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Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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fünfzehnminütigen Umweg auf sich zu nehmen und Maria Chen auf Barents Jacht abzusetzen, einem glänzenden weißen Ding so lang wie ein Football-Feld mit einer stromlinienförmigen Hülle und weißen Kuppeln und Aufbauten, in denen Radar und Barents allgegenwärtige Kommunikationseinrichtungen untergebracht waren. Harod stellte zum tausendstenmal fest, daß C. Arnold Barent zu den Leuten gehörte, die stets gern mit allem in Verbindung standen. Ein stromlinienförmiger Helikopter, der aussah, als wäre er für die Mitte des einundzwanzigsten Jahrhunderts entworfen worden, stand auf dem Fächerschwanz des Hecks, Rotoren im Leerlauf, aber nicht abgeschaltet, und schien nur darauf zu warten, sich auf einen Befehl seines Herrn und Meisters hin Richtung Landesinneres in Bewegung zu setzen.
    Im Wasser wimmelte es von Booten: schlanke Schnellboote, die Wachpersonal mit M-16s transportierten; die unförmigen Radarwachboote mit ihren kreisenden Antennen; verschiedene Privatjachten, flankiert von den Schutzfahrzeugen von einem Dutzend Ländern; und ein Zerstörer der US-Marine eine Meile draußen, der sichtbar wurde, als sie um die Ecke der Insel Richtung Hafen kamen. Das Ding war eindrucksvoll, schiefergrau und schlank wie ein Hai, es pflügte mit Höchstgeschwindigkeit durch das Wasser auf sie zu, Radar schüsseln drehten sich und Wimpel flatterten, und es vermittelte den Eindruck eines hungrigen Jagdhunds, der auf einen wehrlosen Hasen zugelaufen kam.
    »Scheiße, was ist denn das?« rief Harod dem Mann zu, der das Schnellboot fuhr.
    Der Mann im gestreiften Hemd grinste und ließ weiße Zähne gegen braune Haut aufblitzen, dann sagte er: »Das ist die U.S.S. Richard S. Edwards, Sir. Zerstörer der Forrest-Sherman- Klasse. Ist jedes Jahr während des Sommerlagers von Heritage West als Service für unsere ausländischen Gäste und häuslichen Würdenträger auf Posten hier.«
    »Dasselbe Boot?« sagte Harod.
    »Dasselbe Schiff, ja, Sir«, sagte der Steuermann. »Offiziell führt es hier jeden Sommer Blockade- und Entermanöver durch.«
    Der Zerstörer hatte sich so weit gedreht, daß Harod die weiße Zahl 950 am Bug erkennen konnte. »Was ist das für ein Kasten dort?« fragte Harod. »Beim Heckgeschütz oder was immer das sein mag.«
    »ASROC, Sir«, sagte der Steuermann und schwenkte das Schnellboot nach Backbord und Richtung Hafen, »modifiziert für ASW, indem die Fünf-Zoll MK 42 und ein paar Drei-Zoll MK 33er entfernt wurden.«
    »Oh«, sagte Harod, klammerte sich an der Reling fest und ließ die Gischt in sein verschwitztes, blasses Gesicht spritzen. »Sind wir bald da?«
    Ein aufgemotztes Golfcart mit Fahrer in blauem Blazer und grauen Stoffhosen fuhr Harod vom Dock zum Herrenhaus. Live Oak Lane war ein breiter, grasbewachsener Weg, kurz gemäht wie ein Golfplatz, zwischen zwei Reihen gewaltiger Eichen, die sich in der Ferne zu vereinigen schienen und deren Äste in dreißig Meter Höhe ineinander ragten und einen beweglichen Baldachin aus Laub und Licht bildeten, durch den man Blicke auf den Abendhimmel uid die Wolken erhaschen konnte, die einen pastellfarbenen Kontrapunkt zum grünen Laub bildeten. Während sie lautlos durch den langen Tunnel der Bäume fuhren, die älter als die Vereinigten Staaten waren, reagierten fotoelektrische Zellen auf die Dämmerung und schalteten eine Vielzahl dezenter Scheinwerfer und sanft leuchtender Papierlampions ein, die zwischen hohen Ästen, hängendem Efeu und gewaltigen Wurzeln hingen und die Illusion eines Zauberwaldes erzeugten, eines Fantasy-Hains, der von Licht und Musik erfüllt wurde, als verborgene Lautsprecher die reinen Klänge klassischer Flötensonaten in der Abendluft erklingen ließen. Andernorts in diesem Eichenwald fügten Hunderte Windharfen der Musik elfenhafte Klänge hinzu, wenn eine Brise vom Meer durch das Blattwerk raschelte.
    »Scheißgroße Bäume«, bemerkte Harod, während sie die letzte Viertelmeile der Eichenallee zum ausgedehnten, terrassenförmigen Garten an der nördlichen Seite des nach Süden ausgerichteten Herrenhauses zurücklegten.
    »Ja, Sir«, sagte der Fahrer und fuhr weiter.
    C. Arnold Barent war nicht anwesend, um Harod zu begrüßen, aber dafür der Reverend Jimmy Wayne Sutter mit gerötetem Gesicht und einem bombastischen Glas Bourbon in der Hand. Der Fernsehprediger kam über eine Fläche schwarzweißer Fliesen in einer leeren Diele auf ihn zu, die Harod an die Kathedrale von Chartres erinnerte, obwohl er nie dort gewesen

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