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Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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war.
    »Anthony, mein Junge«, donnerte Sutter, »willkommen im Sommerlager.« Seine Stimme hallte sekundenlang.
    Harod lehnte sich zurück und gaffte wie ein Tourist zu dem ungeheuren Raum hinauf, der von Zwischengeschossen und Balkonen, Galerien und halb sichtbaren Fluren begrenzt wurde und sich bis zu einem fünfeinhalb Stockwerke höher gelegenen Kuppeldach hinauf erstreckte, das von kostbaren geschnitzten Balken und einem Labyrinth glänzender Streben getragen wurde. Das Dach selbst war eine Parkettarbeit aus Zypressen- und Mahagoniholz, die durch ein Oberlicht aus Buntglas unterbrochen wurde, hinter dem es gerade dunkelte, so daß die Rottöne in den tiefen Nuancen getrockneten Bluts auf das Holz fielen, durch Dachgauben und eine massive Kette mit einem Lüster, der so ungeheuer riesig war, daß ein Regiment von >Phantomen der Oper< daran hätte schwingen können, ohne etwas auszurichten.
    »Scheißfantastisch«, sagte Harod. »Wenn das der Dienstboteneingang ist, würde ich gern einmal den Haupteingang sehen.«
    Sutter runzelte angesichts der Ausdrucksweise Harods die Stirn, während ein Diener in blauem Blazer und grauen Stoffhosen hallend über ein Morgen Fliesen stakste, Harods zerschlissene Reisetasche hob und in strammer Haltung stehenblieb.
    »Würden Sie lieber hier oder in einem der Bungalows wohnen?« fragte Sutter.
    »Bungalows?« sagte Harod. »Sie meinen so was wie Blockhütten?«
    »Ja«, sagte Sutter, »wenn Sie einen Bungalow mit FünfSterne-Service, beliefert von Maxim’s, als Blockhütte bezeichnen möchten. Die Mehrheit der Gäste entscheidet sich für die Bungalows. Schließlich haben wir die Woche des Sommerlagers.«
    »Ja«, sagte Harod, »vergessen Sie das. Ich nehme das komfortabelste Zimmer, das sie hier haben. Ich habe meine Zeit als Pfadfinder hinter mir.«
    Sutter nickte dem Diener zu und sagte: »Die Buchanan- Suite, Maxwell. Anthony, ich zeige Ihnen gleich den Weg. Kommen Sie mit mir zur Bar.«
    Sie gingen zu einem kleinen, mahagonigetäfelten Raum abseits der Eingangshalle, während der Butler mit einem Fahrstuhl zu den oberen Etagen fuhr. Harod schenkte sich einen großen Wodka ein. »Erzählen Sie mir nicht, daß dieses Haus 1770 erbaut worden ist«, sagte er. »Viel zu groß.«
    »Pastor Vanderhoofs ursprüngliches Gebäude war für seine Zeit sicherlich eindrucksvoll«, sagte Sutter. »Die nachfolgenden Besitzer haben das Herrenhaus ein wenig erweitert.«
    »Und wo sind die anderen alle?« fragte Harod.
    »Die nicht so bedeutenden Gäste treffen gerade ein«, sagte Sutter. »Die Prinzen, Potentaten, Ex-Premierminister und Ölscheichs treffen morgen vormittag um elf zum üblichen Eröffnungsbrunch ein. Am Mittwoch bekommen wir unseren ersten Ex-Präsidenten zu sehen.«
    »Juhu«, sagte Harod. »Wo stecken Barent und Kepler?«
    »Joseph wird sich im Verlauf des Abends zu uns gesellen«, sagte der Prediger. »Unser Gastgeber trifft morgen ein.«
    Harod dachte an Maria Chen, die er zum letztenmal an der Reling der Jacht gesehen hatte. Kepler hatte ihm vorher erzählt, daß sämtliche weiblichen Attachés, Chefsekretärinnen, Geliebte und einige Ehefrauen, die nicht vorher schon abgewimmelt werden konnten, an Bord der Antoinette willkommen waren, während ihre Herren und Meister auf Dolmann Island die Sau rausließen. »Ist Barent an Bord seines Boots?« fragte er Sutter.
    Der Fernsehprediger breitete die Arme aus. »Nur der Herr und Christians Pilot wissen, wo er sich Tag für Tag aufhält. Die nächsten zwölf Tage sind die einzigen im jährlichen Kalender unseres Gastgebers, wo ein Freund - oder Gegner - wissen könnte, wo er sich befindet.«
    Harod stieß einen obszönen Laut aus und trank einen Schluck. »Nicht daß es einem Gegner etwas nützen würde«, sagte er. »Haben Sie bei der Ankunft diesen gottverdammten Zerstörer gesehen?«
    »Anthony«, warnte Sutter, »ich habe schon einmal gesagt, Sie sollen den Namen des Herrn nicht lästern.«
    »Gegen was sollen die uns schützen?« sagte Harod. »Eine Invasion russischer Elitetruppen?«
    Sutter füllte seinen Bourbon nach. »Damit liegen Sie gar nicht so falsch, Anthony. Vor ein paar Jahren kreuzte einmal ein russischer Trawler eine Meile vom Strand entfernt. Der war von seinem üblichen Standort bei Cape Canaveral hergekommen. Ich muß Ihnen wohl nicht sagen, daß es sich, wie bei den meisten russischen Trawlern vor der amerikanischen Küste, um ein Geheimdienstfahrzeug mit mehr elektronischen Lauschapparaten an Bord

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