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Kramp, Ralf (Hrsg)

Kramp, Ralf (Hrsg)

Titel: Kramp, Ralf (Hrsg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatort Eifel 4
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Es ist eine Frau. Das leblose Gesicht meiner Frau erkenne ich gleich. Ich versuche, mich an mehr zu erinnern, aber mein Kopf ist immer noch leer. Ich sehe, wie ein Messer aus ihrem Bauch herausragt, sehe den braunen Elefanten und den weißen Griff aus echtem Elfenbein, und dann sehe ich in das Gesicht des Kommissars. Ich sehe, was er denkt und sehe, dass er nun weiß, wer ich bin. Er greift zu seiner Waffe, aber bevor er sie auf mich richten kann, bin ich schon weg. Ich laufe die Stufen hinauf. Laufe vor mir selbst davon. Laufe vor dem weg, was ich soeben über mich erfahren habe und nicht glauben kann.
    »Kommen Sie vom Geländer herunter, Herr Kaminsky, wir können doch über alles reden«, fordert mich Kommissar Becker auf. Die Aussicht vom Turm ist wunderbar. Die Eifel ist schön. Der laue Frühlingswind pfeift mir um die Ohren. Auf dem Gesicht des Kommissars sehe ich die Genugtuung, dass seine Suche endlich zu Ende ist – aber er kriegt mich nicht.
    Ich lasse mich rückwärts vom Turm fallen. Nach 16 Metern freiem Fall, den letzten zwei Sekunden meines Lebens, voller Zweifel über mein gefundenes Ich, ist es vorbei.
    Meine Suche ist auch zu Ende
.
    Am selben Abend verkündete die Polizei in einer Pressekonferenz, dass sie den Eifelmörder gefasst hat, dass er bei seiner Verhaftung Selbstmord beging und das Töten der Touristen endlich ein Ende hat. Die Eifel sei nun wieder sicher.
    Eine Woche später schlug der Eifelmörder erneut zu.

Alles wegen der Breuers
    C ARSTEN S EBASTIAN H ENN
    Ich weiß ja nicht, ob Sie es wussten, aber ich esse für mein Leben gern. Und zwar eigentlich alles. Kann meine kleinen Fingerchen einfach nicht davonlassen. Bienchen, sag ich immer zu mir, lass die Pfoten weg! Aber die sind einfach schneller. Was willste machen? Nix! Eben! Sag ich doch!
    Naja, ich ess insgesamt aber nicht sooo viel. Also nicht mehr als andere. Hab ja auch nicht viel Geld. Soviel bleibt schließlich nicht von der Rente von meinem Helmut übrig. Da schlägst du dich so durch. Aber beim Brot, da kenn ich keine Kompromisse, da geh ich zum Josef. Dem seine Bäckerei ist gleich die Straße runter. Die kennt man auch außerhalb von Dockweiler, oh ja, der hat auch noch andere Läden. Also wenn ich ehrlich bin, mag ich den ja sehr gern, den Josef, wenn ich noch was jünger wäre, also, das kann ich dir sagen! Da würde es aber ordentlich stauben in der Backstube, aber hör mal!
    Deswegen warte ich immer draußen, bis er mal an der Theke steht. Bei seiner Frau kauf ich nicht so gern, will schon, dass der Josef das macht. Höchstpersönlich. Chefarztbehandlung, sag ich immer.
    »Wie immer, Bienchen?«, fragt der dann. So auch diesmal. »Siehst gut aus, heute. Haste wieder ein Wellness-Wochenende gemacht?«
    Und ich dann: »Du alter Charmeur! Tu mir mal drei Brötchen.«
    Und das tut der Josef dann. Und manchmal auch vier. Zum Preis von dreien. Wenn seine Frau nicht zuguckt. Dass die nicht eifersüchtig wird.
    Ich wollt mit dem Josef gerade ein bisschen was über den letzten
Tatort
erzählen, als die alte Breuers reinkommt. Das ist eine Schabracke, hör mal, dagegen ist die Ulmener Burgruine in Tipptopp-Zustand. Die hat ein Auge auf den Josef geworfen – und das in ihrem Alter! Die stand früher schon auf so verwegene Typen. Und der Josef mit seinem Pferdeschwanz und diesen Stetson-Hüten, von dem kann sie ihre Augen nicht lassen. Grauer Star hin oder her.
    Die sacht also: »Liebelein, tu mir mal dein
Mischelbrot
, und das schöne aus dem Holzofen.«
    »Geschnitten?«
    »Genau richtig, Schätzelein. Geschnitten, wie immer für mich.«
    Die lässt sich das nur schneiden, um den Josef von hinten zu sehen. Föttchen gucken.
    Und sonst bestellt sie auch immer, wirklich immer, also montags wie jetzt, eine
Birrebunnes
, Birnenmustorte, wir sagen auch
Schwatze Taat
dazu, weil sie schwarz wie die Nacht ist, die gibt es auch immer zu Beerdigungen. Sehr lecker ist die, mit Hefeteig und Hefegitter drüber. Das Mus ist so schwarz, weil es aus getrockneten Birnen gemacht wird, die dann in Zucker aufgekocht und mit Zimt abgeschmeckt werden. Eine Drecksarbeit, aber lohnt. So eine kauft die alte Breuers immer. Nur diesmal nicht. Dabei hatte sie keine von woanders in ihrem Wägelchen, das sie immer hinter sich herzuckelt. Der Josef hat nix gesagt, aber gewundert hat der sich, hab ich genau mitbekommen.
    Der bin ich dann hinterher. Hat sie nicht gemerkt. Die hört ja nicht mehr so gut. Gibt sie aber nicht zu. Lächelt immer, wenn sie was

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