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Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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eingeprägt habe, sich durch posthypnotische Suggestion abrufen läßt, konnte den Auslösemechanismus aber noch nicht einrichten. Der Theta-Rhythmus ist unmöglich nachzuahmen, und den Peak der Alpha-Wellen konnte ich nicht stimulieren.«
    »Also war Ihre ganze Arbeit umsonst«, sagte Natalie.
    »Bis jetzt ja«, stimmte Saul zu.
    »Werden Sie etwas schlafen?« fragte sie.
    »Später«, sagte Saul. »Ich werde noch ein paar Stunden daran arbeiten.«
    »Na gut«, sagte Natalie. »Ich mache noch Kaffee, bevor ich auf mein Zimmer gehe.«
    »Prima.«
    Natalie ging in die kleine Kochnische, stellte Wasser auf eine Heizplatte, gab einen zusätzlichen halben Kaffeelöffel in jede Tasse, damit er besonders stark wurde, und rührte sorgfältig genau die richtige Menge Phenthiazin unter, die Saul ihr in Kalifornien gezeigt hatte, falls sie Tony Harod betäuben mußte.
    Saul zuckte ein wenig zusammen, als er den ersten Schluck trank.
    »Wie ist er?« fragte Natalie, die an ihrer eigenen Tasse nippte.
    »Köstlich und stark«, sagte Saul, »wie ich ihn mag. Sie gehen jetzt besser zu Bett. Ich bin vielleicht noch lange hiermit beschäftigt.«
    »Gut«, sagte Natalie. Sie gab ihm einen Kuß auf die Wange und ging durch die Tür in ihr angrenzendes Zimmer.
    Dreißig Minuten später kam sie leise wieder herein und trug einen langen Rock, dunkle Bluse und einen leichten Pullover. Saul war auf dem grünen Vinylsessel eingeschlafen, Computer und EEG waren noch eingeschaltet, und er hatte einen Stapel Dossiers auf dem Schoß. Natalie schaltete die Geräte aus, legte die Ordner zusammen mit einer kurzen Nachricht auf den Schreibtisch, nahm Saul die Brille ab und deckte ihn mit einer leichten Decke zu. Bevor sie ging, berührte sie ihn einige Augenblicke zärtlich an der Schulter.
    Natalie vergewisserte sich, daß sich nichts Wertvolles in dem Kombi befand. Das C-4 war im Schrank in ihrem Zimmer verstaut, die Zünder in dem von Saul. Sie dachte an den Motelschlüssel und brachte ihn in ihr Zimmer. Sie nahm weder Börse noch Paß mit und nichts, das zusätzliche Informationen geben konnte.
    Natalie fuhr vorsichtig in die Altstadt und beachtete Ampeln und Geschwindigkeitsbeschränkungen. Sie parkte den Kombi in der Nähe von Henry’s Restaurant, genau wie sie es Saul in der Notiz beschrieben hatte, und ging die wenigen Blocks zu Melanie Fullers Haus zu Fuß. Die Nacht war dunkel und feucht, das dichte Laub schien sich über ihr zu vereinigen, das Sternenlicht abzuhalten und den Sauerstoff aufzusaugen.
    Als sie die Villa Fuller erreicht hatte, zögerte Natalie nicht. Das hohe Tor war abgeschlossen, aber mit einem verzierten Klopfer versehen. Natalie schlug Metall auf Metall und wartete in der Dunkelheit.
    In keinem Gebäude brannte Licht, abgesehen von dem grünen Leuchten in Melanie Fullers Zimmer. Es ging auch kein Licht an, aber nach einer Minute näherten sich zwei Männer in der Dunkelheit. Der größere der beiden kam nach vorn geschlurft, ein haarloser Fleischberg mit kleinen Augen, verschleiertem Blick und dem mikrozephalischen Schädel des unheilbar Zurückgebliebenen. »Was wollen Sie?« murmelte er und betonte dabei jedes Wort, als wäre es von einem defekten Sprachsynthesizer gebildet worden.
    »Ich möchte mit Melanie sprechen«, sagte Natalie laut. »Sagen Sie ihr, Nina ist hier.«
    Mehr als eine Minute lang bewegte keiner der Männer einen Muskel. Insekten gaben Geräusche im Unterholz von sich, ein Nachtvogel flatterte aus einer hohen Palme beim Panoramafenster im ersten Stock des alten Hauses. Irgendwo, mehrere Blocks entfernt, schrie eine Sirene einen einzigen, anhaltenden Schmerzensschrei hinaus und wurde unvermittelt unterbrochen. Natalie konzentrierte sich darauf, aufrecht auf Beinen stehen zu bleiben, die vor Angst weich geworden waren.
    Schließlich sprach der hünenhafte Mann. »Kommen Sie.« Er öffnete das Tor mit einer Schlüsseldrehung und einem Ruck, zog Natalie in den Hof und sperrte hinter ihr die Tür wieder zu.
    Jemand öffnete die Eingangstür von innen. Natalie sah nur Dunkelheit dahinter. Sie schritt rasch zwischen den beiden Männern voran und betrat das Haus, den Arm noch immer im eisernen Griff des Hünen.
     

54. Kapitel
     
    Melanie
     
    Sie sagte, sie käme von Nina.
    Eine Minute hatte ich solche Angst, daß ich mich in mich selbst zurückzog, vom Bett zu kriechen versuchte, meinen rechten Arm und das Bein bewegte und die gelähmte linke Seite meines Körpers mitschleppte wie totes Fleisch.

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