Kramp, Ralf (Hrsg)
und ich bin eine Fee, hier bin ich eine Fee, großmächtigundschön. Das Bild erzittert und verschwindet. Erschrocken schaue ich auf. Er hat einen Stein ins Wasser geworfen, mitten in mein Spiegelbild.
Zwei
Er schließt das Auto auf. Wir steigen ein, es ist so schrecklich warm. Aber ich sage nichts. Wir fahren durch einen kleinen Ort, vorbei an einer Eisdiele. Er wirft mir einen Blick zu, hält an, dreht um. Möchtest du ein Eis? Ja, sage ich, weil es gut ist, ja zu sagen. Ich bekomme mein Eis, aber der Tag ist so heiß, das Eis tropft klebrig und rosa auf meine Finger, und das macht mich so wütend. Ich habe nichts zum Abwischen dabei und er auch nicht. Ich lecke meine Finger ab, er sieht mich angewidert an, aber wie soll ich es denn sonst machen? Ich steige ein, wir fahren. Wir sehen uns die Burg an, die ich mir nicht ansehen will, und dann wandern wir einen Wanderweg entlang, den ich nicht entlangwandern will. Ich bin sehr müde, ich will nicht mehr wandern, und ich sage es. Er wirft mir so einen Blick zu, und ich bin wieder still. Wäre ich eine Fee, denke ich, dann wäre ich großmächtigundschön und ich würde mir selbst drei Wünsche geben, und mit allen dreien würde ich ihn wegwünschen von mir.
Eins
Nur noch halbherzig versuche ich, mich gegen die Schläge zu wehren. Sie sitzen. Ich weiß, dass alles schneller vorbei sein wird, wenn ich jetzt einfach still halte und abwarte. Also warte ich. Als er fertig ist, setzt er sich auf das Sofa. Ich bleibe noch einen Augenblick am Boden liegen, zur Sicherheit. Er schüttelt eine Faust, wahrscheinlich tut sie weh. Er entschuldigt sich. Das macht er nicht immer. Er sagt, nun seien wir einmal hier, nun sollten wir es auch genießen. Ich bin vorsichtig, ich sage nichts. Er sagt, in der Eifel gebe es viel zu sehen. Er fragt, ob ich mir mit ihm nicht die Burgruine in der Nähe anschauen wolle, und ich sage nein. Er fragt, ob ich nicht Lust hätte, zu wandern. Ich sage nein. Er sagt, er kenne da eine Art See, das Holzmaar, ganz märchenhaft sei es da, vielleicht würde ich eine Hexe oder eine Fee sehen. Ich horche auf, ich mag Märchen. Feen. Großmächtigundschön. Ich bin zwar noch wütend und möchte weiter nein sagen, aber ich sage ja. Er lächelt, weil ich ja gesagt habe, ich stehe auf und gehe ins Bad. Ich wasche mir vorsichtig mein Gesicht und spucke einen Milchzahn aus.
Null
Sein Bestes
VON E LKE P ISTOR
Der Pool ist genau richtig. Nicht zu groß und nicht zu klein. Langsam lasse ich mich in das Wasser gleiten, zucke nur kurz, als die Kühle der Wasserlinie meinen Bauchnabel erreicht und versinke mit einem Seufzen, bis kleine Wellen über meinem Kopf zusammenschlagen. Ich öffne die Augen. Die Oberfläche kräuselt sich und spiegelt die Farben der Wände wider. Orange, ein sanftes Gelb. Ich bin erstaunt darüber, wie klar ich alles erkennen kann.
Die Ruheliegen sind noch leer. Noch nicht einmal ein Handtuch liegt da. Es ist zu früh. Um diese Uhrzeit habe ich den Pool immer für mich alleine. Ich genieße es. Nachdenken in der Stille des Wassers. Nicht atmen zu können, zwingt mich zur Konzentration. Ich muss schnell sein mit meinen Gedanken, obwohl ich den Eindruck habe, dass sich die Zeit hier unten bis ins Unendliche ausdehnt. Aber das ist wohl nur ein Klischee.
Ich habe einiges, über das ich nachdenken muss. Mein Leben hat sich verändert. Vieles ist im Fluss. Und ich weiß nicht, ob es mir gefällt. Es ist anders und doch nur die logische Konsequenz aus dem, was vorher war. Ich muss es weiter vorantreiben. Ist es ein Fehler gewesen? Hätte ich mehr darüber nachdenken müssen, bevor ich zugestimmt habe? Allerdings bin ich mir noch nicht einmal sicher, ob ich überhaupt eine Wahl gehabt hätte. Es war unausweichlich. Seine Worte. Mit diesem Lächeln vorgetragen, dem ich noch nie widerstehen konnte.
»Schau«, hatte Jochen gesagt, dabei meine Hände zwischen seine genommen und mich zart geküsst, »wir lieben uns und wollen zusammen sein. Für immer.« Ich hatte geschwiegen, meine Hand an seine Wange gelegt und genickt. Das Strahlen in seinen Augen ließ die warnende Stimme in mir verstummen. Ich kann ihm nichts abschlagen. Dazu liebe ich ihn zu sehr.
Und er liebt mich. Diese kleine Geste, als er mir sagte, wohin die Hochzeitsreise gehen soll, rührte mich zu Tränen.
»So viele schöne Erinnerungen. So viel gemeinsame Zeit.« Und ich konnte ihm nur zustimmen und ihn in meine Arme schließen. Glückliche Zeiten.
»Ich freue mich sehr, Sie zu
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