Krank für zwei
daß man sie allgemein für Frau Männlein und die Überraschung des Abends hielt. Das einzige, was ihr wirklich sympathisch war, waren die Schokoplätzchen auf dem Tisch.
»Wenn ich um etwas Ruhe bitten dürfte«, die Frau, die Alexa für Frau Köster hielt, winkte beschwichtigend mit den Händen. »Wie ihr alle wißt, hat sich Frau Bittner bereit erklärt, die Kollektion selbstständig zu präsentieren. Dafür bitte ich um eure ungeteilte Aufmerksamkeit.«
Ein paar Damen giggelten noch, ansonsten kehrte endlich Ruhe ein. Dann öffnete sich eine Verbindungstür und eine Frau kam herein. Eine Frau, die ziemlich wenig anhatte: Einen Slip in Grün und dazu ein passendes Negligé. Alexa blieb die Spucke weg. War sie hier auf einem Stripabend gelandet? Warum allerdings stolzierte dann gerade eine Frau herein?
»Guten Abend, liebe Abräumerinnen.«
Abräumerinnen? Was ging denn hier ab?
»Heute wollen Sie einmal nicht die Kegelbahn unsicher machen, sondern etwas anderes – Ihre Männer.« Die Damen kreischten. Auf so eine Eröffnung hatten sie nur gewartet. Jedenfalls wußte Alexa jetzt, was die Abräumerinnen waren – ein Kegelclub.
»Ihr Mann weiß, wie Sie aussehen. Er kennt seit Jahren Ihr Gesicht, Ihren Lieblingsblazer und die Schuhe, die Sie bevorzugen. Wenn Sie ihn also wirklich überraschen wollen, dann müssen Sie sich etwas einfallen lassen.« Die Frauen johlten. Das gehörte offensichtlich zum Programm.
»Was ich hier trage, das ist die Kollektion Smaragd. Ein Farbton, der Ihrem Mann die Sinne betören wird, und eine Qualität, die Ihre Haut liebkost!« Die Dessoustante versuchte sich ein wenig in Mannequinbewegungen. Allerdings handelte es sich mehr um die westfälische Variante. So wurde das Material einem unfreiwilligen Zerreißtest unterzogen.
»Dasselbe Modell gibt es auch in den Farben bordeauxrot, champagner und nachtschwarz. Ein Muß für jede verführungswillige Frau«. Die Dame bewegte sich wieder etwas ungelenk. »Und gleich kommt noch ein Brüller. Eine mörderische Kombination im Tigerlook.« Die Frauen jauchzten, die Meisterin der scharfen Unterhosen verschwand fürs erste nach draußen.
»Nicht schlecht für den Anfang«, sagte eine Frau mit schwarz gefärbtem Pagenschnitt. »Nun bin ich mal gespannt auf den mörderischen Tigerbrüller.«
»Apropos mörderisch«, jetzt schaltete sich eine Braunhaarige mit roter Designerbrille ein. Sie wandte sich direkt an die Hausherrin. »Sigrid, was ist denn eigentlich bei Günter im Krankenhaus los? Ein Chefarzt ist ermordet worden?«
Die anderen waren plötzlich furchtbar interessiert.
»Das habe ich auch gehört. Ist ja furchtbar. Hat Günter den Mann persönlich gekannt?«
Die Gastgeberin nickte. »Natürlich. Dieser Peuler war Ärztlicher Direktor. Wie ich gehört habe, hat Günter andauernd mit ihm zu tun gehabt.«
»Wie furchtbar!«
»Schrecklich!« Die Damen waren ganz aus dem Häuschen.
»Günter ist natürlich sehr betroffen. Deshalb hatte Karin auch keine Lust, heute zur Dessousparty zu kommen.«
»Kann man ja verstehen.«
»Wenn mir so was passieren würde –«
»Ist Günter denn zu Hause?«
»Nein, nein, Karin sagt, er ist noch im Krankenhaus. Natürlich geht dort alles drunter und drüber. Die Polizei stellt das ganze Haus auf den Kopf. Und stellt euch vor, Karin sagt, sie haben sogar Günter gefragt, wo er zur Tatzeit war.«
»Nein!« Pures Entsetzen. »Wie kann man nur denken –«
»Günter, euer Nachbar!«
»Aber Günter ist ja morgens früh immer im Fitness-Studio«, beruhigte Sigrid die Menge, »ab sieben Uhr war er dort und hat die Hanteln gestemmt. Dafür gibt es etliche Zeugen, sagt Karin.«
»Na, Gott sei Dank. Sonst müßte er womöglich noch ins Gefängnis.«
»Dann hätte Karin sich die Höschen auf der letzten Party womöglich umsonst gekauft.« Allgemeines Gelächter. Alexa atmete tief durch. Das war geklärt! Zwar saß sie im falschen Haus, hatte keine Ahnung, wie ihre Gastgeber hießen, und trug eine Unterhose, die mehr mit einem Müllbeutel zu tun hatte als mit einem Tigerstring, aber immerhin. Sie wußte, daß Köster ein Alibi hatte. Baugrundstück hin oder her.
In diesem Moment kam die Dessoustante wieder herein. Gegen diese Kombination war der Froschlook geradezu prüde gewesen. Die Frauen kreischten. Alexa nutzte die Gelegenheit und stand auf. Nur eine Dame blickte ihr nach. Alexa winkte ihr freundlich zu und war mit fünf Schritten aus der Haustür hinaus.
Auf den Stufen zum Haus kam ihr ein
Weitere Kostenlose Bücher