Krampus: Roman (German Edition)
dich verraten, und zwar in ganz einfachen Worten – du bist ein Verlierer. Ein Verlierer, für den sich kein Mensch interessiert. Darum lebst du in diesem winzigen Rattenloch, darum fährst du immer noch die alte Rostlaube deines Vaters und vor allem: Darum ist Linda fertig mit dir. Ich könnte dir das so lange erzählen, bis mir die Luft wegbleibt. Aber das würde nichts bringen, weil in deinem Dickschädel einfach nichts hängenbleibt, wenn man es dir nicht einprügelt. Also zeige ich es dir. Ich beweise es dir auf eine Art, die sogar du verstehst.«
Dillard ging zurück zum Streifenwagen und zog seine Pistole aus dem Halfter. Jesse verkrampfte sich, davon überzeugt, dass der Polizeichef ihn hier auf seiner Auffahrt abknallen würde, aber Dillard entsicherte die Waffe lediglich und legte sie auf die Motorhaube. Er ließ sie liegen und ging an Jesse vorbei. Dann lehnte er sich ans Garagentor, nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette und blickte zu den Bäumen hoch, als würde er einfach nur einen schönen Tag genießen.
Jesse schaute zwischen der Waffe und Dillard hin und her – er kapierte nicht, was das sollte.
»Weißt du, was ich gleich tun werde? Hm?« Dillard lachte. »Ich sag’s dir. Sobald ich aufgeraucht habe, gehe ich in mein hübsches großes Haus, nehme deine hübsche Frau mit nach oben, und dann … tja, dann stecke ich ihr meinen großen, harten Schwanz in ihren süßen, kleinen Mund.«
»Wie?« Jesse schnappte nach Luft.
»Du hast richtig gehört. Ich lasse mir von ihr den Pimmel vollsabbern. Dabei klatsche ich ihr auf den Hintern und lasse sie kläffen und winseln. Wenn du mich davon abhalten willst, musst du nur die Waffe dort drüben nehmen und mich erschießen. So einfach ist das.«
Jesse starrte ihn aus zusammengekniffenen Augen an. Er hatte die Hände zu Fäusten geballt. »Was? Spinnst du? Fick dich!«
»Ist das alles, was du draufhast? Mein lieber Junge, ich werde gleich dort reingehen und deiner Frau meinen Besenstiel in den Rachen schieben. Ich werde ihr ins Gesicht abspritzen. Und dir fällt nichts weiter ein, als mich zu beschimpfen? Wenn ein anderer Mann das mit meiner Frau machen würde … wenn er mir das einfach so sagen würde … ich würde ihn abknallen. Scheiß auf die Folgen. So benimmt sich ein echter Mann.«
Jesse blickte auf die Waffe.
Dillard grinste. »Du wirst es nicht tun. Das weiß ich mit absoluter Sicherheit. Wenn ich eines kann, dann einem Mann ansehen, aus welchem Holz er geschnitzt ist. Nach dreißig Jahren bei der Truppe lernt man das einfach. Seit ich dich zum ersten Mal zu Gesicht bekommen habe, weiß ich, dass du ein Niemand bist. Kerle wie du zählen nicht. Du bist ein Verlierer. Und jetzt, Jesse … jetzt weißt du es auch.«
Jesse starrte erst Dillard und dann die Waffe finster an, immer abwechselnd. Das Herz pochte ihm wie wild in der Brust. Er trat einen Schritt vor und dann noch einen, bis er direkt neben der Pistole stand. Er musste sie nur nehmen und abdrücken. Dillard konnte ihn unmöglich aufhalten.
»Komm schon. Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit.« Das Schlimmste an der ganzen Aktion war Dillards selbstgefällige, entspannte Miene. Dieser Mann spielte nicht um sein Leben, sondern war sich seiner selbst absolut sicher.
Jesse atmete schneller, und seine Hand begann zu zittern. Tu es. Erschieß ihn. Aber er tat es nicht, und in diesem Moment erkannte er, was Dillard ihm hatte zeigen wollen. Ich bin ein Verlierer. Ich bin weder Manns genug, um mich selbst zu erschießen. Noch bin ich Manns genug, um den Kerl zu erschießen, der meine Frau fickt. Ich bin nicht einmal Manns genug, um irgendeinem bescheuerten DJ meine Musik zu schicken.
Jesse atmete tief aus, trat einen Schritt zurück und blieb stehen, den Blick noch immer auf die Waffe gerichtet.
Dillard schnippte seine Zigarettenkippe in den Schnee, ging zu dem Streifenwagen, nahm die Waffe von der Motorhaube und schob sie ins Halfter zurück. »Ob du es glaubst oder nicht, mein Junge, ich will hier nicht das Arschloch spielen. Ich will dir nur einen Gefallen tun, dir jahrelanges Leid ersparen. Man muss wissen, wer man ist. Jetzt, da du erkannt hast, was für ein Mann du wirklich bist, versuchst du vielleicht nicht mehr so verzweifelt, jemand anders zu sein. Geh nach Hause, Jesse. Geh in deinen dämlichen Anhänger und besauf dich … und dann tu uns allen einen Gefallen und verschwinde auf Nimmerwiedersehen.«
Jesse hörte Dillards Worte kaum. Er starrte bloß weiter auf die
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