Krafttraining
beispielsweise bei Niedersprüngen, wird der Golgi-Organ-Reflex unterdrückt und höhere Kräfte können entwickelt werden. Die Zielstellung für den Einsatz von Niedersprungübungen besteht in diesem Fall eher darin, den Sportler an eine schnelle Muskeldehnung zu gewöhnen als unmittelbar an die Entwicklung großer Kräfte.
Abb. 2.19: Veränderung in der Niedersprungleistung bei trainierten Sportlern nach 24 Wochen Training (a) mit hohen Lasten (70-100 % von F m , 11 Probanden) und (b) mit speziellen Sprungübungen (Explosivkrafttraining, 10 Probanden).
Nach: Hakkinen, K. & P. V: Komi (1985). Changes in electrical and mechanical behaviour of leg extenso muscles during heavy resistance strength training. Scandinavian Journal of Sport Sciences 7, 55-64 und Dies. (1985) Effect of explosive type strength training on electromyographic and force production characteristics of leg extensor muscles during concentric and various stretch-shortening cycle exercise. Scandinavian Journal of Sport Sciences 7, 65-77. Abdruck mit Erlaubnis der Autoren.
Da reversible Muskelarbeit ein Bestandteil vieler sportlicher Bewegungen ist, muss sie speziell gelernt und trainiert werden. Vor 1960 war ein derartiges Training von untergeordneter Bedeutung und Leistungsverbesserungen in diesem Bereich entstanden als Nebenprodukt anderer Übungen. Erst nach dieser Zeit fanden Übungen mit reversibler Muskelarbeit, wie Niedersprünge, Eingang in das Training. Diese Methode wurde fälschlicherweise als plyometrisches Training bezeichnet. Diese Bezeichnung ist in diesem Fall nicht angebracht, da reversible und nicht exzentrische Muskelarbeit das Trainingsziel bildet. Bei Anfängern kann die Leistungsfähigkeit in Übungen mit reversibler Muskelarbeit auch durch andere Übungen, wie zum Beispiel Gewichtheben, verbessert werden. Bei Spitzensportlern ist diese Fertigkeit sehr spezifisch ausgeprägt. Niedersprungsleistungen beispielsweise verbessern sich nicht nach einem üblichen Krafttraining, selbst nicht mit hohen Lasten ( s. Abb. 2.19 ). Die maximale Muskelkraft F mm und Kräfte, die bei schneller, reversibler Muskelarbeit entwickelt werden F m , korrelieren bei leistungsstarken Sportlern nicht miteinander und sollten daher als separate motorische Eigenschaften angesehen und trainiert werden.
Körperhaltung, Kraftkurven
Die Kraft, die ein Sportler bei einer bestimmten Bewegung entwickeln kann, wird von der Körperstellung (Gelenkwinkel) bestimmt. Zum Beispiel hängt die Kraft F m , die beim Heben einer Hantel vom Boden aufgebracht werden kann (bei sauberer Hebetechnik), von der Lage der Hantelstange über dem Boden ab. Die maximale Kraft F mm wird entwickelt, wenn sich die Hantelstange in Knienähe befindet ( s. Abb. 2.20 ).
WARUM BEGINNEN LEISTUNGSSTARKE GEWICHTHEBER MIT EINEM RELATIV LANGSAMEN ANHEBEN DER HANTEL?
Ein guter Gewichtheber überträgt die größten Kräfte auf die Hantel während der maximalen Beschleunigung, wenn die Hantel etwa Kniehöhe erreicht hat. Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens können genau in dieser Stellung die größten Kräfte entwickelt werden (Abb. 2.20). Zweitens verringert sich die Kraft, wenn die Bewegungsgeschwindigkeit zunimmt (parametrische Kraft-Geschwindigkeits-Beziehung, siehe die Diskussion zur Geschwindigkeit auf S. 47). Die Hantel muss für die Kraftentwicklung bei relativ geringer Geschwindigkeit in die günstigste Stellung zum Körper des Hebers gebracht werden, um die größtmöglichste Kraft auf die Hantel auszuüben. Diese Zwei-Phasen-Technik wird von allen Spitzengewichthebern angewandt, mit Ausnahme der unteren Gewichtsklassen, bei den meisten 52-kg- und bei einigen 56-kg-Hebern. Diese Sportler sind nicht so groß (unter 1,50 m), und die Hantelstange befindet sich auf Kniehöhe, bevor die Hebung beginnt. Das ist ein Beispiel dafür, wie zwei exzentrische Faktoren der Kraftentwicklung (Körperhaltung und Geschwindigkeit) kombiniert werden, um maximale Kraftwerte zu erreichen.
Abb. 2.20: Maximale isometrische Kraft F m an der Hantelstange bei unterschiedlichen Körperhaltungen (und damit unterschiedlicher Höhe der Hantelstange) als Beispiel für eine Kraftkurve bei einer mehrgelenkigen Bewegung. Aus: Donskoj, D. D. & V. M. Zatsiorsky (1979). Biomechanics. Moskau: Fizkulturia i Sport, S. 203. Abdruck mit Genehmigung des Verlags.
Abb. 2.21: Drei Hauptformen von Gelenkkraftkurven.
Modifiziert aus: Hay, J. G. (1992). Mechanical basis of strength expression“. In P. V. Komi (Hrsg.,)
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