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Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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beschloß, Mr. Thorne den Fernseher ein für allemal entfernen zu lassen.
    Es war keine gute Idee gewesen, das farbige Mädchen zu >benützen<. Jetzt war sie tot - jedenfalls ging ich davon aus, ich verspürte nicht den Wunsch, Justin zu ihrer Leiche gehen zu lassen -, und Justin saß meilenweit von zu Hause entfernt in diesem Park fest. Ich wich noch weiter von dem Parkplatz zurück und ging auf den Zaun zu. Einer der Geschäftsmänner drehte sich um und kam in meine Richtung, worauf ich zu ihm herumwirbelte, den Ast hob und fauchte wie ein Raubtier. Der Mann warf mir lediglich einen Blick zu und ging weiter zum Picknickpavillon, wo sich die Toiletten befanden Ich ließ Justin kehrtmachen und zum Zaun laufen, wo er am äußersten Ende des Parks stehenblieb und den Rücken gegen das kalte Schmiedeeisen drückte.
    Aus diesem Blickwinkel war der Leichnam des farbigen Mädchens nicht zu sehen. Zwei Männer stiegen an meinem Ende des Parkplatzes von schweren Motorrädern und näherten sich mir.
    Culley und Howard rannten in die Garage, um den Cadillac zu holen. Howard mußte wieder aus dem Auto aussteigen und das Garagentor aufmachen. Es war dunkel da drinnen.
    Schwester Oldsmith gab mir eine Spritze, um meinen rasenden Herzschlag zu bremsen. Das Licht war seltsam, es fiel über Mutters Steppdecke am Fußende, spiegelte sich vom Wasser des Cooper River in Justins Augen und drang gedämpft durch die schmutzigen Garagenfenster, wo Howard nach dem Riegel tastete.
    Miß Sewell stolperte auf der Treppe, der farbige Junge in der Küche stöhnte ohne ersichtlichen Grund, Justins Blick verschwamm, klärte sich wieder, dann waren noch mehr Menschen auf dem Gras ... es war schwer, so viele auf einmal zu kontrollieren, ich hatte Kopfschmerzen, ich richtete mich im Bett auf und betrachtete mich selbst durch Schwester Oldsmiths Augen - wo blieb Dr. Hartman?
    Hol dich der Teufel Nina!
    Ich machte die Augen zu. Meine sämtlichen Augen, nur nicht die von Justin. Es bestand kein Grund zur Panik. Justin war zu klein, das Auto zu fahren, selbst wenn er die Schlüssel gefunden hätte, aber durch ihn konnte ich jeden >benützen<, den er sah, um ihn nach Hause fahren zu lassen. Aber ich war so müde. Ich hatte Kopfschmerzen.
    Culley stieß mit dem Cadillac rückwärts durch das geschlossene Garagentor, wobei er um ein Haar Howard überfahren hätte, dann raste er ohne diesen die Straße entlang, während Trümmer verrotteten Holzes auf Haube und Heckscheibe folgen.
    Ich komme, Justin. Du mußt dir keine Sorgen machen. Und selbst wenn sie dich mitnehmen, sind noch andere da, die hier bei mir bleiben.
    Und wenn alles nur ein Ablenkungsmanöver war? Culley war fort. Howard kroch in der Garage herum und versuchte, wieder auf die Füße zu kommen. Was war, wenn Ninas Agenten in diesem Augenblick durch das Tor hereinkamen? Über den Zaun kletterten?
    Ich konzentrierte mich darauf, den schwarzen Jungen namens Marvin mit einer Axt von der hinteren Veranda nach vorn zu schicken. Er versuchte sich zu wehren. Es dauerte nur eine Sekunde, nicht einmal eine Sekunde, aber er versuchte, sich zu wehren. Meine Konditionierung war zu schwach gewesen. Zuviel von seiner ursprünglichen Persönlichkeit war erhalten geblieben.
    Ich zwang den farbigen Jungen, auf den Hof zu gehen, am Springbrunnen vorbei. Niemand war da. Miß Sewell gesellte sich dazu und hielt Wache. Ich weckte Dr. Hartman aus seinem Nickerchen im Salon der Hodges und holte ihn im Laufschritt zu mir. Schwester Oldsmith holte eine Schrotflinte aus dem Schrank und zog einen Stuhl dicht neben das Bett. Culley befand sich auf der Meeting Street und näherte sich der Ausfahrt Spruit Avenue bei den Marineanlagen. Howard hielt im Garten Wache.
    Ich fühlte mich besser. Erlangte die Kontrolle wieder. Es war einfach die alte Panik gewesen, die nur Nina hervorrufen konnte. Jetzt war es vorbei. Wenn jemand Justin bedrohte, würde ich dafür sorgen, daß sich der oder die Betreffende selbst auf dem schmiedeeisernen Zaun aufspießte. Ich würde sie mit größtem Vergnügen dazu bringen, daß sie sich selbst die Augen herausrissen und ...
    Justin war fort.
    Während meine Aufmerksamkeit abgelenkt gewesen war, hatte ich ihn seiner eigenen Konditionierung überlassen. Hatte ihn mit dem Rücken zum Zaun und dem Fluß stehen lassen, einen sechsjährigen Jungen, der mit seinem Stock die Welt auf Distanz hielt.
    Er war fort. Ich empfing überhaupt keine Sinneseindrücke mehr. Ich hatte keinen Aufprall gespürt, weder

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