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Krampus: Roman (German Edition)

Krampus: Roman (German Edition)

Titel: Krampus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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Los, erschieß ihn einfach!
    Jesse machte eine kleine Bewegung mit den Fingern, jenen Fingern, die eigentlich verdreht und gebrochen sein sollten. Dillard spürte, wie Sandkörner sein Gesicht trafen. Seine Sicht verschwamm, und alles begann, sich um ihn zu drehen. Dann bewegte Jesse sich, und Dillard schoss. Er drückte zweimal ab, bevor er fiel und die Dunkelheit ihn verschluckte.

    ***

    Schmerz – bohrender, brennender Schmerz – riss Dillard aus dem Dunkel. Er schrie auf, öffnete die Augen und stellte fest, dass er auf dem Bauch im Wohnzimmer lag. Er versuchte, sich aufzusetzen, und begriff, dass man ihm die Beine zusammengebunden und die Hände mit Handschellen auf den Rücken gefesselt hatte. Einer seiner Finger pochte. Der Schmerz fühlte sich an, als hätte ihn gerade jemand gebrochen.
    »Das war für Abigail.«
    Dillard blinzelte ein paar Mal. Seine Sicht klärte sich, und er erkannte Jesse.
    Der Mistkerl saß auf einem der Esszimmerstühle und blickte aus kalten, harten Augen auf ihn herab. Ein großer schwarzer Sack aus Samt lehnte an seinem Bein, und der Plastikbeutel aus dem Bad lag vor seinen Füßen. Das Klebeband, das Messer und der Hammer waren herausgefallen und lagen auf dem Teppich verstreut. Jesse hatte eine Pistole auf Dillards Gesicht gerichtet.
    Er selbst hatte Jesse einmal eine Waffe in die Hand gedrückt und ihn aufgefordert, ihn abzuknallen, wenn er sich denn traute. Dem Mann, den er jetzt vor sich hatte, hätte er nie eine Waffe gegeben. Niemals.
    Der Knauf der Waffe fuhr auf Dillards Schädel nieder. Gleißender Schmerz durchzuckte seinen Kopf, und er kniff die Augen zu. Tränen liefen ihm über die Wangen, während der Schmerz in seinen Ohren trommelte.
    »Das ist für Linda.«
    »Ah!«, rief Dillard, als er sein eigenes Blut schmeckte.
    Jesse sprang auf, hob den schwarzen Sack auf und warf ihn Dillard vor die Füße.
    »Steck die Beine da rein«, befahl ihm Jesse völlig emotionslos, wie ein Henker, der seine Arbeit erledigte.
    Dillard starrte Jesse aus zusammengekniffenen Augen an. »Wieso? Das kapiere ich nicht.«
    »Du fährst jetzt zur Hölle. Du wirst ein bisschen Zeit mit den Toten verbringen.«
    »Jetzt mal ganz langsam. Lass uns doch …«
    »Hör zu, ich wiederhole mich nur dieses eine Mal. Steck die Beine in den Sack.«
    »Ich weiß ja nicht, was du dir vorstellst, aber …«
    Damit rammte er Dillard einen Stiefel in die Rippen.
    Der schrie. »Kacke! Na schön, in Ordnung. Wenn du unbedingt willst!«
    Mit Mühe hakte Dillard einen Fuß in die Öffnung. Die Waffe weiter auf Dillard gerichtet, griff Jesse den Sack, schlang ihm die Öffnung um die Beine und zog ihm den Stoff bis zur Hüfte hoch.
    Dillard erstarrte. Irgendwas war faul an der Sache. Er spürte Kälte, nicht wie von kalter Luft, sondern wie von einer eisigen Flüssigkeit, die ihm durch die Haut sickerte. Das Gefühl verursachte ihm Zahnschmerzen.
    »He, was ist das? Was geht da vor?« Er beschloss, auf keinen Fall weiter in diesen Sack zu kriechen. Lieber fing er sich eine Kugel ein. Verzweifelt wand er sich und strampelte mit den Beinen, fand jedoch nichts, woran er sich hätte abstoßen können. Es kam ihm vor, als schwebte er.
    Blitzschnell ließ Jesse die Waffe fallen, packte ihn am Kragen und riss ihm den Sack bis zu den Armen hoch. Dillard versuchte, sich wegzudrehen, sein ganzes Gewicht zum Einsatz zu bringen, vergebens. Mühelos schob Jesse ihn tiefer in den Sack, bis zum Hals, und dann … hielt er ihn einfach fest. Das Einzige, was ihn daran hinderte, ganz hineinzurutschen, war Jesses Hand an seinem Kragen.
    Dillard hörte Stimmen, ein Flüstern wie von Insekten, die über den Boden huschten, und ein Wehklagen. Die Laute kamen von ganz tief unten aus dem Sack. »Was ist das? Was sind das für Geräusche? Was zum Geier ist das?«
    »Das sind die Toten … Sie warten auf dich.«
    Die Augen drohten ihm aus den Höhlen zu treten. »Jesse, lass mich nicht los«, flehte er. »Um Himmels willen. Tu das nicht. Ich flehe dich an, Jesse. Bitte!«
    »Man kann achtundzwanzig Tage ohne Nahrung überleben, ehe man verhungert. Aber du bist ein zäher Kerl. Ich wette, dass du mindestens dreißig Tage durchhältst. Das macht dreißig Tage in der Hölle, ganze dreißig Tage, in denen die Toten dir ihr Lied vorsingen. Dann … na ja, dann wirst du dich ihrem Chor wohl anschließen.« Jesse ließ Dillards Kragen los und versetzte ihm einen letzten festen Stoß.
    Einen Moment lang herrschte Finsternis, während

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