöne Frau, eine Feenkönigin. In ihrer weißen Hand hielt sie eine blaue Blume. Sie grüßte den Hirten freundlich und sagte ihm, er solle auswählen, was er wolle. Er dürfe seinen Rucksack mit soviel Gold und Edelsteinen füllen, wie er nur tragen könne. Er sah die schöne Fee an und sagte, am liebsten hätte er die blaue Blume.
    »Du hast gut gewählt! Diese Blume ist das Kostbarste, was ich besitze«, sagte sie und reichte sie ihm.
    Da verschwand der prächtige Palast, und er stand allein auf dem schimmernden Schneefeld. Weit unten im Tal sah er sein Heimatdorf. Ich muß mich beeilen, dachte er, sonst wird es noch finster, bevor ich zu meiner Herde zurückkomme. Er lief so schnell er konnte, bis er endlich zur Weide kam, die er am frühen Morgen

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