Krampus: Roman (German Edition)
und Krampus wünschte allen, die er unter ihnen bemerkte, laut ein frohes Julfest. Schon bald wusste Jesse nicht mehr, wie viele Häuser sie in dieser Nacht bereits abgeklappert hatten.
Irgendwann weit nach Mitternacht hörten sie Musik, während sie über eine verlassene Straße draußen in den Hügeln hinwegsausten. Als sie um die Kurve kamen, fiel ihnen ein Gebäude an der Straße auf. Ein paar Autos, Motorräder und Laster parkten im Neonlicht einer Bierwerbung. Krampus drehte eine Runde über dem Haus und beobachtete eine Gruppe von Leuten, die lachten und herumalberten, als sie in die Bar taumelten.
Jesse erhaschte einen Blick auf den Namen, Horton’s, und ihm fiel ein, dass er den Laden kannte, dass er hier sogar schon mal gespielt hatte. Er wusste noch, dass das Publikum ein rauher Haufen gewesen war. Das Horton’s war einer von den Läden, in denen Kaninchendraht vor der Bühne gespannt war, damit die Musiker nicht von Bierflaschen getroffen wurden.
»Ist das ein Bankettsaal?«, fragte Krampus. »Oder vielleicht eine Taverne?«
»Das ist eine Bar«, sagte Chet. »Eine von diesen kleinen, dreckigen Absteigen.«
»Was wird dort gefeiert?«
Chet zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich, dass auf diesem Scheißplaneten wieder mal die Sonne aufgegangen ist.«
Krampus nickte. »Heute ist wirklich ein guter Tag zum Feiern.« Er setzte zum Sinkflug an und landete den Schlitten hinter der Bar. Dann griff er nach seinem Sack und sprang ab.
Jesse erkannte die Melodie sofort, eine schlecht gespielte Version eines alten Lieds von den Oak Ridge Boys, »Elvira«. Den Song hatte Jesse noch nie leiden können. Aber es ist laut, dachte er, und manchmal ist das das Einzige, worauf es ankommt.
»Kommt«, sagte Krampus und machte sich auf den Weg.
»Ich schätze, ich kann nicht einfach draußen warten?«, fragte Vernon.
»Nein. Es ist an der Zeit, die Rückkehr des Julfests zu feiern. Zeit für uns alle, zu feiern.«
»Das hatte ich befürchtet.«
Sie kletterten aus dem Schlitten und folgten dem Herrn der Julzeit zum Vordereingang.
Chet lachte leise. »Wenn die Sache auch nur halb so gut läuft wie in der Kirche, dann wird das ein Heidenspaß.«
»Die Leute hier sind vermutlich eher von seinem Schlag«, fügte Jesse hinzu.
»Nein«, stöhnte Vernon. »Es gibt keine Leute von seinem Schlag. Das wird nur wieder eine Katastrophe.«
»Ich kann es kaum erwarten«, sagte Chet.
***
Horton White stand hinter der Theke. Über den Schnapsflaschen an der Wand hing ein Bild von Neil Diamond mit Autogramm und persönlicher Widmung und direkt daneben eines von Hasil Adkins. Ganz Boone County hatte eine Schwäche für den alten Hasil, was man von Neil Hortons Meinung nach nicht behaupten konnte. Seine Gäste hatten nicht viel für die alte Schmalzlocke übrig und zeigten das auch unverblümt. Horton ließ das Bild trotzdem hängen, weil er Neil Diamond mochte, sehr sogar, und weil das hier seine Bar war und er sich ja wohl an die Wand hängen konnte, wen er wollte. Wenn die Leute allerdings nicht bald anfingen, mehr Getränke zu ordern, würde es schon bald nicht mehr seine Bar sein, sondern nur ein weiterer heruntergekommener Schuppen am Straßenrand.
Der Monatserste stand bevor, und Horton hatte keine Ahnung, wovon er die Miete bezahlen sollte. Er wusste, dass er es sich nicht noch einmal leisten konnte, in Rückstand zu geraten, denn für diesen Fall hatte der General damit gedroht, seinen Laden aufzumischen. Normalerweise kamen zwischen Weihnachten und Neujahr viele Leute, und Horton verließ sich darauf, in dieser Zeit ordentlich Geld zu machen, aber dieses Jahr sah die Lage anders aus, vor allem heute Nacht. Es waren höchstens dreißig Gäste da, etwa halb so viele wie sonst, und das Schlimmste war, dass niemand etwas bestellte. Vergangenen Monat hatte er den Koch entlassen müssen, weshalb er nun gleichzeitig hinter der Theke stehen und die Snacks zubereiten musste. Nicht, dass jemand für die verkohlten Pommes und die in der Mikrowelle aufgewärmten Hot Dogs Schlange gestanden hätte.
Er ließ den Blick über die missmutigen Gesichter schweifen. Die Leute waren nicht gerade auf der Höhe, viele wirkten niedergeschlagen oder müde, und nicht mal die Band konnte den Takt halten – dauernd brachten die Musiker die Stücke durcheinander. Daran war allerdings nichts Ungewöhnliches. Ungewöhnlich war vielmehr, dass sich niemand daran zu stören schien. Keine Buhrufe, keine Pfiffe, und nicht eine einzige Flasche
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