Kraft des Bösen
handelte, als Sie Kommunisten aufzählen können.«
»Und was könnten die eine Meile auf See schon hören?« sagte Harod.
Sutter kicherte. »Ich könnte mir denken, daß das zwischen den Russen und ihrem Antichrist bleiben sollte«, sagte er, >aber es beunruhigte unsere Gäste und verdroß Bruder Christian, und daher der große böse Wachhund, den Sie gesehen haben.«
»Schöner Hund«, sagte Harod. »Bleibt das gesamte Wachpersonal auch für die zweite Woche hier?«
»O nein«, sagte Sutter, »was sich während der >Jagd< im Sommerlager abspielt, ist einzig und allein für uns bestimmt.«
Harod sah den Priester mit den roten Wangen durchdringend an. »Jimmy, glauben Sie, daß Willi nächstes Wochenende tatsächlich kommt?«
Der Reverend Jimmy Wayne Sutter sah rasch mit seinen winzigen, lebhaften Äuglein auf. »O ja, Anthony. Ich zweifle nicht daran, daß Mr. Borden zum vereinbarten Zeitpunkt hier eintreffen wird.«
»Woher wissen Sie das?«
Sutter lächelte strahlend, hob seinen Bourbon und sagte leise: »Es steht in der Offenbarung geschrieben, Anthony. Alles ist schon vor Jahrtausenden vorhergesagt worden. Wir können nichts tun, das nicht schon vor langer Zeit von einem Bildhauer in die Korridore der Zeit geschnitzt wurde, der die Körnung des Steins viel deutlicher sieht, als wir es jemals könnten.«
»Tatsächlich?« sagte Harod.
»Ja, Anthony, tatsächlich«, sagte Sutter. »Darauf können Sie Ihren heidnischen Arsch setzen.«
Harods dünne Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Ich glaube, das mache ich bereits, Jimmy«, sagte er. »Ich bin nicht sicher, ob ich für diese Woche bereit bin.«
»Diese Woche ist gar nichts«, sagte Sutter, machte die Augen zu und hielt sich das kalte Glas Bourbon an die Wange, »Sie ist lediglich ein Vorspiel, Anthony. Lediglich ein Vorspiel.«
Die Woche des Vorspiels schien für Harod endlos zu sein. Er mischte sich unter Männer, deren Bilder er sein ganzes Leben lang in Time oder Newsweek gesehen hatte, und mußte feststellen, daß sie - abgesehen von einer Aura der Macht die von ihnen ausging wie der allgegenwärtige Schweißgeruch von einem Weltklassejockey - ganz normale Menschen waren, sich hin und wieder irrten und allzu häufig albern in ihren verzweifelten Versuchen wirkten, den Konferenzzimmern und Stabszimmern und Sitzungszimmern und Gesprächsrunden zu entkommen, die als Gitterstäbe und Käfige ihres reichen und mächtigen Lebens dienten.
Mittwoch nacht, am 10. Juni, lungerte Harod auf der fünften Stufe des Lagerfeuer-Amphitheaters herum und sah einem Vizepräsidenten der Weltbank, einem Kronprinzen des drittreichsten ölexportierenden Landes der Welt, einem ehemaligen US-Präsidenten und dessen Ex-Staatssekretär zu, die einen Hulatanz mit Mops als Haaren, halben Kokosnußschalen als Brüsten und Baströcken aus hastig gesammelten Palmwedeln vollführten, während fünfundachtzig der mächtigsten Männer der westlichen Hemisphäre pfiffen, johlten und sich ganz allgemein aufführten wie Collegeanfänger bei ihrem ersten öffentlichen Zechgelage. Harod starrte in das Lagerfeuer und mußte an die erste Rohfassung von The White Slaver denken, die noch auf dem Schneidetisch seines Arbeitszimmers lag und seit drei Wochen auf die Fertigstellung des Soundtracks wartete. Der Komponist bekam seine dreitausend Dollar täglich dafür, daß er nichts weiter machte, als sich im Beverly Hilton den Hintern plattzusitzen und darauf wartete, daß er ein ausgewachsenes Orchester bei einem Soundtrack dirigieren konnte, der sich hundertprozentig wie seine vorherigen sechs Soundtracks auch anhörte - romantische Holz- und heroische Blechblasinstrumente, die durch das Dolby noch ununterscheidbarer klangen.
Am Dienstag und Donnerstag hatte Harod Ausflüge zur Antoinette unternommen, um Maria Chen zu besuchen und in der mit Seide ausgeschlagenen und holzgetäfelten Stille ihrer Luxuskabine mit ihr zu schlafen. Und um mit ihr zu reden, bevor er wieder zu den abendlichen Festivitäten des Sommerlagers zurückkehrte.
»Was machst du hier draußen?« fragte er.
»Lesen«, sagte sie. »An dem Orion-Treatment arbeiten. Die Korrespondenz aufarbeiten. In der Sonne liegen.«
»Barent schon mal gesehen?«
»Nie«, sagte Maria Chen. »Ist er nicht bei euch an Land?«
»Ja, ich hab’ ihn gesehen. Hat den ganzen Westflügel des Herrenhauses - er und sein Top-Typ des Tages. Ich habe mich nur gefragt, ob er jemals hierherkommt.«
»Besorgt?« fragte Maria Chen. Sie drehte
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