Krank für zwei
warum Köster ein solches Interesse an diesem Medizinerbunker hat.«
»Und ich bin sicher, du verrätst es mir auch.« Alexas flapsige Bemerkungen zeigten, daß sie den Ernst der Lage noch nicht voll erkannt hatte.
»Das Grundstück, das für den Bau in Frage kommt, ist im Besitz von Frau Köster, der Frau des Verwaltungschefs.«
»Nein!«
»Tatsache. Meinem Bettnachbar hat das Stück vorher gehört. Vor einem dreiviertel Jahr hat er dreitausend Quadratmeter direkt gegenüber dem Schwestern Wohnheim verkauft. An Marianne Köster. Hat er mir gerade erzählt.«
»Das gibt’s nicht.«
»Köster hat das Grundstück natürlich nur aus einem einzigen Grund erworben – nämlich, um es später gewinnbringend zu vermarkten.«
»Und Peuler stand ihm im Weg.«
»So ist es«, wieder warf ich unruhig einen Blick zur Tür, »nur eins versteh’ ich nicht.«
»Was denn?« Alexa flüsterte inzwischen auch, ganz so, als müßte sie auch in unserer Wohnung auf der Hut sein.
»Warum hat Köster nicht einfach abgewartet, bis Peuler im Ruhestand war? Das war doch absehbar. Peuler wollte nur noch bis nächstes Jahr machen. Da mußte man ihn doch vorher nicht extra um die Ecke bringen.«
»Stimmt.«
Wir schwiegen eine Weile. Dann hörte ich die Tür.
»Ich muß dann Schluß machen, Schatz«, meine Stimme war jetzt wieder ganz normal. »Vielleicht erzählst du Max einfach von den Neuigkeiten. Er wird sich sicher freuen.«
Aus den Augenwinkeln beobachtete ich, wie Herr Peters zum Bett schlurfte.
»Mach’ ich und schlaf schön, Vincent.«
»Ich werd’ mir Mühe geben, auch ohne Narkose.«
Als ich aufgelegt hatte, wußte ich, daß ich jetzt alles konnte – nur nicht einschlafen.
24
Nur mal eben gucken, hatte sich Alexa gesagt. Nichts weiter, nur mal eben gucken, wie die leben, diese Kösters. Das Problem war allerdings, daß sie sich die Hausnummer nicht gemerkt hatte. 9 oder 19, das war jetzt die Frage. Nummer 9 war ein ziemlich schicker Neubau. Das könnte es sein, ganz klar. Ob sie mal eben einen Blick aufs Türschild werfen sollte? Unauffällig natürlich. Soweit man als Hochschwangere überhaupt unauffällig auftreten konnte. Wie ein Rhinozeros huschte sie die Steinstufen zum Hauseingang hinauf. Das Schild war verdammt klein. Sie mußte ziemlich nah heran.
Es passierte, als sie gerade mit der Nase vor dem Messingschild klebte, um den Namen zu identifizieren.
»Genau richtig«, trällerte eine Stimme. Die Haustür war aufgerissen worden.
»Sie müssen Frau Männlein sein!«
Die gut gelaunte Mittvierzigerin strahlte Alexa an und zog sie in den Hausflur hinein.
»Nicht so schüchtern. Uns war das auch peinlich beim ersten Mal.«
»Beim ersten Mal?«
»Sie sind ja –?« Die Frau mit blonder Lockenmähne kicherte in sich hinein.
»Schwanger«, stellte Alexa trocken fest.
»Wir wußten ja schon, daß ein Überraschungsgast kommen würde, aber daran hatten wir nun wirklich nicht gedacht. Die anderen werden begeistert sein«, Alexas Gastgeberin schmiß vor Übermut den Kopf nach hinten und steuerte mit Alexa an der Hand auf die Wohnzimmertür zu.
»Ich weiß gar nicht, ob ich da jetzt rein will«, stotterte Alexa. »Wissen Sie, ich wollte eigentlich nur –«
Jetzt nur nicht den Mut verlieren, die vermeintliche Frau Köster drückte fester ihre Hand. »Es passiert ja nichts Unanständiges. Wir haben alle eine Menge Spaß. Und kaufen müssen Sie auch nicht, wenn Sie nicht möchten.«
In Alexas Gehirn ratterte es. Eine Tupperparty? War sie die Überraschung, die aus der Salatschüssel hätte springen sollen? Die Empfangsdame öffnete die Tür und führte Alexa in eine johlende Frauenmenge hinein. Wenn so mittlerweile Tupperparties abgingen, hatten die Plastikschüsseln ja tatsächlich einen satten Aufstieg erlebt. Allerdings standen gar keine Pötte auf dem Tisch. Dafür allerdings mehr oder weniger die Frauen. Kein Wunder. Der Sekt schien in Mengen zu fließen, so daß die Horde neureicher Dauerwellen ausgelassen feierte.
»Das ist Frau Männlein«, versuchte die Gastgeberin sich Gehör zu verschaffen. »Sie wird heute als Gast dabei sein. Zum ersten Mal.« Pfiffe waren zu hören, Fußgetrappel, gleich würde eine La-Ola-Welle einsetzen.
»Wenn mich nicht alles täuscht, kann’s dann jetzt losgehen, Schwestern.«
Wieder Begeisterungsstürme. Alexa wurde in ein Ledersofa gesetzt. Sie kam sich vor wie im Traum. Ein fremdes Wohnzimmer, zwölf aufgestylte Damen der Oberklasse in Partylaune und die Tatsache,
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