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Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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geöffneten Fenster drang der Duft von Palmwedeln und Mimosen herein.
    Die Ausrüstung wurde hereingebracht und aufgestellt. Es war seltsam, das grüne Leuchten eines Oszilloskops in meinem vertrauten Schlafzimmer zu sehen. Eine Minute lang waren alle da - Dr. Hartman und seine neue Frau, Schwester Oldsmith, die ihre letzten medizinischen Aufgaben ausführten, Howard und Nancy mit dem kleinen Justin zwischen sich, als würden sie für ein Familienfoto posieren, die junge Schwester Sewell, die mich vom Fenster her anlächelte, Culley an der Tür, der fast den ganzen Türrahmen ausfüllte und in seiner weißen Arzthelferuniform nicht weniger eindrucksvoll aussah, und auf dem Flur gerade noch sichtbar Marvin, der Frack und Krawatte trug und weiße Handschuhe auf den sauber geschrubbten Händen trug.
    Es gab ein kleines Problem mit Mrs. Hodges, auf das Howard mich aufmerksam gemacht hatte; sie war bereit, das Haus nebenan zu vermieten, aber nicht zu verkaufen. Das war unakzeptabel für mich.
    Aber damit würde ich mich am Morgen beschäftigen. Vorerst einmal war ich zu Hause - zu Hause - und von meiner Familie umgeben, die mich liebte. Zum ersten Mal seit Wochen würde ich wirklich schlafen. Es würde kleinere Probleme geben - Mrs. Hodges war eines davon -, aber damit würde ich mich morgen herumärgern. Morgen war auch noch ein Tag.
     

39. Kapitel
     
    10.500 Meter über Nevada: Sonntag, 4. April 1981
     
    »Spielen Sie es noch einmal ab, Richard«, sagte C. Arnold Barent.
    Die Kabine der umgebauten Boeing 747 wurde verdunkelt, dann tanzten die Bilder wieder über den Videomonitor: Der Präsident drehte sich um, als ihm eine Frage zugerufen wurde, hob die linke Hand zum Winken und verzog das Gesicht. Dann Schüsse, ein Durcheinander. Ein Geheimagent sprang nach vorn und schien von einem unsichtbaren Draht auf die Zehen gezogen zu werden. Die Schüsse hörten sich leise und unwirklich an. Wie durch Zauberei erschien eine Uzi- Maschinenpistole in der Hand eines anderen Agenten. Mehrere Männer rangen einen jungen Mann zu Boden. Die Kamera schwenkte und zoomte auf einen gestürzten Mann mit Blut auf der Glatze. Ein Polizist lag mit dem Gesicht nach unten da. Der Agent mit der Uzi duckte sich und schnauzte Befehle wie ein Verkehrspolizist, während andere mit dem Attentäter kämpften. Der Präsident war von einer Horde Agenten in seine Limousine gestoßen worden, jetzt fuhr das lange Auto vom Bordstein an und ließ Chaos und den Lärm der Menge hinter sich.
    »Gut, gehen Sie jetzt auf Standbild, Richard«, sagte Barent. Das Bild der davonfahrenden Limousine blieb auf dem Schirm, während in der Kabine das Licht wieder anging. »Meine Herren?« sagte Barent.
    Tony Harod blinzelte und sah sich um. C. Arnold Barent saß auf der Kante seines großen, geschwungenen Schreibtischs. Telefon- und Computerleitungen funkelten hinter ihm. Vor den Kabinenfenstern war es dunkel, der Lärm der Schubdüsen wurde durch die Teakholztäfelung des Kabineninneren gedämpft. Joseph Kepler saß Barent im Kreis genau gegenüber.
    Keplers grauer Anzug sah frisch gebügelt aus, seine schwarzen Schuhe glänzten. Harod betrachtete das auf zerknautschte Weise hübsche Gesicht und überlegte sich, daß Kepler große Ähnlichkeit mit Charleton Heston hatte und beide Arschlöcher waren. Auf einem Sessel bei Barent saß zusammengesunken der Reverend Jimmy Wayne Sutter und hatte die Hände über seinem stattlichen Bauch gefaltet. Sein langes weißes Haar glänzte im Licht der eingelassenen Deckenbeleuchtung. Sonst war nur noch Barents neuer Assistent anwesend, Richard Haines. Maria Chen und die anderen warteten in der vorderen Kabine.
    »Sieht ganz so aus«, sagte Jimmy Wayne Sutter, dessen kanzel erprobte Stimme rollte und hallte, »als hätte da jemand versucht, unseren geliebten Präsidenten zu ermorden.«
    Barents Mundwinkel zuckten. »Das liegt auf der Hand. Aber warum sollte Willi Borden das Risiko eingehen? Und war Reagan das Opfer, oder ich?«
    »Ich habe Sie in dem Filmausschnitt nicht gesehen«, sagte Harod.
    Barent warf dem Filmproduzenten einen Blick zu. »Ich stand fünfzehn Schritte hinter dem Präsidenten, Tony. Ich war gerade zum Nebenausgang des Hilton gekommen, als wir die Schüsse hörten. Richard und meine anderen Leibwächter haben mich sofort wieder in das Gebäude hineingedrängt.«
    »Ich kann immer noch nicht glauben, daß Willi Borden etwas damit zu tun hatte«, sagte Kepler. »Immerhin wissen wir jetzt schon mehr als letzte

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