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Krampus: Roman (German Edition)

Krampus: Roman (German Edition)

Titel: Krampus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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verwirrt aus zusammengekniffenen Augen, zeigten auf ihn und lachten betrunken. Die meisten wirkten schlicht und einfach neugierig, als versuchten sie, sich einen Reim auf das zu machen, was da vor sich ging.
    Krampus sagte etwas zu der dreiköpfigen Band, woraufhin die Musiker zu spielen aufhörten. Statt wütend zu protestieren, klatschten einige der Anwesenden.
    Auf der kaum einen halben Meter hohen Bühne herrschte Festbeleuchtung – zu jeder Seite hingen zwei sich langsam drehende Spots in Gelb, Rot und Grün, die Krampus’ Auftritt eine dramatische Note verliehen.
    »He, Arschloch«, rief jemand. »Halloween ist vorbei.«
    In dem Moment begriff Jesse, dass die Leute nicht wussten, dass ein echtes Ungeheuer unter ihnen war. Sie hielten Krampus offenbar für einen verkleideten Spinner. Er hoffte, es bliebe dabei. Dann konnten sie vielleicht bald weiterziehen, ohne dass jemand abgestochen oder abgeknallt wurde.
    Dann hob Krampus eine Hand. »Bitte, hört mich an … ich möchte etwas sagen.« Sein Tonfall schlug sie sofort in seinen Bann, kraftvoll und hallend – die Stimme eines Gottes. Er wartete, bis das Gelächter erstarb und sich Schweigen über den Saal senkte.
    »Mach hin«, rief eine stämmige Frau von der Bar. »Wir haben nicht die ganze Nacht Zeit.«
    Er grinste, und es lag etwas Verführerisches darin, wie eine Einladung zum Spielen. Zu seiner Überraschung stellte Jesse fest, dass viele der Anwesenden sein Lächeln erwiderten.
    Ein vorlauter junger Mann am Billardtisch trat ein paar Schritte vor und rief: »Wen zum Henker stellst du überhaupt dar?«
    Krampus richtete seinen durchdringenden Blick auf ihn, ein Blick, der unmissverständlich klarmachte, dass ein jeder für seine Worte geradestehen musste. »Ich bin Krampus, der Herr der Julzeit«, donnerte er. »Ich bin hier, um die Freuden des Lebens zu feiern und Seelen zu finden, die des Mitfeierns würdig sind. Seelen, denen der Sinn nach Vergnügungen steht … nach Schreien, Tanzen, Lieben, Raufen und Singen. Seelen, die den Engeln den Rücken zukehren und ein wenig an meinen Ausschweifungen teilhaben wollen. Die jetzt leben wollen … heute Nacht. Die dem Tod die Faust entgegenrecken und wissen, dass der morgige Tag, wie viele Übel er auch bereithalten mag, einem dennoch nicht diesen Moment wegnehmen kann, wenn man ihn nur mit aller Kraft lebt. Was sagt ihr dazu? Werdet ihr heute Nacht mit mir die Gläser erheben und die Draugr aus den Schatten jagen? Werdet ihr mit mir für Mutter Erde singen, für alle Geister Asgards? Werdet ihr mit mir die Julzeit einleiten?«
    Die Anwesenden nickten und hingen an seinen Lippen. In ihren Gesichtern lag derselbe Eifer wie in denen der Shawnees. Es ließ sich nicht abstreiten, dass die Begeisterung des Herrn der Julzeit etwas Ansteckendes hatte. Jesse spürte die Luft knistern.
    Ein alter Mann, gebeugt und klapperdürr, der eine schweißfleckige Mütze auf dem langen silbernen Haarschopf trug, musterte Krampus aus zusammengekniffenen Augen und rief: »Wer bezahlt die Rechnung?«
    Die Menge lachte, und der Herr der Julzeit fiel ein.
    »Ich«, rief er mit leuchtenden Augen. »Heute ist eine Nacht des Überflusses. Für jeden so viel Met, wie er trinken kann, und zwar auf meine Rechnung.«
    Fast alle wandten sich dem Mann hinter der Theke zu, mit hoffnungsvollen Gesichtern, die Bestätigung suchten. Horton nickte. »Freigetränke für alle!«, rief er. Allseitiger Jubel ertönte, und die Gäste strömten an die Theke.
    Die Band fing wieder zu spielen an und bot eine beschwingte Version von Willie Nelsons »Whiskey River« dar. Krampus mischte sich unter die Gäste.
    Einer der Rocker reichte ihm ein Bier und rief: »Auf Krampus!« Alle erhoben die Becher und skandierten: »Krampus! Krampus!«
    Der Herr der Julzeit stürzte das Bier herunter und anschließend gleich noch eins und noch eins.
    »Also ich«, sagte Chet, »sitze hier nicht länger rum und warte drauf, dass die anderen uns alles wegsaufen.« Er schnappte sich einen Bierkrug, besorgte ein paar Gläser, füllte sie und verteilte sie an Isabel, Jesse und Vernon.
    Isabel zog Wipi und Nipi heran und drückte jedem ein Bier in die Hand. »Kommt schon, lasst uns Spaß haben.«
    Der Herr der Julzeit hakte zwei Frauen von der Theke unter und fing an zu tanzen. Die beiden quiekten, worauf lautes Johlen ertönte, und schon bald schlossen sich ihnen weitere Frauen an. In einer Art Volkstanz wirbelte Krampus ausgelassen von einem Arm zum nächsten. Jubel

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