Krampus: Roman (German Edition)
Autos. Allerlei ölverschmierte Elektro- und Luftdruckgeräte und verschiedene Werkzeuge lagen auf jeder verfügbaren Ablagefläche. Ein zerlegter fahrbarer Rasenmäher stand in einer Ecke neben einem dunkelgrünen Kühlschrank, dessen Tür von öligen Handabdrücken beinahe schwarz war. Sprühdosen und Materialien zur Tierpräparation standen aufgereiht auf mehreren Regalbrettern an der Rückwand. Darüber hingen mehr als ein Dutzend Tierköpfe, einschließlich eines Zwölfenders und eines einäugigen schwarzen Bären, der Gerüchten zufolge drei der Jagdhunde des Generals getötet hatte.
Niemand hob auch nur den Kopf. Mit dem Müllbeutel in der Hand stand Jesse da und trat nervös von einem Fuß auf den anderen, während der General unbeirrt an der Nockenwelle herumwerkelte. Schließlich blickte doch einer der Männer auf, ein großer, kräftiger Blonder, der einen ausgebleichten, ölverschmierten Overall trug Missmutig verzog er die Miene und legte seinen Schraubenschlüssel beiseite, ehe er sich die Hände an einem Lumpen abwischte und auf Jesse zukam.
Chet war der Neffe des Generals. Er war mit Jesse zur Schule gegangen, und früher hatten sie ab und zu zusammen rumgehangen. Inzwischen war Chet Jesses Kontaktmann – Jesse hatte noch nie direkt mit dem General gesprochen. So handhabte dieser seit jeher unbedeutende Angelegenheiten, und Jesse war seit langem klar, dass er eine davon war.
Chet kratzte sich den dicken, geraden Schnurrbart. »Na, so was, wir haben gerade über dich geredet.«
Jesse kniff die Augen zusammen und überlegte, wie er das wohl zu verstehen hatte.
»Nett, dass du vorbeischaust.« Chet trug ein breites Lächeln zur Schau – Jesses Großmutter hätte es als Krokodilslächeln bezeichnet. »Das erspart mir die Mühe, dich zu suchen.«
»Hier bin ich.«
»Ich hoffe, du hast heute Abend noch nichts vor. Falls doch, musst du es nämlich absagen.«
Jesses Kiefermuskeln spannten sich an.
»Ich hab einen Job für dich. Eine kurze Fahrt … nur bis Charleston.«
»Das geht nicht.«
Chet hob eine Braue. »Das geht nicht?«
»Nein. Damit bin ich fertig.«
Sein Gegenüber schob sich die Schirmmütze aus dem Gesicht. »Mir gefällt dein Ton nicht. Einige Leute hier zählen auf dich.«
»Ich habe die Branche gewechselt.«
»Ach ja? Und in welcher bist du jetzt?«
Jesse stellte den Müllbeutel ab.
»Was ist das?«
»Etwas, das mir der Weihnachtsmann gebracht hat.«
Chet beäugte ihn. »Ich habe keine Zeit für deinen Blödsinn.«
»Ich möchte dem General ein Geschäft vorschlagen.«
»Schieß los.«
»Du bist nicht der General.«
Der andere kniff die Augen zusammen. »Wenn du etwas zu sagen hast, sag es lieber mir.«
»Ich will den General sprechen.«
Chet packte Jesse am Jackenkragen und riss ihn hoch, bis er auf den Zehenspitzen stand.
»Chet«, rief eine tiefe Stimme, »warte mal.«
»Pass bloß auf, Junge«, knurrte Chet und versetzte Jesse einen Stoß.
Der General kam näher, gefolgt von den anderen drei Männern, die alle zum Boggs-Clan gehörten – Neffen, Vettern und dergleichen. Sie bedachten Jesse mit abschätzigen Blicken.
Der General war ausstaffiert wie immer, wenn Jesse ihn sah: Auf der Glatze trug er einen Cowboyhut aus Wildleder, dazu eine Fransenjacke wie von einem Pionier aus dem achtzehnten Jahrhundert und Krokodillederstiefel. Sein wettergegerbtes Gesicht zierte ein ungepflegter, angegrauter Bart. Jesse vermutete, dass der Mann inzwischen an die sechzig war, trotzdem sah er immer noch aus, als könnte er mit jedem Angreifer fertig werden. In Wahrheit hieß er Sampson Ulysses Boggs. Seine Eltern hatten ihm einen großen Namen gegeben, in der Hoffnung, er möge hineinwachsen, aber da der General einen Kopf kleiner war als die meisten Männer, versuchte er anscheinend, seine mangelnde Körpergröße auf andere Weise zu kompensieren. Den Ruf, den der Boggs-Clan sich bei seinen Schmuggelfahrten zu Zeiten der Prohibition aufgebaut hatte, hatte er genutzt, um sich mittels Einschüchterung in alle profitablen illegalen Aktivitäten in und um Boone County hineinzudrängen.
»Dann schieß mal los, mein Junge«, sagte der General.
»Also«, sagte Jesse, »ich hätte da was, woran Sie interessiert sein könnten.«
»Ach ja?«
»Allerdings.« Jesse öffnete den Müllbeutel, sodass alle die originalverpackten Spielkonsolen sehen konnten.
»Ich brauche keine Videospiele«, sagte der General.
»Ich habe einen ganzen Lieferwagen voll, und ich kann mehr
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