Kraft des Bösen
meinen anderswo als Charleston?« fragte Jackson.
»Ja«, sagte Meeks. »Savannah liegt eine Stunde näher als Charleston, und Brunswick oder Meridian oder einer dieser Orte wäre viel näher als beide. Würde mir auch das Treibstoffproblem von der Seele nehmen.«
Jackson sah Natalie an. »Geben Sie mir zehn Minuten Zeit mit ihm«, sagte er zu Meeks. »Ich will ihm etwas Blut reinpumpen, seine Werte überprüfen, und dann sehen wir weiter.«
»Wenn wir nach Charleston zurückkehren können, ohne Saul einem Risiko auszusetzen, möchte ich das gerne machen«, sagte Natalie und überraschte damit sogar sich selbst. »Es muß sein.«
»Es ist Ihr Ausflug«, sagte Meeks achselzuckend, »ich kann direkt reinfliegen, statt an der Küste entlang, aber wenn ich den Treibstoffvorrat überschätze, kann es eine reichlich nasse Landung werden.«
»Überschätzen Sie ihn eben nicht«, sagte Natalie.
»Klar«, sagte Meeks. »Haben Sie einen Kaugummi, oder so was?«
»Leider nein«, sagte Natalie.
»Nun, dann stecken Sie den Finger in das Loch, das Sie in mein Dach geschossen haben«, sagte Meeks. »Das Pfeifen geht mir auf die Nerven.«
Letztendlich traf Saul die Entscheidung, daß sie nach Charleston zurückkehren sollten. Nach drei Litern Plasma waren seine Werte stabil, sein Puls kräftig, und er beendete jede weitere Diskussion, indem er das gesunde Auge aufschlug und sagte: »Wo sind wir?«
»Auf dem Weg nach Hause«, sagte Natalie und kniete sich neben ihn. Sie und Jackson hatten die Plätze gewechselt, nachdem der Mediziner Sauls Lebenszeichen überprüft und verkündet hatte, daß seine beiden Beine eingeschlafen waren. Meeks hatte den Platzwechsel mißbilligt und bemerkt, daß Leute, die in Kanus und Flugzeugen aufstanden, verrückt wären.
»Sie werden wieder gesund«, sagte Natalie und strich Saul über die Stirn.
Saul nickte. »Ich fühle mich ein bißchen komisch«, sagte er.
»Das ist das Morphium«, sagte Jackson, der sich nach hinten beugte und Sauls Puls fühlte.
»Ist irgendwie schön«, sagte Saul, der schon wieder einzunicken schien. Plötzlich riß er beide Augen auf und sagte mit festerer Stimme: »Der Standartenführer. Ist er wirklich tot?«
»Ja«, sagte Natalie. »Ich habe ihn gesehen.«
Saul holte keuchend Luft. »Barent?«
»Wenn er an Bord seiner Jacht war, ist er auch hin«, sagte Natalie.
»Wie wir es geplant hatten?«
»Sozusagen«, meinte Natalie. »Nichts hat geklappt, aber letztendlich hat Melanie doch gehandelt. Ich habe keine Ahnung, warum. Wenn sie nicht gelogen hat, kamen sie und der Standartenführer und Mr. Barent ganz prächtig miteinander aus.«
Saul verzog die geschwollenen Lippen zu einem schmerzhaften Lächeln. »Barent hat Miß Sewell eliminiert«, sagte er. »Das muß Melanie erbost haben.« Er bewegte den Kopf und sah Natalie direkt und stirnrunzelnd an. »Was haben Sie beide hier zu suchen? Wir haben nie davon gesprochen, daß Sie zur Insel kommen sollten.«
Natalie zuckte die Achseln. »Sollen wir Sie zu der Insel zurückbringen und noch einmal von vorn anfangen?«
Saul machte die Augen zu und sagte etwas auf polnisch. »Es fällt mir schwer, mich zu konzentrieren«, fügte er in nuschelndem Englisch hinzu. »Natalie, können wir uns den letzten Teil sparen? Uns später mit ihr beschäftigen? Sie ist die schlimmste von allen, die stärkste. Ich glaube, am Ende hatte sogar Barent Angst vor ihr. Sie können es nicht allein schaffen, Natalie.« Seine Stimme wurde immer leiser, während er eindöste. »Es ist vorbei, Natalie«, murmelte er. »Wir haben gewonnen.«
Natalie hielt seine Hand. Als sie spürte, daß er sanft einschlummerte, sagte sie leise: »Nein, es ist noch nicht vorbei. Noch nicht ganz.«
Sie flogen nach Nordwesten, der Ungewissen Küste entgegen.
76. Kapitel
Charleston: Dienstag, 16. Juni 1981
Mit perfekter Navigation und kräftigem Rückenwind landeten sie fünfundvierzig Minuten vor Sonnenaufgang auf Meeks’ kleiner Landebahn nördlich von Charleston. Der Reservetank stand schon die letzten zehn Meilen auf leer, als sie sanft zwischen den Reihen der Markierungslichter aufsetzten.
Saul wachte nicht auf, als sie ihn auf die Segeltuchtrage legten, die Meeks im Hangar aufbewahrte. »Wir brauchen ein zweites Fahrzeug«, sagte Natalie, während die beiden Männer den schlafenden Psychiater vom Flugzeug wegtrugen. »Ist das nicht zu verkaufen?« fragte sie und nickte zu einem zwölf Jahre alten VW-Bus, der neben Meeks’ neuem,
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