Kraftvolle Visionen gegen Burnout und Blockaden
(»syneidesis = das innere Zusammenschauen«) ihnen sagt. Nicht immer stimmt das Selbstbild eines Lehrers heute mit einer solchen Sinnbestimmung überein. Da geht etwa eine Lehrerin jeden Tag mit dem Bild der Dompteuse in die Schule. Kein Wunder, dass dieses Bild sie selbst lähmt und auch die Lernsituation in der Begegnung mit den Schülern behindert. Wenn sie dagegen das archetypische Bild der Lehrerin in sich einbildet, dann kommt sie in Berührung mit ihren eigenen Fähigkeiten. Dann spürt sie innere Kraft in sich und entdeckt in ihrer Seele die Fähigkeit, den Schülern und Schülerinnen voranzugehen und sie zu ihrem wahren Wesen zu führen. Dieses Bild beflügelt sie. Wenn sie dagegen nur auf die schwierigen Kinder schaut und auf ihre eigene Unfähigkeit fixiert ist, für Disziplin zu sorgen, dann ist sie letztlich abgeschnitten von den Möglichkeiten, die in ihrer Seele liegen. Das archetypische Bild des Lehrers bringt siein Berührung mit diesen Fähigkeiten. So geht sie mit mehr Selbstvertrauen in die Schule und wird erleben, dass sie die Schüler erreichen kann. Denn in jedem ist diese Sehnsucht vorhanden, die Spur zum gelingenden Leben zu finden.
Das Wort
»Erzieher«
meint eigentlich den, der das Wesen des Kindes aus ihm herauszieht, oder der das Kind aus dem Unbewussten herauszieht, um ihn ins Bewusste zu führen, aus der Unmündigkeit in die Mündigkeit. Das griechische Wort dafür heißt: »Paidagogos«. Er ist der, der das Kind führt und begleitet und ihm gutes Benehmen beibringt. Klemens von Alexandrien hat im 2. Jahrhundert Jesus als den wahren Pädagogen beschrieben, der uns durch seine Lehre und sein Beispiel zu einem besseren Leben führt. Der Beruf des Erziehers oder Pädagogen ist uralt. In ihm steckt die Leidenschaft, Menschen in ihre je einmalige Gestalt hinein zu formen. Er realisiert den Wunsch, einen Menschen auf seinem Weg zu begleiten, damit er dieses einmalige Bild in sich verwirklicht. Erzieher, die sich der Bildhaftigkeit ihres Berufes bewusst werden und sich in ihrem alltäglichen Tun auf dieses Bewusstsein beziehen, schöpfen aus einer nie versiegenden Quelle.
Menschen aufrichten und ausrichten
Im
Richter
drückt sich ein anderes archetypisches Bild aus. Das deutsche Wort »Richter« kommt von »recht = aufrecht, gerade«. Der Richter ist also der, der etwas gerade rückt. Und der Richter hat letztlich die Aufgabe, dieMenschen wieder auszurichten auf ihr wahres Wesen, auf ein Leben hin, das ihrem Wesen entspricht. Und letztlich hat er die Aufgabe, den Menschen wieder auf Gott hin auszurichten. Er soll Recht schaffen und für Gerechtigkeit sorgen. Er soll dafür sorgen, dass etwas wieder richtig wird, so, wie es eigentlich gedacht ist. Das griechische Wort für Richter, »krites«, geht von einem anderen Bild aus. Krites ist der, der etwas scheidet, unterscheidet, entscheidet. Weil er zu unterscheiden vermag, wird er zum Schiedsrichter. Er beurteilt die Situation, er unterscheidet die verschiedenen Meinungen und Verhaltensweisen und versucht, die verschiedenen Teile wieder richtig zusammenzusetzen. Das deutsche Wort »Richter« bezieht sich in seinem ursprünglichen Bedeutungsgehalt auf das Bild, etwas Krummes wieder geradezubiegen und in Ordnung zu bringen. Das griechische Bild erwartet vom Richter, dass er alles zuerst auseinandernimmt, scheidet, um zu unterscheiden und dann zu entscheiden. Er fällt ein Urteil. Er spricht Recht. Er fügt das, was getrennt worden ist, auf neue Weise zusammen. Das Wort »krites = Richter« ist verwandt mit Krise, die auch etwas unterscheidet, um es neu zusammenzusetzen. Jede Krise bedeutete für die Griechen eine Chance. So bietet der Richter die Chance auf eine neue Sichtweise und einen neuen Anfang. Das archetypische Bild des Richters befreit die heutigen Amtsinhaber von der ängstlichen Ungewissheit, ob sie alle Gesetze und Urteile berücksichtigten und ob sie in ihrer Tätigkeit angreifbar seien. Es befähigt sie vielmehr – ihre fachliche Kompetenz vorausgesetzt –, etwas richtig zu machen: Menschen wieder auszurichten auf Gott und aufihre eigene Wahrheit, und etwas zu scheiden, damit ein neuer Anfang möglich wird. Wenn ein Richter dieses archetypische Bild in sich eindringen lässt, dann wird seine Seele beflügelt.
Verbundenheit mit allem leben
Ein archetypisches Bild ist auch das des
Bauern
, das man auch in Zeiten technischer und wirtschaftlicher Umstrukturierungen im Agrarbereich noch in Erinnerung rufen darf. Im Mittelalter
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