Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
Telephone parkten in der Nähe. Mikrowellenantennen ragten vom mittleren Gebäude empor. Auf dem freien Gelände waren Rotlichter kreisförmig in den Boden eingelassen worden, ein kleiner Windsack hing schlaff an seinem Metallpfosten.
    »Muß es sein«, sagte Saul Laski.
    Vor ihren Augen kam ein Mann in Hemdsärmeln aus der mittleren Bauhütte und ging raschen Schrittes zu einem der drei Toilettenhäuschen, die zwanzig Meter entfernt in der Nähe der parkenden Autos standen.
    »Ist einer von den Typen der, der mit Ihnen geredet hat?« fragte Marvin.
    »Wahrscheinlich«, sagte Saul. Sie waren inmitten der Berge Altmetall mit Sicherheit nicht zu sehen, dennoch duckten sich Gentry und die anderen hinter Achsen, Reifen und zusammengedrückten Verdecks.
    Marvin sah auf die Uhr. »Noch fünf Stunden, bis es dunkel wird«, sagte er. »Dann machen wir es.«
    »Gottverdammt«, fauchte Gentry. »Müssen wir so lange warten?«
    Wie als Antwort rauschte ein schlanker Helikopter von Norden her, kreiste einmal über dem Grundstück und landete in dem Kreis roter Lichter. Ein Mann im dick gefütterten Parka sprang heraus und lief zur Kommandobrücke. Saul nahm Marvin das Fernglas ab und konnte gerade noch Charles Colbens rundes Gesicht sehen. »Mit dem Mann solltet ihr nicht spaßen«, sagte er. »Wir warten, bis er wieder fort ist.«
    Marvin zuckte die Achseln.
    »Gehen wir«, sagte Gentry. »Ich werde auf eigene Faust weiter nach Natalie suchen.«
    »Nein«, sagte Saul, dessen Stimme von dem Gesichtsschutz gedämpft wurde. »Ich komme mit.«
    »Suchen Sie nach ihrer Leiche?« fragte Saul Laski, während die beiden im Geröll eines weiteren halbverfallenen Reihenhauses stocherten.
    Gentry setzte sich auf eine neunzig Zentimeter hohe Backsteinmauer. Man konnte den letzten Rest des dunstigen Tageslichts durch Risse in der Decke und Löcher im Dach darüber erkennen. »Ja«, sagte Gentry. »Wahrscheinlich schon.«
    »Glauben Sie, Melanie Fullers Agent hat sie getötet und an so einem Ort liegenlassen?«
    Gentry sah nach unten und zog die Ruger heraus. Sie war voll geladen. Entsichert. Die Mechanik, die Gentry heute morgen geölt hatte, funktionierte einwandfrei. Er seufzte. »Das wäre wenigstens eine Bestätigung. Weshalb sollte die alte Frau sie am Leben lassen, Saul?«
    Saul fand das Bruchstück einer Mauer, auf das er sich setzte. »Ein Problem bei der Arbeit mit Psychopathen ist, daß ihre Gedankenprozesse nicht so einfach einsichtig sind. Ich glaube, das ist gut. Wenn jeder die Funktion eines psychopathischen Verstands begreifen würde, wären wir zweifellos alle selbst dem Wahnsinn nahe.«
    »Sind Sie ganz sicher, daß diese Fuller eine Psychopathin ist?«
    Saul spreizte die Finger der rechten Hand. Er hatte den Gesichtsschutz hochgezogen, bis dieser behelfsmäßig eine Mütze bildete. »Sie ist nach jeder Definition, die wir heute haben, reif für die geschlossene Anstalt. Das Problem besteht jedoch nicht darin, daß sie sich das verdrehte und verzerrte Weltbild eines Psychopathen zu eigen gemacht hat, sondern daß ihre Gabe ihr ermöglicht, diese Welt zu bestätigen und zu erhalten.« Saul rückte sich die Brille zurecht. »Das war das grundsätzliche Problem mit Nazideutschland. Eine Psychose ist wie ein Virus. Sie kann sich vermehren und beinahe willentlich ausbreiten, wenn sie vom Wirtskörper akzeptiert und freiwillig weitergegeben wird.«
    »Wollen Sie damit sagen, daß Nazideutschland wegen Menschen wie Ihrem Standartenführer und Melanie Fuller so geworden ist?«
    »Überhaupt nicht«, sagte Saul mit einer so festen Stimme, wie Gentry sie noch nie gehört hatte. »Ich bin nicht einmal sicher, ob diese Leute überhaupt richtige Menschen sind. Ich betrachte sie als mit einem Makel behaftete Mutationen - Opfer einer Evolution, die fast eine Million Jahre unter anderen Eigenschaften interpersonelle Dominanz gezüchtet hat. Es sind nicht die Standartenführer oder Melanie Fullers oder selbst die Barents oder Colbens dieser Welt, die gewaltorientierte faschistische Gesellschaftsformen erschaffen.«
    »Was dann?«
    Saul deutete auf die Straße, die jenseits der geborstenen Fensterscheiben zu sehen war. »Die Bandenmitglieder glauben, daß Dutzende FBI-Agenten an dieser Operation beteiligt sind. Ich würde sagen, daß Colben der einzige von ihnen ist, der auch nur über einen Hauch dieser bizarren Mutantenfähigkeit verfügt. Die anderen lassen zu, daß sich das Virus der Gewalt ausbreitet, weil sie >nur ihren Befehlen

Weitere Kostenlose Bücher