Kräuterkunde
das bekommen solle, wisse er nicht. Doch die Schwestern wußten sich zu helfen, haben in der Natur Schöllkrautblätter gesammelt, den Saft gepreßt …« (
Treben 1988:49
)
Mehr als ein halbes Jahr lag sie im Krankenhaus. Auch danach litt sie noch immer an krampfartigen Durchfällen, Erbrechen und Schmerzen, die ihren Körper »wie ein Schwert durchbohrten«. Es ging ihr erst richtig besser, als ihr eines Tages eine fremde Frau ein kleines Fläschchen mit einer dunkelbraunen, stark riechenden Flüssigkeit in die Hand drückte. Es waren Schwedenkräuter.
Etwas erwachte damals in ihr, gleichzeitig mit ihrer Genesung: ihre Heilergabe. Ihre schwere Erkrankung war die »Einweihungskrankheit«, die kein Schamane umgehen kann. Dadurch gewann sie ein unerschütterliches Vertrauen in die Gottesapotheke, so daß sie sagen konnte: »Für mich gibt es keine hoffnungslosen Fälle!«
Jahre später, mit dem Tod ihrer Mutter zu Lichtmeß 1961, verstärkte sich ihr Sendungsbewußtsein. »Seither hatte ich das bestimmte Gefühl, in die Heilkräuterkunde hineingedrängt zu werden. Es kamen neue Erfahrungen hinzu, und allmählich wuchs ich mit einem sicheren Gefühl in die Heilkräuter aus der Apotheke Gottes hinein. Es war, als ob mich eine höhere Macht lenken, vor allem die Gottesmutter, die große Helferin aller Kranken, mir den sicheren Weg weisen würde. Das Vertrauen zu Ihr, die Verehrung und das Gebet vor einem alten, wunderbaren Marienbild, das auf seltsame Art in meine Hände und damit in meinen Besitz gelangte, hat in Zweifelsfällen jedesmal geholfen.« (
Treben 1980:4
)
Es ist bemerkenswert, daß es an Lichtmeß war, dem uralten keltischen Fest der Brigitte, der Göttin der Heiler und Schamanen, als sie die Berufung spürte. Das ist kein bloßer Zufall. Fast immer gibt es im Leben derjenigen, die ihre Seele den Göttern geöffnet haben, solche synchronistische Übereinstimmungen.
Ebenso bemerkenswert ist, daß diese Berufung Anfang der sechziger Jahre stattfindet. Immer wenn die Zeiten besonders böse werden, wenn die Menschen ihren Weg verlieren, werden die Götter, Geister und Ahnen aktiv. Auch in dieser Zeit, in der materialistische Ideologien die Welt in atomwaffenstarrende, feindselige Machtblöcke spaltete und sich zügelloses Konsumverhalten mit einer katastrophalen Umweltzerstörung koppelte, wurden die Pflanzendevas besonders aktiv. Sie inspirierten viele sensitive Menschen: Schamanen wie die mazatekische Maria Sabina offenbarten Geheimnisse; giftfreie Wundergärten wie Findhorn oder Aigues Vertes entstanden; die Blumenkinder sangen von der erlösenden Liebe, und mit ihnen erwachte das Interesse an sanfterer Medizin, an einem freundlicheren Umgang mit unseren Mitgeschöpfen, an natürlicher Geburt, an sanften, bewußtseinserweiternden Pflanzendrogen, an Blütenessenzen und Aromatherapie, an Heilkräutern und Schamanentum.
Nach ihrer Berufung zog Maria Treben immer mehr Menschen in ihren Bann. Sie ging dabei, natürlich unter strenger Wahrung ihres katholischen Glaubens, recht schamanistisch vor. Sie spricht von wunderbaren Eingebungen und übersinnlicher Hilfe: Ein alter Herr schenkte ihr ein schönes, altes Kräuterbuch. Sie ist aber zu beschäftigt, um es sich richtig anzusehen. Sechs Monate verstreichen, doch dann eines Nachts gegen Mitternacht ist ihr, als würde sie sanft an den Schultern wachgerüttelt. Sie denkt an das Kräuterbuch, schlägt es auf und liest: »Wenn bei Glieder und Muskelschwund nichts mehr hilft, so nimm dieses: Hirtentäschel, klein geschnitten, zehn Tage mit Kornschnaps in Herdnähe oder der Sonne ausgesetzt, damit täglich eingerieben, innerlich vier Tassen Frauenmanteltee.« Sie schlägt das Buch zu und schläft fest ein. Ein paar Tage später ruft eine 52jährige Krankenschwester aus Wien an und bittet um Rat: Sie sei völlig hilflos durch Muskelschwund und könne ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen. »Als ich ihr das obige Rezept angeraten hatte und sie nach drei Wochen gesund zu mir nach Grieskirchen kam, erfuhr ich, daß sie an diesem Tag, an dem ich gegen Mitternacht aus dem Schlaf geweckt wurde, eine Pilgerfahrt zur Muttergottes nach San Damiano in Italien gemacht hatte. Auf dem Rückweg im Autobus verwies sie ein Herr, der ihre Hilflosigkeit sah, an mich.« (
Treben 1980:22
)
Selbstverständlich sollte man die Kur nicht verallgemeinern. Es gibt keine Garantie, daß das Hirtentäschel, das sonst vor allem als blutstillendes Mittel in Betracht kommt, auch jeden, der an
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