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Krampus: Roman (German Edition)

Krampus: Roman (German Edition)

Titel: Krampus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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Grimasse. »Das geht ganz und gar nicht. Man darf keine christlichen Totems an einen Julbaum hängen.« Er nahm das Kreuz ab und wedelte ihr damit vor der Nase herum, als hielte er sie für einen Vampir. »Keine Kreuze! Keine Weihnachtsmänner! Ist das klar?« Er hob den Arm, um es von sich zu schleudern.
    »Nein!«, rief sie und sprang tatsächlich vor und streckte die Hände danach aus. »Bitte nicht. Das ist von meiner Mutter!«
    Krampus hielt den zarten Baumschmuck außerhalb ihrer Reichweite.
    »Bitte, bitte.«
    »Nur, wenn du mir versprichst, es nie wieder auf meinen Baum zu stecken.«
    Die Frau nickte ernst.
    »Schwöre es.«
    »Ich schwöre es!«
    Als er ihr das Kreuz hinhielt, riss sie es an sich, drückte es an die Brust und fing an zu schluchzen.
    »Wo sind die Überreste eures Gelages?«, fragte Krampus.
    Verwirrt blinzelte sie ihn an. »Gelage?«
    »Ja.«
    »Du meinst … die Reste vom Festessen? Die sind im Kühlschrank. Wo denn sonst?«
    »Willst du sie mir als Tribut anbieten?«
    »Ob ich was tue?«
    »Ob du die Speisen dem Herrn der Julzeit anbietest?«
    »Du willst unsere Essensreste?« Sie schien nicht zu wissen, ob sie lachen oder weinen sollte, aber zweifellos wollte sie das Richtige sagen, damit dieser schwachsinnige Dämon wieder verschwand. »Klar … nur zu. Da ist die Küche.« Sie wies ihm den Weg. »Hau rein.«
    »Gut. Deine Julfestgaben werden dir im kommenden Jahr reichen Segen bringen.« Krampus ging Richtung Küche und ließ die Frau, die noch immer das Erbstück von ihrer Mutter umklammert hielt, zitternd in der Ecke stehen.
    Isabel und Jesse eilten auf die Frau zu.
    »Setzen Sie sich«, sagte Isabel.
    »Was? Wieso? Wollt ihr mir etwas antun?«
    »Nein«, sagte Isabel. »Niemand will Ihnen etwas antun. Setzen Sie sich bitte einfach.«
    Die Frau tat wie geheißen, und Isabel streute ihr eine Prise Schlafsand ins Gesicht. Wenige Augenblicke später schwelgte sie im Reich der Träume. Behutsam nahm Isabel ihr den Baumschmuck aus der Hand und stellte ihn auf den Kaminsims.
    In der Küche klirrte etwas.
    »Was ist denn jetzt schon wieder?«, fragte Isabel.
    »Er hat uns eine unvergessliche Nacht versprochen.«
    »Ja, ich fürchte, das hat er wohl.«
    Sie spähten in die Küche. Der Kühlschrank stand weit offen, Wipi zog Teller heraus und reichte sie an Nipi weiter. Auf der Anrichte stand eine große Porzellanplatte. Unter der zurückgeschlagenen Alufolie lugte ein halbierter Truthahn auf geröstetem Maisbrot hervor. Makwa, Chet und Vernon stopften sich das Essen mit den Händen in den Mund.
    Vernon blickte auf und machte ein schuldbewusstes Gesicht. »Was denn? Ich bin am Verhungern. Wir haben seit … seit gestern nichts mehr gegessen, vielleicht sogar seit vorgestern!«
    Jesse entdeckte eine Uhr, die ihm verriet, dass es zehn Minuten vor Mitternacht war. Er versuchte, auszurechnen, wie lange sie schon auf den Beinen waren, aber da sie zwischen zwei Kontinenten umhergereist waren, hatte er nicht die geringste Ahnung.
    »Wo ist Krampus?«, fragte Isabel.
    »Der ist in den Flur gegangen«, sagte Chet, den Mund voll Maisbrot.
    »In den Flur?«, fragte Isabel. »Ihr habt ihn aus den Augen gelassen?«
    »He«, sagte Chet. »Ich bin nicht sein Kindermädchen.«
    Da hörten sie einen Schrei, den Schrei eines Kindes.
    »Himmel noch mal«, sagte Isabel und rannte nach draußen. Jesse folgte ihr.
    Krampus stand mitten im Kinderzimmer zwischen zwei Betten. Eines davon war leer, während im anderen zwei Mädchen kauerten. Jesse vermutete, dass die eine neun oder zehn war, während die Jüngere in Abigails Alter war. Die Mädchen waren auf einen Berg aus Kissen und Stofftieren in die Ecke gerutscht, so weit weg von Krampus wie nur möglich. Beide weinten, klammerten sich aneinander, zitterten und starrten ihn voll Entsetzen an.
    Der Herr der Julzeit machte einen Schritt nach vorne, worauf die beiden schrille Schreie ausstießen und mit den Beinen strampelten, als schnappte ein wildes Tier nach ihnen.
    Jesse ertrug es nicht länger. Unwillkürlich musste er an seine eigene Tochter denken. »Krampus«, rief er, »hör auf, du kannst nicht …«
    »Schweig«, blaffte Krampus mit erhobenem Finger. »Misch dich nicht ein. Das ist ein Befehl.«
    Sofort verstummte Jesse. Er konnte nur noch zusehen, sosehr es ihn auch danach verlangte, Krampus aus dem Zimmer zu zerren.
    Der wandte sich nun wieder den Mädchen zu, ließ sich auf ein Knie nieder und hielt den Finger an die Lippen. »Schsch«, flüsterte

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